Blickwechsel 11. März 2021
Deine Fragen an einen Buddhisten
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Buddhismus + anderer Glauben?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Stimmt es, dass man laut buddhistischer Lehre noch einer weiteren Religion angehören kann?

Das funktioniert unter Vorbehalt meist recht gut, da der Buddhismus eine nihilistische Weltanschauung ist. Wenn die philosophischen Inhalte anderer Religionen dem Buddhismus nicht widersprechen, dann kann man als Buddhist auch eine andere Religion zusätzlich annehmen.

Buddhist sein schließt auch nicht den Glauben an andere Götter aus. Auch wenn die Gottesverehrung im Buddhismus keine Bedeutung hat, wird sie von buddhistischer Seite nur dann abgelehnt, wenn diese heilsrelevant ist. Das bedeutet, dass ich an einen Gott beten durfte, um mir bspw. von ihm gutes Wetter zu wünschen. Ich dürfte aber nicht an einen Gott beten, um mir von ihm Glückseligkeit im Jenseits zu erhoffen. Das würde nämlich der buddhistischen Lehre widersprechen, die ihre eigene Jenseitsvorstellung (Reinkarnation & Nirwana) hat. Ich kann dieses Video dazu empfehlen: https://youtu.be/wkHum_1ghSs

Kann man also z. B. Buddhist und Christ, Jude oder Moslem gleichzeitig sein?

Für Christen, Muslime & manche Juden ist der Glaube an Gott heilsrelevant. Wie ich bereits gesagt habe, schließt der Buddhismus heilsrelevanten Gottesglauben aus. Allerdings kann man unter bestimmten Umständen trotzdem Buddhist & Anhänger einer abrahamitischen Religion sein. Um das zu verstehen musst du wissen, dass man den Buddhismus in 3 Cluster einteilen kann (Natürlich kann man den Buddhismus auch in andere Kategorien einteilen, aber das ist hier nicht wichtig):

1) traditioneller Buddhismus: Anhänger dieses Clusters haben ein Weltbild, welches genau dem entspricht, wie es der Buddha verkündigt hat. Auch die ganzen mythologisch wirkenden Aspekte z. B. dass der Buddha Gedanken lesen konnte, dass es Götter Paläste gibt oder der Glaube an Hungergeister (Pali: Pretas), integrieren diese Menschen in ihr religiöses Leben.

2) immanenter Buddhismus: Anhänger dieses Clusters integrieren alles aus dem Buddhismus in ihr Leben, was von der Psychologie bzw. der Wissenschaft sicher bestätigt werden konnte. Dinge bei denen in der seriösen Wissenschaft Uneinigkeiten bestehen, z. B. die Wiedergeburt, lehnen diese Menschen nicht ab, aber sehen Sie für Ihre Glaubenspraxis als unwichtig an.

3) säkularer Buddhismus: Anhänger dieses Clusters glauben nur an das aus dem Buddhismus, was die Wissenschaft bestätigen konnte. Alles andere sehen sie als mythologische Überbleibsel aus dem Hinduismus an. Aus dieser Sicht ist Buddhismus zu 100% Psychologie bzw. Philosophie. Gerade im Westen wird er öfter vertreten, z. B. von Steven Bachelor oder Matthias Ennenbach.

Fazit: Als säkularer Buddhist kann man auch Christ oder Muslim werden. Denn dieser steht mit diesen Religionen in keinem Widerspruch. Zumindest gilt das für die buddhistische Sichtweise. Gerade innerhalb des japanischen Zen-Buddhismus gibt es viele Anhänger des säkularen Flügels, da Wiedergeburt dort noch nie eine große Rolle gespielt hat. Mir sind sogar zwei katholische Priester bekannt, welche sich zum Zen-Buddhismus bekennen.

ser999 
Fragesteller
 20.04.2021, 21:09

Herzlichen Dank!

Was ist ein ,,Cluster“?

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