Ausbildung zum Rettungssanitäter Handlungskompetenz?

3 Antworten

Hi,

Viele sagen das man als Rettungssanitäter nur die Taschen vom Notfallsanitäter trägt und keine Handlungskompetenz hat stimmt das?

Die Antwort könnte mit einem "Ja, aber..." oder einem "Nein, aber..." beginnen ^^

Der Rettungssanitäter ist primär mal dazu ausgebildet, einen qualifizierten Krankentransport (= Nicht-Notfallpatienten) selbstständig durchzuführen und im Rahmen der Notfallrettung zu assistieren.

Eine eigene Handlungskompetenz, die über die rettungsdienstliche Basisversorgung und eine Assistenz bei erweiterten Versorgung hinausgeht, hat der Rettungssanitäter tatsächlich nicht. Er kann jedoch auch erweiterte Maßnahmen delegiert bekommen (z.B. durch den NA), sofern er diese beherrscht und es entsprechend des Ausbildungsstandes zumutbar ist.

Ich weiß auch nicht so recht ob man in 3 Monaten so viel wissen beigebracht bekommen kann um Menschen zu behandeln bzw als Rettungssanitäter zu assistieren.

Mal aus der Praxiserfahrung

Die drei Monate sind schon für die vorgesehenen Aufgaben sehr knapp bemessen - und da ist man von einer "selbstständigen leitliniengerechten Versorgung von Notfallpatienten" eben noch meilenweit entfernt.

Mit drei Monaten Ausbildung - im Vergleich zu drei Jahren - ist man eben "nur" eine Art Hilfsarbeiter. Deshalb ist die Qualifikation zum Rettungssanitäter eben für die meisten nur ein Sprungbrett zum NFS - jedenfalls, wenn sie im Hauptamt tätig sind.

Hat man als Rettungssanitäter ein Staatsexam nach bestandener Prüfung?

Nein. Der Rettungssanitäter absolviert zwar eine staatliche Prüfung, ein "Staatsexamen" ist es aber weder im eigentlichen Sinne des Wortes, noch im übertragenen Sinne für die staatlichen Prüfungen der Gesundheitsfachberufe.

Und kann man nach 3 Monaten und bestandener Prüfung sich vollzeit bewerben auf eine Stelle?

Kann man natürlich - die Frage ist natürlich, ob man direkt eine Stelle bekommt. Der Mangel an RS ist oftmals nicht derart extrem ausgeprägt, wie bei den Notfallsanitätern.

Nun kann ich nicht direkt die Ausbildung als Notfallsanitäter starten wegen meiner Qualifikation. Deshalb würde ich zuerst die Ausbildung zum Rettungssanitäter machen und anschließend eine Weiterbildung.

Eine Weiterbildung vom Rettungssanitäter zum Notfallsanitäter im eigentlichen Sinne gibt es nicht - und hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen ändert der Rettungssanitäter ebenfalls nichts.

Es ist also zwingend eine abgeschlossene, zweijährige Berufsausbildung oder eben die mittlere Reife für die NFS-Ausbildung notwendig (§ 8 NotSanG).

Ansonsten bietet der Rettungssanitäter und die anschließende Tätigkeit schon mal einen guten Einstieg in den Rettungsdienst und eine solide Basis für realistische Chancen auf einen Ausbildungsplatz.

Was ich sonst noch zu bedenken gebe...

Ich habe einen Hauptschulabschluss und möchte gerne in den Rettungsdienst da fast meine ganze Familie im sozialen Bereich tätig ist.

"Die ganze Familie macht es" ist immer eine schlechte Begründung.

Gerade, wenn man in ein Nicht-08/15-Arbeitsumfeld möchte, sollte man sich kritisch mit diesem auseinandersetzen - die Arbeit im Rettungsdienst hat einfach Schattenseiten. Und es gibt nicht wenige, die sich mit den Arbeitsbedingungen nicht anfreunden können - und noch viel mehr, die gänzlich falsche Vorstellungen von der Tätigkeit haben.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
Julianschmidt92 
Fragesteller
 23.10.2020, 17:36

Kann man wenn man Rettungssanitäter ist z.b nach 5 jahren berufserfahrung eine Ergänzungsausbildung machen zum Notfallsanitäter? Da ich nur den Hauptschulabschluss besitze müsste ich entweder eine 2 jährige ausbildung machen oder den Realschulabschluss nachholen.

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SaniOnTheRoad  23.10.2020, 18:08
@Julianschmidt92
Kann man wenn man Rettungssanitäter ist z.b nach 5 jahren berufserfahrung eine Ergänzungsausbildung machen zum Notfallsanitäter?

Nein. Die Möglichkeit ist im NotSanG schlicht und ergreifend nicht vorgesehen - daher auch meine entsprechende Aussage, dass diese Möglichkeit nicht besteht.

Eine Ergänzungsprüfung gab (bzw. gibt) es für Rettungsassistenten - da dieser Beruf seit 6 Jahren nicht mehr ausgebildet wird, spielt es in deinem Fall keine Rolle.

Da ich nur den Hauptschulabschluss besitze müsste ich entweder eine 2 jährige ausbildung machen oder den Realschulabschluss nachholen.

Auf eine der beiden Varianten wird es hinauslaufen, wenn Du den Notfallsanitäter anstrebst.

Und in Anbetracht der Tatsache, dass die Ausbildung für eine "normale" Berufsausbildung fachlich durchaus anspruchsvoll ist, ist der Sinn hinter der schulischen Mindestqualifikation durchaus nachvollziehbar.

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Eine Weiterbildung vom Rettungssanitäter zum Notfallsanitäter, ist im Notfallsanitätergesetz (NotSanG) schlichtweg nicht vorgesehen, es mangelt also an der gesetzlichen Grundlage für eine derartige Weiterbildungsmaßnahme!. Beim Rettungsassistenten, dieser ist bis zum 01.01.2015 anhand der Vorschriften des Rettungsassistentengesetzes (RettAssG) ausgebildet worden, war eine solche Möglichkeit tatsächlich vorgesehen und wurde vielfach auch genutzt, im neuen Notfallsanitätergesetz, ist diese Möglichkeit wie bereits erwähnt nicht mehr vorgesehen, sodass auch Rettungssanitäter, die über eine langjährige Berufserfahrung im Rettungsdienst bzw. in der Notfallrettung verfügen, die volle dreijährige Berufsausbildung zum Notfallsanitäter absolvieren müssen, um Notfallsanitäter zu werden. Auch an den gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen, ändert eine vorherige Qualifizierung zum Rettungssanitäter, egal ob mit oder ohne anschließender Berufserfahrung im Rettungsdienst nicht's, Zugangsvoraussetzung ist und bleibt ein Realschulabschluss oder eine gleichwertige Schulbildung (Hauptschulabschluss plus eine abgeschlossene Berufsausbildung von mindestens zwei Jahren Dauer). Aber auch die, die die formellen Zugangsvoraussetzungen haben, machen in aller Regel zunächst die Qualifizierung zum Rettungssanitäter und sind als solche ein- bis zwei Jahre im Rettungsdienst tätig, ein direkter Einstieg in die Ausbildung zum Notfallsanitäter, dass entspricht einfach nicht der gängigen Praxis.

Viele sagen, dass der Rettungssanitäter nur die "Taschen" vom Notfallsanitäter trägt: Nun, diese Aussage, dass man als Rettungssanitäter nur die "Taschen" des Notfallsanitäters trägt, ist DEFINITIV weit übertrieben. Man hat als Rettungssanitäter zwar nicht die Fachkompetenz, Notfallpatientinnen und Notfallpatienten in Eigenverantwortung vollständig notfallmedizinisch erstzuversorgen aber man macht dennoch weitaus mehr, als nur die "Taschen" des NotSan's zu tragen. Notfallmedizin ist etwas, dass nur im Team funktionieren kann, auch ein noch so gut ausgebildeter Notfallsanitäter, braucht zwingendermaßen eine zweite qualifizierte Person (Rettungssanitäter/in) als Unterstützung, um Notfallpatient/innen effektiv behandeln zu können, Teamarbeit ist das oberste Gebot bei der notfallmedizinischen Erstversorgung. Ein Rettungssanitäter erhebt die Vitalparameter des Patienten (Blutdruckmessung, Pulsoxymeter anschließen, Blutzuckermessung, EKG schreiben) und hilft bei allen erweiterten notfallmedizinischen Maßnahmen mit, er ist für die Vorbereitung und die Assistenz bei diesen Maßnahmen zuständig, er muss insbesondere peripher- venöse Zugänge vorbereiten, Notfallmedikamente in Spritzen aufziehen, andere Arten der Verabreichung von Notfallmedikamenten vorbereiten können, Basismaßnahmen der Reanimation selbstständig beherrschen und im Rahmen der Assistenz die erweiterten Maßnahmen der Reanimation kennen und dabei assistieren können und dergleichen. Auch eigenständig, muss man schon relativ viele Maßnahmen beherrschen (zum Beispiel die Absaugung des Mund-/Rachen- Raumes, Anwendung von Rachentuben und von supraglottischen Atemweghilfen [Larynxtubus und/oder Larynxmaske], die Sauerstoffgabe, Beatmung mit einem Beatmungsbeutel, Blutstillungsmaßnahmen, Lagerungsarten, notfallmedizinische Untersuchungsschemata kennen und zur Anwendung bringen können).

Für diesen kurzen Ausbildungszeitraum, trägt man also im Anschluss an die Qualifizierung bereits eine große Verantwortung für die Patientinnen und Patienten!, deswegen, ist der Lernaufwand während der Qualifizierung auch als (sehr) hoch zu bewerten, der zu absolvierende Lehrstoff, nimmt immer weiter zu, bei wohlgemerkt gleichbleibender Ausbildungsdauer. Die aktuelle Auflage des bei der Qualifizierung meist verwendeten Lehrbuches, hat zum Beispiel einen Umfang von 650 Seiten und das bei einer reinen "Theoriedauer" von gerade einmal 160 Stunden Rettungssanitäter- Grundlehrgang!.

Hat man als Rettungssanitäter ein Staatsexamen?!: Nicht in jedem Bundesland. Die Ausbildung zum Rettungssanitäter, erfolgt anhand der "Grundsätze zur Ausbildung des Personals im Rettungsdienst". Nur wenn das jeweilige Bundesland, in dem man seine Ausbildung absolviert, diese Ausbildungsgrundsätze in Form eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung aufgrund einer Ermächtigung in einem Landesgesetz gesetzlich verankert hat, absolviert man eine staatliche Prüfung. Wenn es kein Landesgesetz und keine Rechtsverordnung gibt, dann bestimmt jede Ausbildungsstätte (Rettungsdienstschule) für Rettungssanitäter über die Prüfung, allerdings, machen die Grundsätze Vorgaben an die zeitliche Dauer der jeweiligen Prüfungsteile.

Ja, man kann sich nach dem erfolgreichem Abschluss der Qualifizierung regulär auf Vollzeit- und auf Teilzeitstellen für Rettungssanitäter/innen bewerben.

Mfg.

PS: ich bin Rettungssanitäter.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Rollerfreake  24.10.2020, 08:58

Ergänzung: für die Ausbildung zum Rettungssanitäter, gilt in NRW die "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter". Es gibt also eine dementsprechende Rechtsverordnung des Landes, demnach also auch eine staatliche Prüfung. Schaue dir mal die Anlage 1 der Verordnung an, den Lernzielkatalog, der auf den "Grundsätzen zur Ausbildung des Personals im Rettungsdienst (Rettungssanitäter/in)" des Bund- Länder- Ausschusses Rettungswesen vom 20. September 1977 basiert, du wirst staunen :-), was man in so kurzer Zeit Alles lernen muss!. Mfg.

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Nein, du hast kein Staatsexamen, kannst dich jedoch ganz normal auf eine Vollzeitstelle bewerben.

Natürlich kommt es etwas auf den Ort an, in dem man tätig ist, Rettungsdienste sind doch teilweise sehr unterschiedlich.

Jedoch ist es bei mir im Gebiet so, dass einem auch als Rettungssanitäter viel anvertraut wird, denn Rettungsdienst ist auch Teamarbeit, so ist es meiner Erfahrung nach gar nicht so, dass man nur Taschen trägt oder sonstiges, man arbeitet gemeinsam im Team und teilt sich die Aufgaben auf, nur trägt der Notfallsanitäter eben die Durchführungsverantwortung.

Bei mir ist es auch beispielsweise so, dass es ein fortgeschrittenes NKTW-System gibt, sodass man auch mit dem KTW (2 Rettungssanitäter) Notfälle selbstständig abarbeitet. Hier wird einem sehr viel anvertraut und man kann mittels sog. Callback einen Arzt anrufen, der einem per Telefon oder zugeschaltetem Tablet weiterhilft.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Rollerfreake  24.10.2020, 08:22

Der NotSan trägt die Anordnungsverantwortung, die Ausführungs-/Durchführungsverantwortung für Maßnahmen die man selber ausführt, hat man immer selber inne, egal ob die Maßnahme zuvor delegiert worden ist oder ob man komplett aus eigener Entscheidung heraus handelt.

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