Angst vor dem Schreiben
Liebe Gemeinschaft, liebe Journalisten, liebe Schreiber,
manchmal sitze ich stundenlang am ersten Satz, möchte unbedingt mit meinen Anfangszeilen den Leser fesseln, während neben mir die Uhr tickt und der Redaktionsschluss näher rückt. Je länger ich brauche, desto nervöser werde ich, und meine eigentliche große Leidenschaft "das Schreiben" gerät zum Alptraum.
Wenn ich allerdings keinen Druck spüre und viel Zeit habe, merke ich gar nicht, wie die Stunden vergehen. Dann kann das Schreiben enorm viel Spaß machen und das Feedback ist in der Regel auch sehr gut. Sitzen mir allerdings Abgabetermine im Nacken, wird alles zu einem riesengroßen Krampf und ich plage mich mit oben geschilderten Momenten.
Ich muss dazu sagen, dass ich noch nicht lange im Geschäft bin, mich sogar noch im Studium befinde und meine oben geschilderten Erfahrungen "nur" während Praktika oder innerhalb freier Mitarbeiten gemacht habe.
Ich bin noch recht jung, stecke mitten im Studium und habe diese Erfahrungen während Praktika oder freien Mitarbeiten erlebt. Klar, ich könnte mir einreden, dass ich eben noch Anfänger bin und man ein Handwerk nicht innerhalb weniger Wochen erlernt, dennoch bin ich so eingeschüchtert, dass ich mir schon überlegt habe, die Finger vom Print-Journalismus zu lassen. Denn Druck im Journalismus wird es wahrscheinlich immer geben. Manche mag das in ihrer Schaffenskraft bestärken, doch meine Kreativität leidet darunter. Ich nehme an, mich plagt ein wirklich negativer Perfektionismus.
Solche Gedanken verstärken sich, wenn ich große Tages- bzw. Wochenzeitungen aufschlage und so enorm eindrucksvolle seitenlange Texte durchlese. Dann denke ich mir manchmal: Diese Leute haben das an einem, oder zwei Tagen heruntergeschrieben - so etwas schaffst Du nie.
Nun zu meiner Frage:
Kommen Euch meine Schilderungen bekannt vor? Und wenn ja, wie geht ihr mit solchen Tiefpunkten um, und wie kommt Ihr aus Ihnen heraus? Wie war das bei Euch am Anfang? Und könnt Ihr mir vielleicht Tipps geben?
Vielen Dank, Friedhelm
6 Antworten
;-) Kennen wir alle.
manchmal sitze ich stundenlang am ersten Satz
Dann fang mit dem zweiten an.
Das meine ich ernst. Fällt dir kein guter Einstieg ein, fang schon mal mit dem Mittelteil an. Oder dem Schluss. Oder dem Infokasten. Du musst in dem Beruf nicht kreativ sein, du musst die Zeitung "vollmachen". Darum rate ich Leuten, die "das Schreiben lieben" immer vom Journalismus ab.
Wenn du mit einem zweiten Satz anfängst, lichtet sich der Wust an Informationen, die du bekommen hast und meist kristallisiert sich ganz schnell auch ein Anfang heraus.
Meine Geschichten haben oft eine Klammer, das heißt, das Ende greift das Thema des Einstiegs noch einmal auf. Dazwischen setze ich die Informationen, die wichtig sind. Manchmal geht das nicht, dann wird die Geschichte linear. Dann überleg dir vorher, wo du startest und wo du hinschreibst. Mach dir im Kopf eine grobe Skizze des Textes.
Zu diesen ellenlangen Bleiwüsten beispielsweise in der Zeit kann ich dir von einem Freund, der dort arbeitet, berichten, dass sie wesentlich mehr Zeit zur Verfügung haben. Selten ist wirklich etwas tagesaktuell. Dann haben diese Leute natürlich einfach Übung mit dem Format. Dafür wird ihnen eine kurze Meldung schwer fallen.
Für meine erste Meldung habe ich eine Dreiviertelstunde gebraucht, weil ich mich partout nicht für eine Formulierung entscheiden konnte. Heute schreibe ich sowas in fünf Minuten, koche zwischendurch noch Kaffee und schmier meiner Tochter ein Butterbrot.
Ganz wichtig: Nur einmal auf die Uhr gucken, am Anfang. Sonst machst du dich komplett verrückt. ;-)
Ich kenne dieses Gefühl: es ist die "Angst vor der weißen Seite" Meine Vorredner haben schon genug brauchbare Tipps gegeben, aber es gibt auch eine ernstzunehmende Schreibblockade.
Diese kann man über Übungen abbauen, um wieder "ins" Schreiben "hinein" zu kommen.
Dafür empfehle ich dir das Buch "Von der Kunst des Schreibens" Autorin Julia Cameron. Hier gibt es in jedem Kapitel hilfreiche, ganz einfache Schreibübungen, die einem helfen, die Kreativität die in einem steckt und die von der weißen Seite blockiert wird, herauszulocken.
Dieses Buch war und ist für mich sehr wertvoll. Guck mal bei booklooker.de man muß ja nicht alles neu kaufen.
..diese leute haben das nicht nur in 1-2 tagen runtergeschieben -sondern meist in 2-3 stunden..
hierbei macht uebung den meister! ich habe eine weile in einer zeitungsredaktion geschrieben(das ist schon jahrelang her)...da bekam ich oft am tag der abgabe einen anruf...wir brauchen noch einen artikel zum thema xy..so und soviel spalten/so uns soviel zeilen... ...am anfang musste ich immer viel kuerzen, aber heute habe ich es immer noch drauf kurz und knapp und trotzdem anschaulich und spannend zu schreiben...
wenn dir zeitungsjournalismus zu stressig ist -dann versuche literatur etc.. aber ich weiss, dass da auch druck herrscht und einige autoren an schreibblockaden leiden.
also ich habe die erfahrung gemacht, dass es nach und nach immer leichter von der hand geht..uebe erst halt an angeblichen einfachen minartikeln(ob die sitzung des kaninchensvereins oder die letzte abiturfeier beim gymansium xy...und dann spaeter kannst du auch flott einen leitartikel schreiben
wenn es dir nicht liegt, dann musst du dich halt anders orientieren!
schreib einfach drauf los, ohne Dinge die dich ablenken, wie Uhren, oder elektronische Medien, denk einfach nicht an den Abgabe Tag, und versuche nicht irgendjemanden mit deinem Text zu beeindrucken, du kannst später schließlich immer noch deinen Text verändern, er muss nicht von Anfang an richtig sein.
FriePa: "Solche Gedanken verstärken sich, wenn ich große Tages- bzw. Wochenzeitungen aufschlage und so enorm eindrucksvolle seitenlange Texte durchlese. Dann denke ich mir manchmal: Diese Leute haben das an einem, oder zwei Tagen heruntergeschrieben"
Inicio: "..diese leute haben das nicht nur in 1-2 tagen runtergeschieben -sondern meist in 2-3 stunden.."
Nee, haben sie nicht. Sie haben manchmal Wochen daran geschrieben. Außerdem, vergiss nicht: Zum Schreiben gehört auch eine fundierte Recherche, schon die kann eine Menge Zeit kosten.
Runterschreiben kann man nur Texte wie "Gemeineratssitzung: SPD greift CDU an" oder "KIndergarteneröffnung: Schwester Berthilde begrüßt dueie neuen Kleinen und ihre Eltern".
Nee, haben sie nicht. Sie haben manchmal Wochen daran geschrieben.
Genau so ist es.
Ich schenk Dir ein -d. ;-)