Findet ihr es unhöflich, jemanden nach seiner Behinderung zu fragen?
Ich persönlich empfinde das so. Ich kenne einige, die behindert sind. Also z.B. habe ich eine Lehrerin, die auf einem Auge blind ist und wollte schon immer wissen, wie das kam. Aber gefragt habe ich sie und werde das vermutlich auch nie.
Wer weiß was man da für alte Wunden aufreißt. Möchte ja auch niemanden in Verlegenheit bringen. Eventuell ist das auch angeboren, aber das kann man ja nicht wissen, deshalb halte ich mich da zurück.
Was haltet ihr davon? Auch gerne aus Sicht von einem Behinderten selbst. Also z.B. eben blind, im Rollstuhl sitzend usw.
Ich fand es auch sehr interessant, als ein Autist aus meiner Klasse erzählte, wie es ist mit einer Zwangsstörung zu leben, weil die Frage gerade aufkam und er so etwas ja selbst hatte. Das wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht und war allerdings auch nicht überrascht. Denn das erklärte die ganzen Sonderrechte, die er hatte. Ich dachte immer, dass läge an seinem Autismus und habe deshalb alles locker hingenommen. Aber das mit der Zwangsstörung hat mich echt berührt.
Ich weiß nicht, warum Leute mit solchen Geschichten nicht reden. Ist euch die Aufmerksamkeit etwa unangenehm? Denn ich finde solche Geschichten super berührend und interessant und es hilft, euch besser zu verstehen, egal welches Problem ihr auch habt.
Ich finde es ist ein ungeschriebenes Gesetz, Leute mit Behinderung nicht danach fragen zu dürfen. Das finde ich irgendwie schade aber auch nachvollziehbar, wenn es denjenigen unangenehm ist.
Denn es gibt durchaus Leute, die Behinderte eben einfach als gestörte Menschen ansehen. Das ist echt mies. Aber ich denke ein Großteil ist da anderer Meinung.
Denn Menschen sind verschieden und deshalb ist eine „GLEICHberechtigung“ auch irgendwie niemals richtig möglich, denn ist es Gleichberechtigung, wenn es heißt:
Lehrer: Die Aufgabe ist für alle gleich: Klettert auf den Baum.
Die Schüler sind: Affe, Fisch, Elefant, Maus, Katze, Hund
Was macht der Fisch, der nicht mal aus dem Wasser kann??
Wie seht ihr das??
LG :)
15 Antworten
Zunächst einmal sollte man zwischen einer "Störung" und einer körperlichen Behinderung unterscheiden.
Dann würde ich sagen, kommt es sehr auf die jeweilige Person an. Manche finden es sicher absolut okay, wenn man sie fragt (gerade auch bei Deiner Lehrerin kann ich mir das vorstellen und sie finden das Interesse auch gut und klären gerne über die Probleme auf, die durch ihre Handicaps entstehen) - andere mögen es evtl. nicht. Das kann man aber kaum wissen. Da könnte man dann höflich nachfragen und wenn eine ablehnende Antwort kommt sich mit einer höflichen Entschuldigung wieder zurückziehen.
Ich habe ja auch gesagt, das kommt auf die Person an - es gibt solche und solche. Wenn man jemanden schon etwas kennt, kann man es evtl. einschätzen, ob eine Nachfrage okay ist oder nicht...das kann man nicht grundsätzlich beantworten...
Hallo,
also ich finde es kommt immer darauf an wie man Fragt und in welchem Kontext. Ich selbst habe eine Panikstörung und finde es überhaupt nicht unhöflich wenn mich Menschen danach fragen. Im Gegenteil ich freue mich über das Interesse und erzähle gerne wie es mir damit geht usw. Ich kann es aber auch verstehen wenn Menschen genau das nicht möchten.
Ich finde ein Interesse an einer Person und deren Geschichte nicht schlimm.
Das stimmt, die frage wie man fragt ist für mich persönlich schon geklärt. Denn, dass man nicht mal nebenbei fragt - ach, wie (mit dem Beispiel meiner Lehrerin) ist das eigentlich mit ihrem Auge - ist für mich ganz eindeutig.
Das Interesse an Personen und deren Geschichten finde ich auch nicht schlimm, nur kann man als Außenstehender immer schlecht wissen, welche Frage gut ankommt - in Bezug auf deren Geschichte - und welche alte Wunden aufreißen. Das möchte man lieber vermeiden, kann es aber auch nicht, wenn man nicht weiß wie man es verhindern kann. Deshalb ist Schweigen manchmal besser.
Fragen sollte grundsätzlich immer erlaubt sein. Aber wir sollten auch akzeptieren, wenn jemand nicht antworten will.
Jup, ich denke auch fragen ist ok, aber ob eine Antwort kommt ist denen überlassen, da will ich mich nicht aufdrängen. Frage ist nur, ob alleine die Frage schon traumatische Erinnerungen wach ruft und schmerzt. Das kann man vorher nie wissen.
Fremde, besonders distanzierte Fremde, braucht man ja auch nicht zu befragen, weil man deren Reaktion schlecht einschätzen kann.
Auch wieder wahr, ich würde vermutlich auch niemanden auf der Straße zur Seite nehmen und mit Fragen beschießen, diese Person sehe ich vermutlich auch nie wieder. Von daher kann es mir ja egal sein.
Mir war es immer wichtig, meinen Mitmenschen nicht den Eindruck zu geben, als seien sie anders als der Rest der Welt. Deshalb habe ich es als unhöflich empfunden, Leute explizit zu fragen, wie sie ein Auge verloren haben oder so. Vielleicht will man nicht darüber reden, vielleicht nervt es die Person aber auch, unzählige Male die gleiche Frage zu beantworten.
Am Ende war es aber auch nicht wirklich wichtig für mich. Man hat das eben so gesehen, hingenommen und gut ist. Ich wüsste auch nicht, weshalb das so interessant sein sollte.
Ja, stimmt. Ich möchte diesen Eindruck auch nicht vermitteln und dennoch interessiert mich deren Geschichten. Frage sie aber auch nicht danach, um ihnen nicht „respektlos“ vorzukommen.
Wichtig ist, dass man nicht Fremde fragt. Wenn man nette Bekannte fragt, ist es etwas Anderes.
In Deinem Beispiel wäre das ja gerade keine Gleichberechtigung. Gleichberechtigung wäre, wenn sich nicht alle an einem (in dem Fall wohl Affe) messen müssten, sondern jeder das machen darf, was er kann. Meinetwegen: erreicht ein bestimmtes Ziel, egal wie (mit Rücksicht drauf, dass der Fisch im Wasser bleiben muss).
Eine Störung ist noch keine Behinderung, aber wenn man mit jemandem regelmäßig zu tun hat, und einem was auffällt, kann man doch mal nachfragen. Ich (auf einem Auge fast blind, merkt aber eigentlich keiner), fände es normal, drüber zu reden, wenn ich irgendwas auffälliges mache. Und ich selber habe durchaus schon mal einen Rollstuhlfahrer gefragt, ob ich ihm helfen kann. wäre der in meiner Klasse, käme ich sicher mal ins Gespräch, warum der im Rolli sitzt.
Stimmt, das ist ja das absurde. Leider gibt es Leute, die denken: „Gleiche Aufgabe für alle, wo ist das Problem? Ist doch Gleichberechtigung! Niemand bekommt andere Aufgaben, das ist fair.“
Verstehen tuen die aber nicht, dass es Leute gibt, die - selbst, wenn sie sich noch so sehr anstrengen - es nicht schaffen auf den Baum zu klettern, eben weil sie an Land (wie der Fisch) nicht atmen können. Da kann man es noch so schön reden, es funktioniert eben einfach nicht. Wenn der Lehrer sagt: „Komm aus dem Rollstuhl du faule Socke, ich weiß du kannst laufen, du musst es dir nur zutrauen!!“ Dann fühlt man sich doch verarscht, oder?
Ich fühle mich jedes mal aufs neue verarscht, wenn ich für meinen Nachteilsausgleich in Mathe kämpfen muss. Denn ich habe eine Mathestörung und damit eine Behinderung, ich habe später ein Recht auf Alltagshilfe, die mir am Supermarkt beispielsweise an der Kasse hilft, dass ich nicht über den Tisch gezogen werde. Denn die Grundrechenarten fallen mir so schwer, dass mir nicht gleich einfällt, was 5x5 ist. Ich brauche dafür 5 sec. andere 1 sec. Unter Zeitdruck und Lärm um mich herum kann ich das gar nicht und schalte ab. Das kann man auch nicht fördern und verbessern, im Gegenteil es verschlechtert sich sogar mit „Förderung“.
Deshalb hasse ich es in unnötige Förderkurse gesteckt zu werden! Das ist kontraproduktiv und die Lehrer halten das für hilfreich! Da fühlt man sich echt nicht ernst genommen! Wenn man es nicht kann, kann man es eben nicht! Es funktioniert nicht, scheinbar wurde mir die Gehirnzelle für schnelles rechnen und Zahlen merken nicht gegeben, die kann man nicht ersetzen!
Du kannst einem Fisch auch keine Lunge geben, er hat Kiemen, denn er ist fürs Wasser gemacht und nicht für das Leben an Land.
Entschuldige, dass ich hier so weit ausholen musste. 😅
Tja, aber vielleicht ist die Nachfrage schon ein Flashback für die Person und schon problematisch?