Angeblich gibt es den einen, besten, härtesten Messerstahl, der nicht stumpf wird. Wie heisst dieser Stahl, wer stellt ihn her, und was macht ihn so besonders?

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Angeblich gibt es den einen, besten, härtesten Messerstahl, der nicht stumpf wird. 

"Nie stumpf" ist ein Märchen, jeder Stahl wird irgendwann stumpf, die Frage ist nur, wie lange es dauert.

CPM s110v wurde schon genannt, aber auch CPM s90v ist da schon sehr gut.

Sehr "laienhaft" ausgedrückt:

Das Besondere daran ist das Herstellungsverfahren. Beim herkömmlichen Herstellungsverfahren (Einschmelzen des Eisens und hinzufügen des Kohlenstoffes und anderer Legierungselemente), da kommt es ab bestimmten Konzentrationen zu "Klumpenbildung" in der Schmelze. Die anderen Elemente verteilen sich nicht komplett fein und gleichmäßig im Eisen sondern verbinden sich mit einander zu kleinen Tröpfchen, die dann im Stahl enthalten sind.

Bei den pulvermetallurgischen Stählen werden das Eisen so wie die zusätzlichen Elemente als extrem fein gemahlenes Pulver sehr gleichmäßig mit einander vermischt und unter Hitze und extremem Druck mit einander verbunden. Dadurch können die Legierungselemente nicht frei im Material "herumschwimmen" (wie in der Schmelze) und Tröpfchen bzw. "Klumpen" bilden. Damit ist es möglich dem Eisen sehr hohe Mengen an Kohlenstoff und anderen Elementen beizumischen (die den Stahl härter und schnitthaltiger machen), aber trotzdem eine feine und gleichmäßige Verteilung im Stahl zu erreichen.

Es gab in der "Wild und Hund" (einer Jagdzeitschrift) mal einen Vergleich. Da wurde getestet, wie viele Wildschweine man mit einem Messer aufbrechen (also öffnen und ausnehmen) kann bis das Messer stumpf ist. Wildschwein ist schon ziemlich "heftig", da die Schwarte dick ist und voller Sand, der die Messer auch schnell stumpf werden lässt.

  • Da haben die "normalen, traditionellen" Messerstähle wie sie gerne in Solingen für Jagdmesser verwendet wurden (vergleichbar mit dem Stahl der Schweizer Taschenmesser) 1 Wildschwein geschafft.
  • Etwas bessere Stähle wie 440c kamen auf 5 Schweine.
  • Der sehr zähe und auch schon vergleichsweise schwer mit der Hand zu schärfende D2 Werkzeugstahl kam immerhin auf 7 Schweine.
  • Und der CPM s90v kam auf ca. 30-35 Wildschweine, bevor er wieder nachgeschärft werden musste.

Es gibt auch noch die Firma "Rockstead" aus Japan (siehe hier), die benutzen unter anderem den japanischen Stahl ZDP-189 und härten den hoch bis weit über 60 HRc. Die sind quasi fast nicht stumpf zu bekommen, aber sie sind auch nicht bezahlbar (800 Euro und aufwärts) und als Privatmensch ohne entsprechende Ausrüstung quasi nicht wieder scharf zu bekommen, wenn es doch einmal nötig sein sollte.

Die Firma Spyderco hat ab und zu Messer mit solchen Stählen wie S90v oder S110v (also Sonderserien, so genannte "Sprint Runs"), die sind aber ziemlich teuer. 200 Euro und mehr für ein Taschenmesser aus so einem Stahl ist da normal.

Aber es gibt einen deutschen Messermacher, der Messer aus S90v für Outdoor-Enthusiasten und Jäger anbietet, zu einem vergleichsweise moderaten Preis:

https://www.mueller-messer-shop.de

VortexDani  16.11.2019, 14:31

wie konnte ich nur Rockstead vergessen :D

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Meinst du Schnitthaltigkeit (edge retention)? Da käme z.B. der pulvermetallurgische CPM-S110V von Crucible Industries (Solvay, New York) ganz oben. Aber der ist wirklich schwer zu verarbeiten und zu schleifen, dazu teuer. Was für Profis und wenn man genau weiß, wofür man den braucht.

Es gibt genügend Alternativen, die ausgeglichener und einfacher in Verarbeitung, zu schärfen oder kostengünstiger sind.

scrolle auf der Seite nach unten zu den Diagrammen https://www.bladehq.com/cat--Best-Knife-Steel-Guide--3368

Das Problem ist, dass je härter der Stahl, desto niedriger Zähigkeit/höher Sprödigkeit (erhöhte Bruchgefahr bei bestimmten Belastungen) und desto niedriger die Schleifbarkeit.

Es hängt auch von der korrekten Wärmebehandlung (von Crucible und anderen spezialisierten Herstellern garantiert, aber falls selbst weiterverarbeitet nicht) und passender Geometrie ab. Die Feinkörnigkeit und Verteilung der Karbide spielen eine Rolle für die Zähigkeit und erreichbare Schärfe.

der nicht stumpf wird

ALLES wird mit genug Belastung stumpf. Bei korrektem Gebrauch und Pflege kann man mit einem derartigen Stahl allerdings länger effizient schneiden. Je nach Schneidgut und Technik (ob hackend, drückend oder eher ziehend, dem Profil folgend) gibt es optimale Konstellationen.

Die Härte der Karbide und des Grundgefüges des Stahls (nach Härten) sind maßgeblich, ebenso wie ein niedriger Schleifwinkel.

Es ist immer ein Kompromiss zwischen Erhöhung der Härte, Verschleißbeständigkeit (Widerstand gegen Abrasion), hoher Zähigkeit und bestimmten Festigkeiten.

Wenn du Zeit und Lust für etwas genauere Betrachtung hast (hier nur bzgl. der Schnitthaltigkeit):

https://knifesteelnerds.com/2018/11/19/steel-edge-retention/

https://knifesteelnerds.com/2018/11/26/steel-edge-retention2/

Je härter der Carbidtyp ist, desto stärker ist der Beitrag zur Schnitthaltigkeit, desto weniger Carbidvolumen erforderlich. Eine höhere Härte des Grundstahls selbst trägt ebenfalls zu einer besseren Schnitthaltigkeit bei. Wellenschliffe haben eine schlechtere anfangs-Schneidefähigkeit, halten diese jedoch auf Dauer länger.

Die Geometrie (Querschnitt entlang der Klinge, Form der Klinge und Radius der Schneide etc.) spielt eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Die Dimensionen (insb. die Länge) der Klinge bestimmen bei Anwendungen, welcher Stahl noch in Frage kommt um katastrophale Beschädigungen zu verhindern.

Auch ist mitunter wichtig inwieweit der Stahl korrosionsbeständig sein soll.

Rockerarms 
Fragesteller
 16.11.2019, 02:56

Dass die Härte die Schleifbarkeit so stark beeinträchtigen würde kann ich gar nicht bestätigen. Am Schlimmsten sind hier zähe Stähle wie nichtrostender Edelstahl

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VortexDani  16.11.2019, 03:31
@Rockerarms

Es kommt wohl im Einzelnen auf viele Faktoren an, die Härte (hier gibt es unterschiedliche Punkte, sowohl die der wichtigeren Carbide, nicht alle wirken gleich, sowohl wie homogen das Werkstück gewollt gehärtet oder ob absichtlich differentiell mit z.B. höherer entlang der Schneide) muss nicht immer mit Schleifbarkeit korrelieren aber es wird generell bei höherer schwerer. Konntest du viele der aufgelisteten Stähle (nach korrekter Wärmebehandlung) schon ausprobieren? Die Vergleichbarkeit ist mitunter nicht immer gegeben und das richtige Werkzeug, Schleifmittel und passende Geometrie mag die Arbeit stark vereinfachen.

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Waldmensch70  16.11.2019, 17:30
@Rockerarms

„Nichtrostender Edelstahl“ ist keine konkrete Stahlsorte. Diese Formulierung trifft auf „x“ verschiedene Stähle mit den unterschiedlichsten Eigenschaften zu.

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Hoax.

Unmöglich, alles hat eine sog. " Standzeit" ( Zeit vom schleifen bis zum nachschleifen)

Diese ist nicht nur vom Material, sondern auch vom Härtegrad abhängig.

Woher ich das weiß:Hobby

Danach suchen die Messerhersteller seit Ewigkeiten!
Wenn Du den gefunden hast, sage bitte Bescheid!

jedes Material wird bei Beanspruchung abgenutzt (stumpf).

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Da müsstest du dein Messer aus Wolframkarbid schmieden. Das wäre dann sehr lange scharf.

Jeder Stahl wird Mal stumpf. Auch die aus Damaststahl

VortexDani  16.11.2019, 02:49

Keramikmesser gibt es ja schon (ZrO2), wären aber genauso wie Wolframcarbid kein Stahl und im gegensatz zu WC kann man diese dünn ausarbeiten, ohne dass sie bei hohem Druck brechen: https://www.quora.com/How-good-is-a-tungsten-carbide-knife

Die private Herstellung für den Laien stelle ich mir bei beiden als schmerzhaft aufwändig vor...

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VortexDani  16.11.2019, 03:02

Damaszener Stahl, egal ob der historische mit Wootz Barren und Organik hergestellte oder der komplett unterschiedlich aufgebaute durch verschiedene Stähle gefaltete Schweißverbundstahl, (oder der nochmals unterschiedlich hergestellte Damasteel) haben keinerlei Vorteile in Sachen Schnitthaltigkeit ggü. modernen Stählen https://knifesteelnerds.com/2018/07/30/five-myths-about-damascus-steel/

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