Arbeitsleben in Japan?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es ist unmöglich, in einer einzigen Antwort alle Aspekte des Lebens (und Arbeitens) als Nicht-Japaner in Japan zu erläutern. Meine erste Rückfrage ist, warst du schon einmal in Japan, für sagen wir länger als 6 Monate? Deine einzelnen Fragen wie zum Beispiel nach der Miete hören sich nämlich ein bisschen so an, als würdest du es mit dem Umziehen in eine andere Stadt innerhalb Deutschlands vergleichen; in Japan lebt es sich aber gänzlich anders, und alleine solche „banalen“ Dinge wie z. B. dass es nicht an jeder Straßenecke (deutsches) Brot zu kaufen gibt, oder dass es statt Heizungen Klimaanlagen gibt, oder dass die Beschallung (nennen wir es Lärmbelästigung) im öffentlichen und privaten Raum höher ist, oder dass die Luftfeuchtigkeit höher ist als in Deutschland, haben schon viele überfordert, sodass sie nicht einmal dauerhaft hier leben konnten - geschweige denn arbeiten, was nochmal eine ganz andere Sache ist. Verstehe mich nicht falsch, ich lebe gerne in Japan und viele andere tun das auch, aber es ist nicht jedermanns Sache für die Dauer (selbst bei vielen, die Japan als Reiseland mögen), und bevor du dir über die „komplizierteren“ Dinge Gedanken machst, solltest du dir erstmal sicher sein, dass Japan überhaupt, grundsätzlich, „dein Ding“ ist.

Was das Angenommenwerden betrifft: Pauschal kann man sagen, man bleibt immer „der Ausländer“, egal wie gut man sich integriert, wie gut man die Landessprache spricht etc. Allerdings ist mir zumindest noch nicht „offene Diskriminierung“ widerfahren, also dass z. B. ein Kunde gesagt hätte, er will sich nicht von mir bedienen lassen oder ähnliches. Allerdings bin ich eben auch schon gut vertraut mit den Gepflogenheiten im täglichen Miteinander. Leute, deren Kenntnis über Japan sich auf das Allgemeinplätzchen „Japaner sind immer höflich“ beschränkt, werden sich sicherlich häufig in Situationen wiederfinden, in denen sie schlicht nicht verstehen, warum gerade irgendetwas so geschieht, oder warum diese und jene Person jetzt so reagiert. Dieses Unwissen (auf Seiten der Nicht-Japaner!) ist häufiger ein Grund, weshalb es zum Kommunikationsstillstand kommt, als Ablehnung gegenüber Ausländern durch Japaner...

Was die Mieten betrifft: Man kann recht günstig wohnen, wenn man gewisse Nachteile in Kauf zu nehmen bereit ist. Ich z. B. lebe in fußläufiger Nähe eines Szenebezirks für ca. 250 Euro im Monat, warum? Weil ich nur ein Schlafzimmer gemietet habe, weil ich zum Beispiel keine Küche brauche (Mo-Fr bin ich nur zum Schlafen zu Hause und am Wochenende esse ich eh auswärts). Andere Leute wollen auf die Küche halt nicht verzichten, nehmen dafür aber in Kauf, nicht in der Innenstadt, sondern im Umland zu wohnen. Eine vollausgestattete, geräumige Wohnung in Shinjuku ist für Normalsterbliche unbezahlbar, das stimmt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Japanisch in der VHS, an der Oberschule, an der Uni,...
animefaneditsx 
Fragesteller
 04.05.2019, 12:36

Erst mal Dankeschön, dass endlich jemand mir genauere Informationen übermittelt. Ja, ich war leider noch nie in Japan, da es schlicht weg zu teuer noch für mich ist, ich aber daraufhin spare. Das mit dem Umzug wusste ich ebenfalls nicht und bedanke mich. Wie ich hier lese lebst du allen Anschein nach in Japan und arbeitest dort. Ich bin sehr beeindruckt. Wie ist es dort? Das mit der Wohnung die keine Küche besitzt ist an sich kein Problem für mich, dennoch verstehe ich nicht ganz wie du auswärts immer essen kannst. Wird das nicht nach einiger Zeit teuer oder was genau tust du? Gibst du dich auf Dauer mit einem Brot am Abend zufrieden? Ich habe noch viel Zeit mir alles noch einmal zu überlegen oder gar um zu entscheiden. Ich wollte nicht, dass es so klingt, als würde ich mir alles sehr einfach vorstellen, aber ich bin einfach über das Verhältnis dort drüben nicht gut genug aufgeklärt. Ich würde mich freuen, wenn du mir mehr Antworten wie Wissen übermittelst.

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warai87  05.05.2019, 00:35
@animefaneditsx

Ich kam das erste Mal vor 15 Jahren nach Japan, damals für ein Schüleraustauschjahr, deshalb war ich an das Leben in Japan schon gewöhnt (und deshalb kann ich gut und gerne komplett auf Brot verzichten ;) ). Und dennoch musste ich noch einiges an Anpassungsfähigkeit an den Tag legen und auch die eine oder andere bittere Pille schlucken, als ich 2015 in einem Praktikum zum ersten Mal japanische Arbeitsluft schnupperte. Damit will ich verdeutlichen: So unterschiedliche Paar Schuhe sind sogar Leben und Arbeiten in Japan (von Reisen gar nicht zu sprechen). Ich bin 2017 den Deal eingegangen, die Unannehmlichkeiten des Arbeitslebens in Kauf zu nehmen, um dafür jedes Wochenende die meiner Meinung nach vielen guten Seiten Japans zu genießen, und habe es nicht bereut. Ich sage deshalb den Leuten immer, wenn es ihr Traum ist, sollen sie es versuchen und sich von kleineren Hindernissen nicht abschrecken lassen. Es hat schon einige Leute gegeben, die ohne großartige Japan-Erfahrung im Erwachsenenalter nach Japan gekommen sind und sich zurechtgefunden haben :) Nur, man sollte sich eben auch der anderen Seite der Realität bewusst sein, dass nämlich sogar einige Leute, die Japanologie studiert haben, also theoretisch das Land sehr gut kennen, auf Dauer von der Andersartigkeit überfordert sind, und entweder die ganze Zeit über das Land schimpfen, oder es (sinnvollerweise) verlassen. Ich sage immer: Anpassungsfähigkeit und Leidenschaft gehen vor theoretischem Wissen.

Auswärts essen ist in Japan mitunter günstiger als selbst kochen (und in meinem Fall schmeckt es auch besser^^).

Wie alt bist du denn? Es gibt bestimmt andere Möglichkeiten, das Land erstmal unverbindlich (aber trotzdem authentisch) kennenzulernen, als gleich komplett mit Sack und Pack umzusiedeln.

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animefaneditsx 
Fragesteller
 05.05.2019, 12:03
@warai87

Nochmal danke für deine umfangreiche Antwort, mich interessiert noch vieles. Vielleicht kannst du mich ein wenig aus der Ferne unterstützen. Ich bin 15 Jahre alt und besuche ab August eine VHS in der ich die japanische Sprache erlernen möchte. Du erwähntest ein Schüleraustauschjahr, an wen genau hast du dich da gewendet? Schule? Arbeitsamt? Konsulat? Wie kann ich ein Praktikum anstreben in einem Unternehmen in Japan, da ich so noch keine Kontakte bezüglich Japan besitze. Kannst du mir dabei helfen? Wie lief es bei diesem sogenannten Schüleraustausch den ab? War die Familie nett und hart es dir dort Spaß gemacht? Wie gut konntest du da schon Japanisch? Wie alt warst du zu diesem Zeitpunkt wenn ich fragen darf? Bist du zu eine japanische Schule gegangen? Zu dieser Zeit als du den Schüleraustausch angetreten hast, hast du bei der Familie gelebt, nicht wahr? Ich freue mich sehr wenn ich wieder von dir höre. Entschuldige die vielen Fragen, aber hier weiß ich nicht an wen ich mich wenden könnte. Mein größter Wunsch ist es, in den nächsten Jahren in Japan zu arbeiten und zu leben. Danke nochmal :3

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warai87  05.05.2019, 14:32
@animefaneditsx
Ich bin 15 Jahre alt

Ach soooooo, sag das doch gleich ;))) In diesem Fall empfehle ich natürlich sofort erstmal ein Austauschjahr! Ich hatte übrigens auch mit einem VHS-Kurs angefangen, vor meinem Austausch, und kam da bis A1.4. Im Dezember vor meiner Abreise bestand ich den JLPT 4, falls dir das etwas sagt, allerdings wurden seitdem die Level geändert und heute wäre das gleichbedeutend mit JLPT N5. Nach dem Austausch bestand ich JLPT 2, auch heute ungefähr vergleichbar mit N2.

Also für Schüleraustausch gibt es Organisationen, davon ich grundsätzlich immer zwei empfehle, nämlich AFS und YFU. Diese bieten Japan in der Winter- und in der Sommerabreise an, für ein halbes Jahr oder ein ganzes. Ohne jetzt näher auf die Gründe eingehen zu wollen: ich empfehle auf jeden Fall ein ganzes Jahr, und finde Winterabreise besser. Bei den Organisationen bewirbt man sich (Mindestalter ist 15, Höchstalter 18), wird dann hoffentlich angenommen für das Land seiner Wünsche, und danach kann man sich noch auf ein Stipendium bewerben, denn die wenigsten Leute können sich den „Listenpreis“ leisten. So ein Austauschjahr ist heutzutage auch Auslands-Bafög-förderungsfähig (war bei mir noch nicht so). Wenn die Finanzierung geklärt ist, wird einem eine Gastfamilie zugeteilt (man hat allerdings keinen Einfluss darauf, in welche Region Japans man kommt) und zum Schluss wird dann eben noch das Visum beantragt, und man muss noch ärztliche Untersuchungen und Impfungen machen (bei allem unterstützt die Organisation). Im Austausch selbst lebt man bei der Gastfamilie, und geht ganz normal zur Schule. In meinem Fall war die Gastfamilienplatzierung ein Volltreffer. Meine Gastmutter ist eine der wichtigsten Personen in meinem Leben geworden und ich fahre meine Familie noch heute immer mal wieder besuchen; umgekehrt haben wir aber auch schon zusammen Urlaub in Europa gemacht ;) Also falls du dich genauer dafür interessierst, empfehle ich dir, dir zuallerallererst die Informationen und vor allem die Erfahrungsberichte auf den Webseiten von AFS und YFU durchzulesen. Übrigens tummeln sich hier auf GF auch einige Leute, die entweder gerade aus ihrem Austausch wiedergekommen sind, oder kurz davor stehen, zu fahren ;) Wenn du nach Austauschjahr und Japan suchst, wirst du bestimmt fündig.

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animefaneditsx 
Fragesteller
 05.05.2019, 15:07
@warai87

Vielen lieben Dank, du hast mir sehr geholfen. Ich werde zu erst mal auf die Webseiten von AFS und YFU gehen und mich schlau machen. Auch kommt für mich ein Schüleraustausch in Frage. Mein Ziel ist es, nächstes Jahr im August den Austausch zu absolvieren. Da du gute Erfahrungen mit deiner Gastfamilie gemacht hast, könntest du mir sagen über welche Organisationen du alles organisiert hast? Wie lebt es sich in einer Gastfamilie? Danke, ich melde mich sobald ich weitere Frage bezüglich Japan habe. LG, :3

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warai87  06.05.2019, 01:38
@animefaneditsx

Ich war mit AFS. Allerdings ist die Frage, wie gut man mit der Gastfamilie kann, unabhängig von der Organisation. Sowohl AFS als auch YFU, und im Fall von Japan auch die sonstigen Organisationen, wählen die Gastfamilien gewissenhaft aus. Dass es manchmal trotzdem zu Gastfamilienwechseln kommt, liegt zum einen daran, dass die Chemie manchmal einfach nicht passt, und zum anderen, das muss ich leider sagen, mangelt es manchen Austauschschülern auch einfach an Anpassungsfähigkeit (womit ich wieder bei meinem Eingangsbeitrag bin...).

In einer Gastfamilie lebt es sich eigentlich so wie in einer normalen Familie auch ^^ Die Besonderheit bei Schüleraustausch in Japan ist, dass man a) sehr viel Zeit in der Schule verbringt und b) berufstätige Gasteltern abends recht spät nach Hause kommen, weshalb die Zeit, die man mit der Gastfamilie verbringt, vielleicht etwas weniger ist als in anderen Ländern. Wenn die Familie aber zusammen ist, ist das Familienleben oft intensiver als in anderen Ländern. Gerade von USA-Austauschlern habe ich schon häufig gehört, dass man so aneinander vorbei gelebt hat, das ist in Japan ziemlich unwahrscheinlich. Gemeinsames Essen, gemeinsame Ausflüge und Kommunikation spielen eine wichtige Rolle im japanischen Familienleben (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel). Weniger eine Rolle spielen dagegen Ausdrücke von Gefühlen. Während in europäischen oder allgemein „westlichen“ Familien z. B. Umarmungen normal sind, sind die in Japan ausgesprochen unüblich. Aber auch hier gibt es Ausnahmen.

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animefaneditsx 
Fragesteller
 06.05.2019, 16:20
@warai87

Dankeschön, am nächsten Mittwoch bin ich auf einen Informationsabend von der AFS und ich freue mich schon sehr darauf. Zum zweiten, habe ich heute den Kontakt für den Austausch nach Japan aufgenommen. Vielen Dank für deine Hilfe, ohne dich wäre ich nicht so weit gekommen. Ich kann dir nicht genug danken :3

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Hallo animefaneditsx,

Als jemand, der selbst in Japan lebt, kann ich Dir sagen, dass du von warai87 bereits eine sehr gute Antwort bekommen hast. Wie dort bereits steht, es ist nicht moeglich alle Aspekte und Facetten des Lebens als Auslaender in Japan in eine Antwort zu packen. Dafuer ist das Thema zu breit.

Zuerst einmal: Japan ist kein Land, in das man einfach so auswandert weil man dort leben will. Dabei scheitert es seltener am Visum als an den falschen Vorstellungen die ein potentieller Auswanderer vom Land, Leute und dem Leben dort hat. Dazu kommt, dass die Sprache nicht einfach zu erlernen ist. Diese ist aber unabdingbar ist, um hier einigermassen einen Lebensstandard zu fuehren bzw. sich zu isolieren.

Das gesagt, Deutsche, sowie viele Personen aus anderen Nationen ebenfalls, werden gut in der Gesellschaft "angenommen". Das haengt aber auch immer von dem Immigrant an - es sind immer beide Seiten an der Integration beteiligt. Jedoch, wie warai87 schreibt, bleibt man am Ende auch immer "der Auslaender". Als Auslaender, der die Regeln in Japan versteht und anwendet, wird man respektiert und man kann sich sogar in manchen Situationen gluecklich finden, manche dieser Regeln nicht befolgen zu muessen... man "ist ja nur der Auslaender". Andererseits kann es auch passieren, dass man daher von vorherein von Dingen ausgeschlossen wird, zB mit den Worten: "Du bist kein Japaner. Du verstehst das nicht."

Wenn Deine fachliche Ausbildung und Deine Sprachfaehigkeiten in Japanisch Dir einen guten Job bescheren, wirst du genug Geld fuer eine Wohnung auch mit Kueche in Tokyo finden. Allerdings, vergisst man auch schnell, dass man fuer das selbe Geld wohl etwas besseres in Deutschland bekommen wuerde. Ich wohne selbst relativ in der Innenstadt und meine Wohnung ist relativ (=fuer japanische Verhaeltnisse) gross. Das was ich dafuer aber Zahle bekomme ich wohl das doppelte an Wohnflaeche in einer Deutschen Stadt.

Im Grossen und Ganzen, auch wenn mich zeitweise Japan und das Leben hier doch auch nervt, bin ich sehr gerne hier. Wenn man sich damit abfindet, dass manche Kleinigkeiten aus dem deutschen Alltag nicht vorhanden sind bzw anders gemacht werden (muessen), dann kann man sich gut arrangieren.

Gruesse aus Tokyo,
Johannes

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Auswandern nach Japan zum Zwecke der Arbeit ist sehr schwer da nicht erwünscht. Und wenn, dann kannst du 37,5 Stunden Woche vergessen. Such dir eine europäische Firma mit Zweigstellen in Japan. Ist einfacher. Und Tokyo ist Wohnraum unbezahlbar

perfekt japanisch lernen,dann ein paarmal urlaub machen und erst dann entscheiden ob es taugt

Vielleicht noch alles zu früh. Du solltest das Land durch Reisen kennenlernen um besser urteilen zu können.