Erklärung Zitat- Freiheit?
Ich soll das Zitat " Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des anderen beginnt" erklären. Ich verstehe ja an sich das Zitat weiß nur nicht wie ich es erklären soll.
Schon mal Danke
2 Antworten
Der Spruch: "Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt" ist nicht direkt anwendbar. Niemand kann so verreisen, dass er dadurch die Anderen daran hindert, ebenfalls zu verreisen. Die Bewegungsfreiheit des Einen kann die Bewegungsfreiheit des Anderen (in der Praxis) nicht verhindern. Niemand kann so Rad fahren, dass er dadurch einen Anderen am Radfahren hindert. Niemand kann seine Meinung so kundtun, dass er dadurch den Mund des Anderen verbietet. Die Meinungsfreiheit des Einen kann die Meinungsfreiheit des Anderen nicht verhindern.
Das Gebot: " Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt" kann man in der Praxis kaum verletzen. Das Gebot ist in der Praxis eher nur ein Propagandaspruch mit der Botschaft " wir alle haben Rechte und Freiheiten. Wir sind zivilisiert! "
Kein Privatmensch darf andere festnehmen, fesseln, wie es die Polizei tut. Die Rechte der Menschen (auch ihre Freiheitsrechte) darf nur der Staat einschränken. Niemand darf die Bewegungsfreiheit, die Wahlfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Befugnisse der Anderen einschränken. Das alles regelt der Staat.
Das Schild " betreten verboten! " hat man zu beachten. Nur mit Hilfe staatlicher Regelung darf der Grundstückbesitzer die Bewegungsfreiheit der Anderen einschränken. Sein Recht (seine Freiheit) >Fremde am Betreten seines Grundstückes zu hindern< hat Vorrang.
Der Spruch "Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt" hat den Zweck, die Menschen zu ermahnen, die Rechte der Anderen zu achten. Niemand besitzt das Recht, das Recht der Anderen zu beschneiden. Das darf nur der Staat. Er entscheidet, welches Recht (welche Freiheit, welches Interesse) Vorrang hat. Interessenkonflikte löst der Staat.
Korrekter Weise müsste der Spruch so lauten: Freiheit darf Gerechtigkeit nicht verhindern. Gerechtigkeit ist der Zustand, in dem alle möglichst gut und gleich gut leben. Genauer gesagt: Niemand darf etwas tun, dass dem Ziel >möglichst gutes und gleich gutes Leben für alle herbeizuführen< abträglich ist. Niemand besitzt die Freiheit, Schlimmes tun zu dürfen. Wer die Freiheit, Schlimmes tun zu dürfen, in Anspruch nimmt, darf daran gehindert werden. Das Recht des Stärkeren gibt jedem die Freiheit, Gutes, Neutrales oder Schlimmes zu tun. Das Recht des Stärkeren ist Unrecht.
Gutwillige Menschen legen die Regel "Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt" wahrscheinlich so aus. Man sollte nicht zu egoistisch leben. Man sollte nicht nur die eigenen Bedürfnisse befriedigen, sondern auch die der Anderen, nach dem Motto, leben und leben lassen.
Wer die goldene Regel "Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt" wörtlich nimmt, macht den Fehler,
- dass er die Qualität der Freiheiten (der Bedürfnisse, der Interessen, der Rechte) nicht berücksichtigt. Er glaubt, dass er auch bösartige Freiheiten gewähren muss, dass auch bösartige Bedürfnisse befriedigt werden müssen. Er glaubt, dass ein nicht sogenanntes Verbrechen, eine Freiheit ist.
- dass er davon ausgeht, dass alle Freiheiten zu Interessenkonflikten führen. Er glaubt, dass die Bewegungsfreiheit des Einen mit der Bewegungsfreiheit (oder mit der Meinungsfreiheit, oder mit der Wettbewerbsfreiheit, ....) des Anderen (immer) kollidiert.
- dass er glaubt, dass bei Interessenkonflikten beide Interessen unzulässig sind, da die Freiheit beider Akteure beschnitten ist. Er glaubt, dass alle Interessen (Bedürfnisse, Rechte, Freiheiten) gleich wichtig sind. Er glaubt, dass Kompromisse zu schließen, keine Option ist.
Ich vermute, dass Dein Lehrer erwartet, das Du diese altehrwürdige Verhaltensregel lobst. Nach meiner Meinung, gibt es hier nicht viel zu loben. Die Regel ist einfach nicht gut genug. Man kann aber viel Schönes hineininterpretieren. Zum Beispiel: Man soll keinen Interessenkrieg führen, sondern leben und leben lassen.
Ein anderes Beispiel, um die schwache Qualität der Regel zu verdeutlichen. Ich betrete die Straße. Ich nehme meine Freiheit in Anspruch, auf die Straße gehen zu dürfen. Meine Freiheit beginnt jetzt. Das heißt, die anderen Menschen müssen jetzt die Straße verlassen, weil meine Freiheit gerade begonnen hat. Ihre Freiheit (die Straße benutzen zu dürfen) endet jetzt. Meine beginnende Freiheit beendet ihre Freiheit. Wo die Freiheit des Einen beginnt, endet die Freiheit des Anderen. Was für ein Blödsinn. Vielleicht ist die Regel doch gut gemeint, bloß schlecht formuliert.
Wieso ist die Regel so populär? Wahrscheinlich, weil sie es nicht verbietet, nach dem Recht des Stärkeren leben zu dürfen. 4 Milliarden Jahre Überlebenskrieg hat alle Genome siegesgierig werden lassen. Alle wollen instinktiv siegen. Siegen zu dürfen, ist eine wichtige Freiheit. Wenn alle siegen wollen, dann wird niemandes Freiheit (durch die Siegerei) beschnitten. Instinktgesteuerte Menschen lieben Regeln, die die Siegerei erlauben.
https://www.gutefrage.net/frage/von-wem-stammt-dieses-zitat-zum-thema-freiheit
Vielleicht indem du erklärst, dass man die Freiheit des anderen in dem Moment beschneidet.