Dürfen Leute mit Ner geistigen Behinderung ab 18 selbst bestimmen wo sie hingehen etc?

Hoegaard  15.08.2023, 13:11

"mit ner geistigen Behinderung"- jetzt mehr so IQ 65 oder IQ 30?

Robbynej 
Fragesteller
 15.08.2023, 13:12

IQ 65 würde ich so sagen

2 Antworten

Ja.

Mit einer Ausnahme: Es gibt eine gesetzliche Betreuung, die den Aufgabenkreis "Aufenthaltsbestimmung" hat. Dann muss diese dem Aufenthalt zustimmen oder es muss einen Kompromiss zwischen behinderter Person und gesetzlicher Betreuung geben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Heilerziehungspflegerin/ Ally der Behindertencommunity

Wenn du dermaßen geistig behindert bist, dass du als geschäftsunfähig eingestuft wirst, bedarf es einem rechtlichen Vertreter, sofern es wirklich keine anderen gibt, die ihm da unterstützen können und er wirklich gar nichts kann. Dann dürfte die betroffene Person nicht eigenständig Rechtsgeschäfte abschließen, also z.B Zugtickets in eine andere Stadt kaufen.

Selkiade  15.08.2023, 14:18
als geschäftsunfähig eingestuft

Eine Unmündigkeit - also die Geschäftsunfähigkeit - einer volljährigen Person ist schon seit 1992 nicht mehr möglich. In dem Jahr wurde das Gesetz zur Entmündigung gestrichen und mit der gesetzlichen Betreuung ersetzt.

Eine volljährige Person kann heutzutage also die Geschäftsfähigkeit gar nicht verlieren!

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MenschDNA  15.08.2023, 14:23
@Selkiade

Aber was sagst du zu §105 Abs. 2 BGB

Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

Dies besagt, dass ein geistig behinderter Mensch geschäftsunfähig ist, §105 Abs. 2 BGB.

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Selkiade  15.08.2023, 14:27
@MenschDNA
Muss ich mir mal anachauen. Hast du ein Artikel dazu?

Leider nur ein Pdf-Dokument auf meinem Laptop aus dem Rechtsunterricht, welches ich dir ja hier leider nicht hochladen kann

Kopiere dir hier aber schon mal den Text aus diesem Dokument. Ich schaue nochmal nach einer entsprechenden Online-Quelle.

Im Jahr 1992 wurde in Deutschland das Betreuungsgesetz eingeführt, welches das vorher geltende Vormundschaftsrecht – und damit die rechtliche Entmündigung und Vormundschaft im engeren Sinn – abgelöst hat. Seitdem gibt es auch keinen Vormund mehr, sondern einen Betreuer. Das Betreuungsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 1896 ff. BGB geregelt. Die gesetzliche Betreuung hat nichts mit sozialer oder gesundheitlicher Pflege zu tun, sondern stellt eine Unterstützung und Hilfestellung des Betreuten bei Handlungen im Rechtsverkehr dar. Die gesetzliche Vormundschaft fußte auf einem gesellschaftlichen Bild, das Menschen mit Behinderungen in keiner Weise Selbstverantwortlichkeit und Eigenständigkeit zugestand. Der gesetzliche Vormund konnte, ohne Absprache mit dem Bevormundeten, Regelungen festlegen und durchsetzen. Ein Vetorecht wurde Menschen mit Behinderungen nicht zugestanden. Es bestand de Facto bis 1992 eine vollkommene Entrechtung großer Teile der Bevölkerung durch das Vormundschaftsrecht. Ein gesetzlicher Betreuer wird bestellt, wenn eine volljährige Person nicht mehr in der Lage ist, Rechtshandlungen selbst vorzunehmen. Im Rahmen der Betreuung kann der Betreuer einzelne, bestimmte oder auch alle Rechtshandlungen für den Betreuten vornehmen. Es gilt das Prinzip, dass ein Betreuer nur dort tätig wird, wo der Betreute tatsächlich Hilfe braucht.

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MenschDNA  15.08.2023, 14:29
@Selkiade

Okay, aber dies entkräftigt nicht, dass ein Volljähriger geschäftsunfähig sein kann - wie ich oben aufgeführt habe.

Dies regelt lediglich, dass die Vormundschaft durch die Einführung der gesetzlichen Betreuung ersetzt wurde.

Ein 18 jähriger, der geistig behindert ist, und somit nach §104 Abs. 2 BGB geschäftsunfähig, erhält einfach einen gesetzlichen Betreuer und nicht wie vor 1992 einen Vormund.

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Selkiade  15.08.2023, 14:36
@MenschDNA
Dies besagt, dass ein geistig behinderter Mensch geschäftsunfähig ist, §105 Abs. 2 BGB.

Nein, besagt es nicht pauschal!

Es wird angenommen, dass JEDER Mensch - auch wenn eine Behinderung vorliegt - einen freien Willen hat.

Dieser freie Wille kann irgendwann nicht mehr vorhanden sein, z.B. wegen einer Demenz. Es muss aber IMMER im Einzelfall geprüft werden, ob der freie Wille wirklich nicht mehr vorhanden ist.

Erst wenn diese Überprüfung zu dem Ergebnis gekommen ist, der freie Wille ist tatsächlich nicht mehr vorhanden, DANN greift §105 Abs. 2 BGB.

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MenschDNA  15.08.2023, 14:38
@Selkiade

Ja, klar muss sowas vorher überprüft werden. Nicht jeder geistig behinderte ist geschäftsunfähig. Habe ich aber oben auch geschrieben

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Selkiade  15.08.2023, 14:40
@MenschDNA

Nein, hast du nicht geschrieben. Du hast einfach nur pauschal behauptet, dass der Gesetzestext besagt, dass ein geistig behinderter Mensch geschäftsunfähig ist. Das ist schlicht falsch!

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MenschDNA  15.08.2023, 14:45
@Selkiade

Wenn du dermaßen geistig behindert bist, dass du als geschäftsunfähig eingestuft wirst, bedarf es einem rechtlichen Vertreter (gesetzliche Betreuung), (!sofern!) es wirklich keine anderen gibt, die ihm da unterstützen können und er wirklich gar nichts kann. Mit dem letzten Punkt meinte ich die Absatz 2 salopp umschrieben.

Mit dem sofern wird verdeutlicht, dass ich nicht alle meinte

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Selkiade  15.08.2023, 14:46
@MenschDNA
Okay, aber dies entkräftigt nicht, dass ein Volljähriger geschäftsunfähig sein kann

Doch.

Die

rechtliche Entmündigung

betrifft ja die Geschäftsfähigkeit!

Bei der Entmündigung [...] handelte es sich um eine gerichtliche Anordnung, nach welcher der Betroffene seine Geschäftsfähigkeit einbüßt und einen gesetzlichen Vertreter erhält. Dieser wird auch Vormund genannt, der Betroffene hingegen war sein Mündel und wurde bevormundet.
In Deutschland wurde die Entmündigung zum 1. Januar 1992 durch den Einwilligungsvorbehalt, der im Rahmen eines Betreuungsverfahrens angeordnet werden kann, abgelöst.

Entmündigung – Wikipedia

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Selkiade  15.08.2023, 14:47
@MenschDNA
Wenn du dermaßen geistig behindert bist, dass du als geschäftsunfähig eingestuft wirst, bedarf es einem rechtlichen Vertreter (gesetzliche Betreuung)

Du vergisst nur eines:

Ein Betreuter ist nicht zwingend geschäftsunfähig. Die Anordnung einer Betreuung im Sinne von § 1896 BGB hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten

Geschäftsunfähigkeit: Was Du wissen musst (Stand 2020) - Juratopia

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MenschDNA  15.08.2023, 14:48
@Selkiade

Nein, tut mir leid. Mit Entmündigung wird hierbei lediglich Bezug zum Vormund genommen, welcher vor 1992 zugestellt wurde.

Die geschäftsunfähigkeit bei geistig behinderten Menschen, welche den Voraussetzungen des §104 Abs. 2 BGB entsprechen, gilt weiterhin.

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MenschDNA  15.08.2023, 14:51
@Selkiade

Das besagt widerum nur, dass man nicht zwingend geschäftsunfähig sein muss, um Anspruch auf einen gesetzlichen Betreuer zu haben.

Ich wiederhole: Die Geschäftsunfähigkeit bei Volljährigkeit ist weiterhin möglich.

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Selkiade  15.08.2023, 14:51
@MenschDNA
Mit Entmündigung wird hierbei lediglich Bezug zum Vormund genommen, welcher vor 1992 zugestellt wurde.

Nein! Schau in die Definition von Entmündigung bzw. entmündigen, das habe ich netterweise für dich übernommen, du musst nur noch lesen und verstehen:

entmündigen
Bedeutung
jmdn. unter Vormundschaft stellen, jmdm. ganz oder teilweise (gerichtlich) die Geschäftsfähigkeit entziehen

entmündigen – Schreibung, Definition, Bedeutung, Etymologie, Synonyme, Beispiele | DWDS

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Selkiade  15.08.2023, 15:45
@MenschDNA

Genau. Und die gibt es in Deutschland nur noch für minderjährige Personen.

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