Behindertes Kind abtreiben?

Das Ergebnis basiert auf 63 Abstimmungen

Ja 57%
Nein 24%
Kommt drauf an 16%
Anderes 3%

13 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Kommt drauf an

Früher hab ich immer gesagt Nein.

Inzwischen hab ich mehr Lebenserfahrung und seh das differenzierter.

Z.B. ist mir inzwischen eine Behinderung bekannt, die finde ich grausam und hätte wirklich Skrupel, das Kind auszutragen für ein Leben in Leid. Also ja, ein Kind mit genau dieser Behinderung würde ich abtreiben. Ich hätte Skrupel bei einer Abtreibung, aber in dem Fall hätte ich mehr Skrupel, es zu einem Leben zu "zwingen".

Für diese Behinderung hab ich einen Bluttest damals machen lassen. Da waren aber noch viele andere Behinderungen im Paket. Und da wusste ich damals nicht und heute teilweise nicht, was ich jeweils getan hätte. Ich hab mich mit einigen beschäftigt und dann aufgegeben. Wenn der Test irgendwo zugeschlagen hätte, dann hätte ich mich ja mit der konkreten Behinderung befassen können.

Ich kann mir allerdings vorstellen, wenn man in der Schwangerschaft sowas erfährt, dass man intuitiv erstmal dem Schmerz entkommen und davon laufen möchte und dann schnell eine Abtreibung machen lässt. Einfach in der Extremsituation, ob man so zurechnungsfähig ist wie sonst, noch dazu unter den ganzen Hormonen... Wenn man Pech hat, denkt man später nach Abflauen der Hormone und in einer entspannteren Situation anders darüber und bereut das. Wer weiß. Ich würde da wohl kaum noch jemanden für so eine Abtreibung verurteilen.

Also ich finde, das ist soo eine große Last heute für die Schwangeren. Man kann so viel untersuchen und wissen und muss evtl. eine enorm große Entscheidung treffen - ich hab in der Schwangerschaft manchmal die Mütter von vor zweihundert Jahren oder so beneidet. Die einfach guter Hoffnung waren und es nehmen mussten, wie es kommt.

Bei Down-Syndrom wär ich sehr im Zwiespalt. Down-Syndrom ist nicht Down-Syndrom. Manche haben große medizische Probleme, manche nicht, der IQ kann sehr unterschiedlich ausfallen, so dass keine oder doch gute Selbständigkeit erreicht werden kann. Die Kindheit kann schön sein, aber ab der Pubertät stell ich mir das für Betroffene recht schwierig vor. Allerdings haben die Kinder (und hoffentlich die Erwachsenen, die daraus werden) ja meist ein gutes Selbstbewusstsein, das ist eine unheimlich wertvolle Eigenschaft, die zum Lebensglück beiträgt. Aber m.W. trifft das auch nicht auf alle Downies zu.

Also im Endeffekt ist es bei diesen Testergebnissen so: Man weiß etwas genetisch, aber wie genau sich das in diesem Fall auswirken wird, wie sich das Kind evtl. entwickelt, das weiß man nicht. Die mögliche Variationsbreite ist oft sehr groß.

Auf jeden Fall hab ich den Test auch gemacht, um ggf. so etwas früher zu erfahren. Und nicht erst bei der Geburt oder in der Zeit danach, das stelle ich mir noch schlimmer vor.

Wenn das Kind positiv auf eine Behinderung getestet wird, dann kann ich mich vor der Geburt damit auseinandersetzen, den ersten Schock verdauen, trauern, z.B. ein spezialisiertes Krankenhaus finden oder die Ärzte sind zumindest vorinformiert und können auf vieles besser reagieren. Und dann könnte ich doch noch ein schönes Geburtserlebnis haben und statt das Kind evtl. entsetzt anzustarren könnte ich es einfach besser willkommen heißen und mich kümmern.

Losona  10.03.2024, 21:07

Vielen Dank für die "Hilfreichste Antwort". Ich hatte mich schon gefragt, ob das überhaupt jemand lesen würde, weil es doch ein wenig lang ist. :)

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Kommt drauf an

Generell nein. Nur, wenn zu 100% klar ist, dass das Kind eine dauerhaft schmerzerfüllte Existenz haben würde und nicht lange ohne oder selbst mit äußerer Unterstützung (Beatmungsmaschine etc.) überleben würde.

Ich will gar keine Kinder, aber wenn man ein Kind will, will man ein Kind - Egal, ob behindert oder nicht. Kinderkriegen ist ja kein Rosinenpicken.

Leider denken viele, behinderte Menschen könnten kein schönes Leben führen (ever heard of ableism?)...

Wenn die meistens uns Behinderte auch lieber abtreiben wollen (Die Ergebnisse dieser Abstimmung - Uff, Leute, ihr bereitet mir Sorgen), anstatt aktiv an Lösungen zu feilen, wie man uns das Leben leichter machen kann, ja, dann wundert mich gar nichts. Völlig falscher Ansatz. Wenn nämlich daran gearbeitet werden würde und nicht nur für die Behinderten von uns, die jetzt leben, sondern auch für die, die noch kommen werden, dann wäre das für ALLE viel besser. Doch was sage ich da. Es ist sinnlos.

Ich gehöre vielleicht nicht zu denen, die einige als "stark" behindert bezeichnen würden, aber es macht mir mega Angst, zu wissen, dass ich im Prinzip trotzdem auch in die Kategorie gehöre. (Viele würden auch ein autistisches Kind abtreiben, wenn sie davon wüssten. Definitiv. Der einzige Grund, weshalb ich lebe, ist die Tatsache, dass meine Behinderung zum Glück nicht geheilt werden kann. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie Menschen mit Down-Syndrom oder anderen Behinderungen sich fühlen, wenn Leute sie lieber tot als behindert sehen wollen würden. Ne ... Lassen wir das, das ist zu eklig.)

Viele sehen auch nur die "armen" Eltern und wie sehr die sich doch aufopfern müssen.

Am besten sind Leute, die sowas sagen wie "Hab du doch mal ein behindertes Kind, dann reden wir weiter."

Und du hast ein behindertes Kind! Oder noch besser: Du bist das behinderte Kind!

Oh mein Gott.

Ich habe 255.000 Gründe, weshalb ich niemals Kinder bekommen will, aber irgendeine Behinderung (solange sie nicht das Leben meines Kindes zur tatsächlichen, absoluten, schmerzerfüllten Hölle macht und das würde wohl mehr auf Krankheiten und weniger auf Behinderungen zutreffen) ist meine geringste Sorge. Wie gesagt: Wenn man ein Kind will, will man es, egal ob behindert oder nicht.

Und wenn man unbedingt ein nicht behindertes Kind will, will ich hoffen, dass man diesem Kind niemals etwas von wegen "Akzeptanz für Behinderte/Neurodiverse", "Behindertenrechte", "Jedes Leben ist kostbar" usw. vormacht. Mhm, ja, is' klar, Sharon!

Ich wähle trotzdem "kommt darauf an", denn wie gesagt: Ist es gesundheitlich einschränkend bzw. gar lebensbedrohlich, würde ich die Abtreibung wählen.

Übrigens bin ich für Abtreibung. Nur wenn die Begründung ist, dass es eine (nicht lebensbedrohliche) Behinderung haben wird ... I mean ... No. Ich bin raus. Ich krieg' zu viel.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽
Nein

Ich habe schon mit vielen Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen gearbeitet und alle haben gerne gelebt, hatten Freude am Leben. Dieses 'Argument' vonwegen 'Leben in Leid' ist mMn eher so zu deuten dass die Eltern darunter leiden sich mit der Pflege eines Kindes mit Behinderung auseinanderzusetzen.

Anderes

Fluch und Segen der Pränataldiagnostik…

Es kommt sehr häufig vor, dass man sich in der Theorie eine abstrakte Meinung bildet („auf jeden Fall“… „auf keinen Fall“), bis einen tatsächlich die Praxis geradezu erschlägt. 

Ich bin bekennender "Pro-Choicer" - also nicht „für“ Abtreibung, sondern für die freie Wahlmöglichkeit - und dafür, dass Frauen selbstbestimmt über ihr Leben, ihren Körper und damit auch ihre Reproduktion entscheiden können. Das Recht auf reproduktive und sexuelle Gesundheit und Selbstbestimmung schließt aus dieser Perspektive auch das Recht auf den Abbruch einer (aus welchen Gründen auch immer) ungewollten Schwangerschaft ein.

Doch habe ich mich trotz "Altersindikation" (37 und 39 Jahre) bei meinen geplanten Schwangerschaften bewusst gegen jegliche Pränataldiagnostik entschieden - wohl in dem Wissen, auch ein behindertes Kind physisch, psychisch, finanziell, partnerschaftlich und lebensplanerisch "stemmen" zu können.

Aber ich habe auch jedes Verständnis dafür, wenn sich eine Frau oder ein Paar das eben nicht zutraut.

Denn sie sind es, die mit den gegebenenfalls einhergehenden Belastungen jeden Tag leben müssen, mitunter ihr geliebtes Kind leiden sehen und sich fragen, wer sich denn nach ihrem Tod um das Kind kümmert.

Ich kann nur jedem wünschen, niemals eine solch qualvolle Entscheidung treffen zu müssen, sich gegebenenfalls für oder gegen ein behindertes Wunschkind zu entscheiden.

Wenn es denn aber so ist, kann ich nur hoffen, dass die Frau Unterstützung, Respekt und Verständnis erfährt.

Ich vermag jedoch nicht zu beurteilen, wie ich bzw. wir als Paar uns entschieden hätten, wenn sich bei einem der 3 Routineultraschalluntersuchungen Anhaltspunkte für eine schwere Beeinträchtigung des Kindes ergeben hätten.

Allerdings hätten wir unsere Entscheidung, die Schwangerschaft auszutragen oder abzubrechen, bestimmt nicht davon abhängig gemacht, was fremde Menschen in einem anonymen Laienforum so abstimmen.

Alles Gute für dich!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin seit fast 40 Jahren Hebamme
Nein

Ich bin Christ und Abtreibung verstößt gegen meinen Glauben.

Verwandte von mir haben einen geistig und körperlich schwerstbehinderten 9-jährigen Jungen, sowie zwei weitere gesunde Kinder. Es ist ein Kraftakt, den Jungen so gut wie möglich zu versorgen. Der Alltag dieser Familie wird geprägt von dessen Bedürfnissen. Aber er wird von allen geliebt. Und wenn man mit ihm redet, dann strahlt er einen an, obwohl er nur wenig davon versteht, was man sagt. Da kommt dann schon der Gedanke auf: Auch dieser Junge hat ein Recht auf Leben, so lange Gott es zulässt.

Lolbologog  09.03.2024, 19:31

Genau so ist es. Bei den Moslems ist es auch nicht erlaubt ein Kind abtreiben zu lassen.

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