Bio Erregungsleitung?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

zu 3)

Na, überlege doch mal, was du über ein Aktionspotenzial (AP) weißt. Wie sieht es aus? Ist es immer gleich? Nach welcher Gesetzmäßigkeit wird ein AP am Axonhügel (Generatorregion) generiert?
Und vergleiche die Antworten auf diese Fragen mit der Abbildung in M1. Was kannst du über die hier dargestellte Potenzialänderung aussagen?

Zu 4)

Hier musst du dir überlegen, wieso es nach dem Auslösen eines APs zu dessen Weiterleitung entlang des Axons kommt. Was passiert da? Welche Mechanismen wirken entscheidend mit?

Wenn du mit diesen Gedankenanstößen noch nichts anfangen kannst, frag im Kommentar noch einmal nach. Vielleicht antworte ich dann direkter. Aber du wolltest ja zunächst nur etwas Unterstützung...

LG von der Waterkant

tom128673 
Fragesteller
 04.02.2023, 00:15

Hallo Waterkant, ich danke dir dass du dir die Zeit genommen hast, um mir zu helfen. Ich habe mich hingesetzt und versucht, weiterzukommen.Leider komme ich trotzdem nicht weiter.

Vielleicht antworte ich dann direkter. 

dafür wäre ich sehr dankbar.

Danke ung Lg Tom

1
DedeM  04.02.2023, 05:58
@tom128673

Moin, Tom,

schau mal: ein AP gehorcht dem Alles-oder-nichts-Gesetz. Wenn der Schwellenwert am Axonhügel erreicht wird, dann wird ein AP ausgelöst. Wenn der Schwellenwert nicht erreicht wird, dann eben nicht. Alles oder nichts!
Aber wenn ein AP erst einmal ausgelöst wurde, dann sieht es immer gleich aus. Es hat nicht mal eine höhere, mal eine kleinere Amplitude. Es kann auch nicht aufaddiert, nein, es sieht immer und überall am Axon gleich aus.
Das Bild des Potenzials in M1 ist da ganz anders. Mit steigendem Abstand zur Reizelektrode nimmt die Stärke der Membranpotenzialdifferenz immer mehr ab (fallende Kurve). Das kannst du dir bildlich so vorstellen, dass du einen Stein in einen ruhig daliegenden See fallen lässt. An der Eintauchstelle entsteht eine Welle, die sich kreisförmig ausbreitet, aber deren Wellenhöhe immer flacher wird, je weiter sie sich von der Eintauchstelle entfernt. Das heißt - wieder übertragen auf die Nervenzelle - dass das erzeugte Potenzial hier immer kleiner wird, je weiter es sich von seiner Erzeugungsstelle entfernt.
Die Antwort auf die Frage 3 lautet also: Die beobachteten Spannungsänderungen, die man in M1 sieht, werden nicht bei der Erregungsleitung am Axon (egal ob kontinuierlich oder saltatorisch) wirksam, weil ein AP stets gleich aussieht und sich nicht mit der Entfernung von der Stelle seiner Generierung am Axonhügel abschwächt.
Oder anders ausgedrückt: Am Zellkörper oder den Dendriten entstehen andere Potenzialveränderungen als am Axonhügel, nämlich sogenannte EPSPs (exzitatorische postsynaptische Potenziale) oder IPSPs (inhibitorische postsynaptische Potenziale). Diese verringern ihre Amplitude (die Stärke ihrer Auslenkung) mit wachsendem Abstand zu ihrem Entstehungsort. Dafür können sie am Axonhügel zeitlich oder räumlich summiert werden. APs sehen dagegen immer gleich aus und gehorchen dem Alles-oder-nichts-Gesetz.

Zu 4)
Wenn am Axonhügel ein AP ausgelöst wird, dann wird dieses AP das Axon entlang weitergeleitet. Das passiert folgendermaßen: Denk dir am Axon drei nacheinander liegende Regionen A, B und C. Wenn bei Stelle A das AP ist, dann erfolgt hier eine Umpolung des Membranpotenzials. Im Zellinneren ist es hier positiver geladen als im Außenmilieu. Das bewirkt, dass negative Ladungsträger aus der benachbarten Region B im Zellinneren zur Stelle A wegen der elektrostatischen Anziehung zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen angezogen werden. Aber dadurch senkt sich die Konzentration an negativen Ionen an Stelle B, wodurch das Membranpotenzial an Stelle B depolarisiert wird (Verschiebung zu weniger negativen Werten). Wenn dann der Schwellenwert an Stelle B erreicht wird, löst das auch hier ein AP aus. Es ist dann so, als wenn das AP von Stelle A zu Stelle B weitergewandert ist, verstehst du?
Nun ist also an Stelle B das AP. Wieder sind dann hier im Zellinneren kurzzeitig mehr positive Ladungsträger (Ionen) als an den Stellen A oder C. Darum werden auch jetzt von den Nachbarstellen A und C entgegengesetzt geladene Anionen elektrostatisch angezogen, so dass es zu Depolarisationen der Bereiche A und C kommt. Aber weil Stelle A gerade ein AP hatte und dort eine Refraktärzeit die Auslösung eines neuen (weiteren) APs verhindert, kann nur an Stelle C ein AP entstehen. Das ist der Grund, dass das AP von A über B nach C nur in eine Richtung zu wandern scheint.
Tja, und was heißt das jetzt für die maximalen Abstände von Schnürringen bei einem Myelinscheiden-ummantelten Axon? Ganz einfach: Die Abstände der Schnürringe dürfen nicht größer sein als die wirksame Reichweite der elektrostatischen Anziehungskraft (Coulomb-Kraft) zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen. Und die reicht etwa über eine Entfernung von 2000 Mikrometern (siehe M3).

Alles klar?

LG von der Waterkant (übrigens bin nicht ich die Waterkant, ich lebe dort nur...)

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tom128673 
Fragesteller
 04.02.2023, 12:00
@DedeM

Vielen dank für die mühe.

zu 3: Hab ich das richtig verstanden? Ein Aktionspotenzial ist aufgrund des Alles-oder-nichts Gesetzes immer gleich. Deswegen spielt es keine Rolle, wie weit es von der Erzeugungsstelle entfernt ist. Somit sind die Spannungsänderungen in der Abbildung in M1 nicht bei der Erregungsweiterleitung wirksam. Ich hatte es die ganze zeit falsch verstanden. Ich dachte, je weiter sich das AP von der Reizelektrode entfernt, desto geringer wird die gemessene Spannung, weil die Messelektrode eben ein Abstand aufbringt.

eine Frage dazu: Ich hab nicht verstanden, was eine Ampitulde ist. (Habe es auch gegoogelt)

zu 4: Habe ich das richtig verstanden? Der Abstand zwischen zwei Schnürringen darf maximal so groß sein, dass die Ausgleichsströme noch so stattfinden können, sodass der Schwellenwert erreicht werden kann.

danke für die Hilfsbereitschaft und Lg

1
tom128673 
Fragesteller
 04.02.2023, 12:37
@DedeM

Zudem muss ich ergänzen, dass du die Aufgaben nicht komplex, sondern sehr verständlich erklärt hast. Danke und Respekt meiner seits.

1
DedeM  04.02.2023, 16:04
@tom128673

Ja, das hast du richtig verstanden.

Mit Amplitude meine ich die Höhe der Auslenkung. Bei einem herkömmlichen AP erreicht dieses nach der Umpolung eine Auslenkung bis etwa +50 mV (das Ruhepotenzial liegt bei etwa –70 bis –80 mV).

Wenn ein Reizstärke über APs verschlüsseln wird, dann kann das nur über die Anzahl geschehen. Gerade weil die APs alle gleich aussehen, kann man die Stärke des Reizes nicht über die Amplitude (also die Höhe der Auslenkung der Potenzialdifferenz) verschlüsseln.
Es gilt: Ein starker Reiz macht viele (stets gleich aussehende) APs, ein schwacher Reiz macht entsprechend wenige (immer noch gleich aussehende) APs.
Man sagt dazu auch »frequenzmoduliert«, weil die Stärke eines Reizes in der Anzahl der ausgelösten APs verschlüsselt (und entschlüsselt) wird. Das dient der Sicherheit einer Reizinterpretation. Stell dir vor, dass das Gehirn sich fragen müsste, ob die Auslenkung nun +50 mV oder nur +45 mV oder gar +43 mV... war. Da ist es doch viel sicherer, wenn 100 APs ankommen, im Vergleich mit 88 APs oder 70, verstehst du? Banal ausgedrückt: zählen ist sicherer als Differenzhöhenbestimmung.

Die EPSPs (und IPSPs) sind dagegen amplitudenmoduliert. Hier führt ein starker Reiz zu einer hohen Auslenkung, während ein schwacher Reiz nur zu einer geringen Auslenkung am Entstehungsort führt. Da die Höhe der Potenzialauslenkung auch noch mit der Entfernung vom Entstehungsort abnimmt, kann (in der Regel) ein einziges AP bei der Übertragung von einer Nervenzelle auf eine andere in der Folgezelle kein AP auslösen. Das geht höchstens dann, wenn die Synapse in unmittelbarer Nähe des Axonhügels der Folgezelle liegt.

Deshalb gibt es ja so etwas wie die räumliche oder zeitliche Summation. Ein EPSP (oder IPSP) hat nämlich keine Refraktärzeit. Man kann also in sehr kurzer Folge am gleichen Ort immer wieder ein Potenzial auslösen.
Wenn du das immer am gleichen Ort machst, entstehen immer wieder EPSPs, die sich über die Membran der Zelle ausbreiten. Wenn dann die Wellenberge am Axonhügel ankommen, dann summieren sie sich eventuell so auf, dass am Axonhügel schließlich der Schwellenwert erreicht und dadurch ein AP ausgelöst wird. In diesem Fall handelt es sich also um eine zeitliche Summation der Signale, weil stets am gleichen Ort zu minimal verschiedenen Zeitpunkten Potenziale gebildet werden.

Zu einer räumlichen Summation kommt es, wenn an verschiedenen Orten des Zellkörpers an verschiedenen Synapsen Signale entstehen, die sich dann alle über den Zellkörper ausbreiten und irgendwann am Axonhügel ankommen. Auch das kann zu einer Summation der Wellenberge führen, was am Ende zum Auslösen eines APs führen kann. Das wäre eine räumliche Summation.

Warum das alles? - Nun, das ist eine Möglichkeit für ein Nervensystem, erzeugte Signale auch außerhalb eines ZNS (zum Beispiel des Gehirns) zu verrechnen. So können eingehende EPSPs von ebenfalls eintreffenden IPSPs abgeschwächt oder sogar ganz gelöscht werden.
Umgekehrt können EPSPs eben auch so aufaddiert werden, dass APs entstehen.

Nochmals ein lieber Gruß von der Waterkant

2
tom128673 
Fragesteller
 05.02.2023, 13:27
@DedeM

Alles klar, habs verstanden. Vielen dank

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