Duales Studium Big Four?

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Du musst dir bewusst machen, dass das eine sehr traditionell-konservative Branche ist, mit allem, was dazugehört. Das beginnt bei strengen Dresscodes, geht weiter mit sehr hierarchischen Strukturen ("flache Hierarchien" ist dort nicht, "Ich Chef, du nix!" gehört viel eher dazu!) und führt auch dazu, dass "Work-Life-Balance" im Sinne von "Arbeiten, um zu leben, statt leben, um zu arbeiten" kein Thema ist ;). Ellbogenmentalität, Leistungsdruck, Arbeitszeiten jenseits von Gut und Böse - das ist dort nach wie vor üblich.

Im Gegenzug dazu kann man natürlich, wenn man sich in diesem Haifischbecken mit der richtigen Portion Skrupel- und Rücksichtslosigkeit durchsetzt, richtig viel Geld verdienen. Allerdings dann auch wieder mit verdammt wenig Freizeit, in der man es ausgeben könnte ;).

Ich hab mal einige Monate in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei gearbeitet. Mittelgroß, keine der Big Four, aber eben auch keine kleine Hinterhofklitsche. Deutlich menschlicher als das, was bei den Big Four abgeht. Und dennoch war es so gar nicht meine Welt! Allein schon zwischenmenschlich war es echt nicht meins.

Für mich ist es einfach wichtig, dass man einander bei der Arbeit als Menschen wahrnimmt, dass man ungeachtet von Stellen und Hierarchien miteinander redet, Pause macht, auch mal über Privates spricht, nicht auf andere herabblickt, die "unter einem stehen". Dass alle verstehen, dass jede Aufgabe ein gleich wichtiges Rädchen im Getriebe ist. Dass Hierarchien nur praktischen Zwecken und der Klarheit für Entscheidungswege dienen, aber nicht zur Aufwertung fragiler Egos.

Aus diesem Grund bin ich mit meiner Liebe zu meinem Beruf als Wirtschaftsfachwirtin auch nicht in der klassischen, profitorientierten Wirtschaft tätig, sondern im gemeinnützigen Sektor in der Jugendhilfe ;). Meine BWL-Superkräfte für das Gute verwenden - das ist mein berufliches Mantra :D.

Für mich wäre dieser Job also einer, der so ziemlich das exakte Gegenteil von dem ist, was mir gut tut, wo ich mich bei der Arbeit wohlfühle. Ich käme auch echt nicht gut darauf klar, mit meiner Arbeit dafür zu sorgen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer noch weiter aufgeht. Würde total gegen meine persönliche Sicht auf die Welt und die Menschen und somit meine Werte gehen.

Aber wenn man da anders tickt, andere Prioritäten im Leben setzt (also letztendlich Geld und vielleicht noch Status als die ultimativen Ziele betrachtet) und bereit ist, sich dafür so richtig den Allerwertesten aufzureißen, inklusive Gefahr von BurnOut und Co., ja, dann ist das sicherlich eine große und gute Chance, die man nutzen sollte. Nur eben in dem Bewusstsein, dass man kopfüber ins Haifischbecken mit eiskaltem Wasser springt ;).