Fahrkartenkontrolle: Personalausweis verlangen bei Onlineticket rechtens?

11 Antworten

Von Experte PissedOfGengar bestätigt

Die AGB sehen bei personalisierten Tickets vor, dass die Tickets nur in Verbindung mit einem gültigen Lichtbildausweis gültig sind. Du musst also einen gültigen Lichtbildausweis bei der Fahrscheinkontrolle vorweisen. Den AGB hast du beim Ticketkauf zugestimmt und die Verkehrsbetriebe haben auch einen guten Grund, die Vorlage eines Lichtbildausweises zu verlangen. Denn Online-Tickets sind immer personalisiert. Wären sie das nicht, könnte man die Tickets problemlos per Whatsapp o.ä. herumschicken und 10 Personen könnten gleichzeitig mit demselben Online-Ticket fahren. Das geht bei Papier-Tickets nicht - da braucht man ja immer das physische Ticket, um sich auszuweisen. Das kann man natürlich auch dem Nächstbesten an der Endhaltestelle in die Hand drücken, wenn es noch gültig ist (z.B. Tagesticket), aber das Missbrauchsrisiko ist um ein Vielfaches geringer. Um nun überprüfen zu können, ob das (aus gutem Grund) personalisierte Ticket auch von der berechtigten Person benutzt wird, braucht es einen gültigen Lichtbildausweis. Denn nur dann kann man prüfen, ob derjenige, auf dessen Namen das Ticket ausgestellt wurde, auch tatsächlich derjenige ist, der gerade vor dem Kontrolleur sitzt.

Also alles in Ordnung, alles rechtens und leider kein Grund sich querzustellen. Wenn du deinen Lichtbildausweis nicht dabei hast, ist das übrigens kein "Schwarzfahren". Du kannst Ticket und Lichtbildausweis nachträglich vorlegen und damit nachweisen, dass du tatsächlich berechtigt warst, die Beförderungsleistung in Anspruch zu nehmen. Die dabei in der Regel anfallende "Bearbeitungsgebühr" (meist etwa 6-8 €) ist ok, weil du ja gegen die vertragliche Pflicht verstoßen hast, einen gültigen Lichtbildausweis mit dir zu führen.

Aber wie ermitteln die Verkehrsbetriebe denn, wer die Beförderungsleistung tatsächlich in Anspruch genommen hat? Wenn du keinen gültigen Lichtbildausweis bei dir hast, kann selbstverständlich auch der Kontrolleur nicht prüfen, wer du bist. In der Regel musst du dann eine freiwillige Selbstauskunft abgeben. Da kannst du theoretisch alles hinschreiben, solange du nicht "Micky Maus" schreibst - der Kontrolleur kann es ja schlecht prüfen. Solltest du das verweigern oder unkooperativ sein, ist der Kontrolleur berechtigt, dich bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten, wenn du flitzen willst (du stehst ja im Verdacht, eine Straftat begangen zu haben). Dieser gegenüber musst du dich ausweisen. Wenn du das nicht kannst (hast ja keinen Ausweis dabei), wird eine Identitätsfeststellung durchgeführt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Examinierter Jurist
MacMadB  09.10.2020, 09:33

Vielen Dank für Deine gute und ausführliche Antwort. Jetzt brauche ich eigentlich nichts mehr schreiben … und doch möchte ich für den Fragesteller nir089 zwei, drei Punkte anfügen:

  • Tickets vom Fahrkartenautomat oder vom Schalter (wo es noch einen gibt) tragen "Sicherheitsmerkmale", um sich nicht leicht imitieren zu können (wir wollen ja nicht gleich eine Fälschung machen, oder?). Darüber sind sie in gewissen Rahmen abgesichert.
  • Auf das Erscheinen der Polizei zu bestehen, wie Wikifreak ausgeführt hat, kann mensch zwar machen und sich damit gegen die AGB stellen, aber das finden die Streifen nicht so lustig. Die würden dann noch einmal "genauer" hinschauen.
  • Einige Kontrolleure führen Terminals zum Überprüfen einer Selbstauskunft mit, hier etwas bewußt falsch anzugeben, kann dann zu einem längeren Besuch bei der Polizei führen.
  • Auch "Hardware"-Tickets weiterzugeben ist illegal. Die Bahn ist da ganz witzig und stellt an potentiellen "Tauschbörsen" unerkannt eigene Leute auf. Einer solchen Person das Ticket anzubieten, ist ein "Hauptgewinn" …
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thesunrider  13.08.2021, 16:55
@MacMadB
Auch "Hardware"-Tickets weiterzugeben ist illegal. Die Bahn ist da ganz witzig und stellt an potentiellen "Tauschbörsen" unerkannt eigene Leute auf. Einer solchen Person das Ticket anzubieten, ist ein "Hauptgewinn" …

Wenn der Fahrschein allerdings nicht durch einen Kontrolleur im Zug abgestempelt wurde, ist er nach wie vor gültig. Wer mit dem Auto in der Stadt parkt, kann auch Parktickets oder Parkuhren vom Vorbesitzer weiter verwenden, solange noch gültige Parkzeit vorhanden ist. Das ist auch nichts anderes als die Weitergabe eines Fahrscheins.

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nir089 
Fragesteller
 18.10.2020, 20:55

@wikifreak @pissedofgengar @macmadb

Vielen Dank für eure Mühe, das nenne ich mal eine hilfreiche Antwort! Ihr habt mir wirklich sehr weitergeholfen.

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AGB: Ausweis muss vorgezeigt werden, sonst Ticket ungültig. Es liegt an Dir, ob Du gleich die 60 EUR zahlst oder von der Polizei dazu gezwungen werden möchtest.

nir089 
Fragesteller
 08.10.2020, 15:38

Vielen Dank für deine Antwort. Das dies in den AGB steht, weiß ich sehr wohl. Nur ist ja bekanntlich nicht alles was in den AGB steht auch immer rechtens. Und es wird sich vermutlich auch nicht jeder die AGBs durchlesen, bevor man ein Bahnticket kauft. Und ich meine ich habe im Zweifel das Ticket ja gekauft, und könnte im Zweifel zu späterem Zeitpunkt immer noch nachweisen, dass ich der berechtigte Eigentümer des Tickets bin.

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RobertWeemeyer  08.10.2020, 15:45
@nir089

Wie willst du im Nachhinein nachweisen, dass die Person im Zug du gewesen bist, wenn die Person im Zug sich nicht ausweisen konnte?

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DerCaveman  08.10.2020, 15:47
@nir089
... könnte im Zweifel zu späterem Zeitpunkt immer noch nachweisen, dass ich der berechtigte Eigentümer des Tickets bin

Darauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, ob du bei der Fahrt im Besitz eines gueltigen Tickets warst. Wenn dein Ticket aber nur in Verbindung mit einem gueltigen Personalausweis gueltig ist und du bei der Kontrolle keinen vorweisen konntest, warst du eben ohne gueltiges Ticket unterwegs, musst die dafuer mittels ABB vereinbarte Vertragsstrafe bezahlen und setzt dich zudem einer moeglichen Strafverfolgung wegen Schwarzfahrens aus.

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PrimeDirective  08.10.2020, 15:49
@nir089

Wer die AGB nicht liest und die Aussagen der Zugbegleiter nicht für bare Münze nimmt, ist selbst Schuld. Alle sind verpflichtet die Regeln einzuhalten und wenn Du das nicht möchtest, dann kauf Dir ein Auto und fahre damit herum. Aber auch da gilt: ohne FS erwischt, Strafe. Was soll dieses Herumstampfen wie ein Kleinkind? Regeln gelten für alle und wenn auf Deinem Ticket es so drauf steht, dann hast Du Dich an die Regeln zu halten. Es sei denn Du willst betrügen und es sind mehrere Personen mit demselben Ticket unterwegs? Naaaa, was war denn wohl gewesen?

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nir089 
Fragesteller
 08.10.2020, 16:53
@PrimeDirective

@primedirective Niemand liest vor Fahrtantritt die AGB und davon sich beim Zugbegleiter zu erkunden, war überhaupt gar keine Rede, zumal dies ja auch keine Juristen sind und im Zweifel auch die Konzerninteressen vertreten. Die Regeln sind das Gesetz, und es wäre ja nicht das erste Mal, das AGBs auch schlicht und einfach unwirksam sind. Ich wollte hier schlicht und einfach eine juristische Bewertung einer Situation, die mein Rechtswissen übersteigt, und das völlig ohne Hintergedanken, ob du das glauben magst oder nicht.

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schleudermaxe  08.10.2020, 18:12
@nir089

Niemand liest? Richtig, Niemand fährt aber auch mit einem gültigen Fahrschein.

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thesunrider  13.08.2021, 17:03
@DerCaveman
Wenn dein Ticket aber nur in Verbindung mit einem gueltigen Personalausweis gueltig ist

Genau das wird aber nicht verlangt und kann die Bahn auch nicht verlangen. Denn der Besitz und das Mitführen eines Personalausweises ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Deshalb sprichti die Bahn in ihren AGB auch von ,,Lichtbildausweis" und nicht von Personalausweis. Lichtbildausweis kann auch ein Führerschein, ein Studentenausweis, der Reisepass oder ähnliches sein.

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Wenn in den AGB der Onlinetickets steht, dass das Ticket nur mit Lichtbildausweis gültig ist, dann ist das rechtens.

Man weiß ja bei der Buchung, dass es sich um eine personalisierte Fahrkarte handelt und dass man seine Identität im Zweifel eben beweisen muss.

Anders wäre es, wenn die Mitarbeiter am Bahnhof die Personalausweise sehen wollten, nur um mal zu sehen "wer so da ist".

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ÖPNV-Nutzer und viel mit dem Thema beschäftigt
nir089 
Fragesteller
 08.10.2020, 15:42

Vielen Dank für deine schnelle Antwort. Nur besteht ja in den wenigsten Fällen wirklich ein gerechtfertigter Zweifel an der Identität, sondern oft wird der Ausweis ja standardmäßig verlangt.

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xyz911  08.10.2020, 15:47
@nir089

Wird eben insofern gemacht, als dass sich so eine Doppelnutzung verhindern lässt. Ansonsten könnte man die PDF mit dem Online-Ticket ja etliche Male ausdrucken und so zig Leute für den Preis einer einzelnen Person transportieren könnte. Ebenso verhält es sich bei Personalausweiskontrollen bei BahnCards.

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PrimeDirective  08.10.2020, 15:50
@nir089

Wenn es so drauf steht, dann ist das eben so: wie soll denn ein Zugbegleiter "keine Zweifel" haben? Muss er die Fahrgäste alle persönlich kennen?

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nir089 
Fragesteller
 08.10.2020, 15:54

Okay, danke, dass man die als PDF ausdrucken kann, war mir neu, ich kannte nur die Tickets in der DB App. Außerdem ging ich davon aus, dass das dem schlauen Scanner, den die Kundenbetreuer in der Bahn haben, das auffällt, wenn ein und das selbe Ticket zum zweiten Mal gescannt wird.

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xyz911  08.10.2020, 15:57
@nir089

Auch die Handytickets über die App DB Navigator lassen sich mehrfach eingeben. Mehrfache Fahrkartenprüfung ist ja auch kein Problem, denn man kann in den regionalen Verkehrsverbünden ja auch Tageskarten und co kaufen, da kommt es nunmal vor dass eine Fahrkarte mehrfach geprüft wird.

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Und, was steht auf dem Ticket? Gültig mit .... Polizei?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
nir089 
Fragesteller
 08.10.2020, 17:15

Vielen Dank für diesen Beitrag, dies hat mich mit meiner Frage sehr viel weiter gebracht.

Wenn du meine Frage für unsinnig, unnötig oder nicht gerechtfertigt hältst, steht es dir frei, nicht darauf zu antworten. Wenn du aber antworten möchtest, wäre ich dankbar, wenn ich auf eine seriöse und ernst gemeinte Frage mehr als einen dummen Spruch bekomme.

Zumal es auch heißt, ich muss mein Ticket 2 Minuten vor Fahrtantritt kaufen und der Timer nach dem Kauf beginnt hoch zu zählen. Das ändert trotzdem nichts daran, dass diese 2-Minuten-Regel (zumindest nach meinem Kenntnisstand) mindestens rechtlich umstritten ist.

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schleudermaxe  08.10.2020, 18:10
@nir089

Das freut mich, ist doch der Sinn einer Antwort, jemanden weiter, hier sogar sehr viel weiter, zu bringen.

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