Chemisches Gleichgewicht?

1 Antwort

Von Experte Picus48 bestätigt

Wir schütten also je n₀=0.25 mol IBr und I₂ in einen Topf und warten die Gleich­gewichts­­einstellung ab. Die Temperatur beträgt 400 K (≈127 °C), das ist recht warm, und das Gleich­gewicht liegt in diesem Fall weit auf der Seite der reinen Halogene. Der Holle­man–Wiberg schreibt, daß IBr bei 41 °C schmilzt und am Siedepunkt von 116 °C zer­fällt; bei 127 °C sollte das Gleichgewicht folglich weitgehend auf der Seite der rei­nen Halogene liegen.

Außerdem sind Reaktionsgleichung und Gleichgewichtskonstante gegeben:

2 IBr ⟶ I₂ + Br₂    K = 8.5⋅10¯³

und der kleine Wert für die Gleichgewichtskonstante würde bedeuten, daß das Gleich­gewicht auf der IBr-Seite liegt, was es lt. Holleman–Wiberg nicht tut. Meine schnelle Vermutung ist, daß die Gleichgewichtskonstante zur Rückreaktion gehört, also entwe­der die Reaktionsgleichung umgekehrt angeschrieben werden sollte oder der Kehr­wert der Gleichgewichtskonstante verwendet werden sollte.

Seufz.

Wie auch immer: Bei der Reaktion wird sich irgendeine Menge Brom bilden, nennen wir diese Brommenge x. Dann gilt im Gleichgewicht:

  • n(Br₂)=x
  • Für jedes gebildete Br₂ ist dann außerdem noch ein zusätzliches I₂ entstanden, das zur ursprünglichen Stoffmenge I₂ n₀=0.25 mol dazukommt, also n(I₂)=n₀+x
  • Für jedes gebildete Br₂ wurden zwei Moleküle BrI verbraucht, also n(IBr)=n₀−2x
  • Da sich die Anzahl der Teilchen in der Reaktion nicht ändert, können wir im Mas­senwirkungsgesetz direkt die Stoffmengen statt der Konzentrationen ein­setzen; das Volumen V=500 ml wird also gar nicht gebraucht (das Gleichgewicht ist volu­men- und druckunabhängig).
  • Also setzen wir ins Massenwirkungsgesetz ein und lösen nach x auf.

Bild zum Beitrag

Durch Aufräumen bekommt man eine quadratische Gleichung

Bild zum Beitrag

mit zwei Lösungen, einer negativen und einer positiven; natürlich ist die negative Un­sinn, weil x=n(Br₂)>0.

  • Wenn man Deiner Angabe folgt, dann kommt als positive Lösung x=0.002039 mol heraus. Die Gleichgewichtsmengen wären dann also n(Br₂)=x=0.002 mol, n(I₂)=​n₀+x=0.252 und n(IBr)=n₀−2x=0.246 mol. Das widerspricht aber allem, was ich über Interhalogene weiß und dem im Holleman–Wiberg Geschriebenen. Es hat also wahrscheinlich nichts mit der Realität zu tun.
  • Wenn wir meiner Vermutung folgen, daß die Reaktion verkehrt herum auf­ge­schrie­ben ist, dann sollten wir den Kehrwert der Gleichgewichtskonstanten verwenden. Mit dem neuen Wert K=118 bekommen wir dann x=0.116 mol und n(Br₂)=x=0.116 mol, n(I₂)=​n₀+x=0.366 und n(IBr)=n₀−2x=0.019 mol. Das sieht viel glaubwürdiger aus, weil ≈92% des IBr zerfallen sind.

Da Deine Angabe nach den Konzentrationen, nicht den Stoffmengen, fragt, mußt Du die Stoffmengen noch durch das Volumen V=½ l dividieren; dadurch verdoppeln sich alle Zahlenwerte.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
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senders 
Fragesteller
 27.11.2023, 23:15

Das gibt unfassbar viel Sinn mit dem Vertauschen von Edukten und Produkten, danke vielmals für die ausführliche Antwort!

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Picus48  27.11.2023, 23:26

Und wieder einmal kann ich meine Lösung in die Tonne kloppen, ;-) Zwar hatte hatte ich mich über das ungewöhnliche Ergebnis gewundert, aber die falsche Schreibweise für die Richtung nicht auf dem Schirm. Chapeau!

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indiachinacook  27.11.2023, 23:29
@Picus48

Hast Du wenigstens dasselbe herausgekriegt wie ich? Ich freue mich nämlich im­mer über Be­stäti­gung, wohl wissend, daß Vorzeichen et.al. bei mir reine Glücks­sache sind.

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Picus48  27.11.2023, 23:32
@indiachinacook

So etwas lasse ich immer bei WoframAlpha rechnen. x = n(Br₂) = 0.00202397 mol

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indiachinacook  27.11.2023, 23:33
@Picus48

Geht das online? Ich rechne immer alles lokal, habe aber nichts Besseres als Gnuplot und bc. Ich wollte, ich könnte mir Mathematica leisten.

Für diese Frage habe ich sogar mit kubischen Gleichungen in bc herumgespielt.

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