Ab wann kann ein Embryo Schmerz empfinden?

4 Antworten

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Erst nach der 24 Woche, eher 26 weil die Großhirnrinde erst dann weit genug entwickelt ist.

Schmerzempfindungen sind nicht vor der 24. SSWoche möglich, da die Grosshirnrinde des Fötus in einem früheren Entwicklungsstadium noch nicht funktionsfähig ist. Für die Wahrnehmung oder das Bewusstsein von Schmerz muss die sensorische Information an den Thalamus und die Grosshirnrinde übertragen werden. Das ist frühestens ab der 24. Woche möglich. Das Fehlen von Verbindungen zum Kortex bedeutet, dass ein Schmerzempfinden vor 24 Wochen nicht möglich ist (Report of the Royal College of Obstetricians and Gynaecologists, London, 2010)

„Das Kleinhirn erreicht seine endgültige Form im 7. Monat. Die Umhüllung (Myelinisierung) des Rückenmarks und des Gehirns beginnt zwischen der 20. und 40. Schwangerschaftswoche. Diese und andere Entwicklungen des Nervensystems müssen stattgefunden haben, ehe der Foetus Schmerz empfinden kann“ (Erklärung der Vereinigung der amerikanischen Frauenärzte). „Vor der 26. Woche ist die Grosshirnrinde nicht funktionsfähig. Deshalb ist es auf jeden Fall unzutreffend, von einer «Wahrnehmung» oder einer «bewussten Reaktion» des Foetus zu sprechen“ (Maria Fitzgerald, Prof. für Neurobiologie, London)

(http://abtreibungs-mythen.info/mythen/myths-concerning-the-fetus/)

Die Entwicklung des Gehirns und des Nervensystems beginnen beim Embryo mit der 3. Schwangerschaftswoche.

Bis zum Ende der 8. Woche sind Gehirn und Rückenmark fast vollständig angelegt, es werden aber noch bis nach der Geburt immer mehr Nervenzellen gebildet.

Ab etwa der 20. SSW gibt es dann auch Schmerzrezeptoren.

Wirklich klar zwischen Schmerz und Berührung können sie dabei (nach Tests mit bereits geborenen Frühchen) erst zwischen der 35. und 37. Woche unterschieden, laut den Gehirnströmen. Was an Scmerz sie davor schon spüren war nicht klar, da die Gehirnströme nicht eindeutig und sehr "durcheinander" waren. 

Da die Entwicklung nicht wie ein Uhrwerk abläuft ist durchaus eine frühere oder spätere Entwicklung von Schmerzrezeptoren, also dem fühlen von Schmerz möglich.

Aus verständlichen Gründen gibt es zu dem Thema wenige Forschungsergebnisse. Studien die von nachweislichen Reaktionen auf Schmerz ab der 36. Woche berichten, dürfen nicht als Evidenz dafür angeführt werden, dass der Fötus vorher nichts empfindet. Ein großer Fehler häufig von "Laien" angewendet wird ist es, fehlende repräsentative epidemiologische Ergebnisse mit" gibt es nicht" gleichzusetzen. Vielmehr muss man an dieser Stelle klar sagen "wir wissen es einfach nicht", man spricht von der Abwesenheit von Nachweisen, die mit Forschungsfortschritt aber vielleicht eines Tages möglich wird. Ein passendes Beispiel: bis in die 80er! Jahre gab es keine eindeutigen Ergebnisse der Schmerzforschung bei Neugeborenen. Man ging davon aus, dass bei ihnen die Nervenzellen noch unzureichend entwickelt wären um Schmerzen zu empfinden. Als Folge wurden bei ihnen sogar chirurgische Eingriffe ohne Narkose durchgeführt! Heute hat die Schmerzforschung jedoch Erkenntnisse darüber, dass Neugeborene und auch Frühgeborene, sehr wohl Schmerz empfinden und dies auch zeigen können. Wir müssen also vorsichtig sein, ein so bedeutsames Thema wie Abtreibung für uns persönlich darauf zu begründen, dass wir noch über lückenhaftes Wissen über frühes Schmerzempfinden von Föten verfügen.

Was wir sicher von der Entwicklung des Fötus wissen ist: ab 8-10 Wochen nach der Zeugung reagiert es auf Berührungen, anfangs vor allem in der Mundregion, ab der 11. SSW lutschen viele Föten an ihrem Daumen, wie oft im Ultraschallbild zu sehen ist. Dies ist mehr als nur ein spontaner Reflex, es erfordert gezielte und koordinierte Bewegungen sowie ein gewisses "Positivempfinden des Erlebnisses". Nach 20 Wochen reagiert das Kind am ganzen Körper auf Stimuli in einer Weise, die allgemein als Zeichen von Schmerzempfinden angesehen werden (z.B. Zurückzucken, Ausweichen, Zittern).

 Nicht unerheblich sind zahlreiche, ähnliche Beobachtungen von medizischem Fachpersonal. Es wird von Ultraschall-Aufnahmen von Abtreibungen berichtet, bei denen auch schon junge Föten (vor 12.W) erregte, hektische Bewegungen bei Öffnung des Muttermundes vollziehen sollen oder "Fliehbewegungen" in die äußeren Winkel der Gebärmutter machen. Diese Beobachtungen finden sich nicht selten, sollten also nicht einfach übergangen werden. Zudem ist nachgewiesen, dass die Herfrequenz der Föten sich bei einer Abtreibung erheblich erhöht was auf Stress und nach dem Berner Schmerzscore (einem internationalen Prüfinstrument) auf Schmerzen hinweisen kann.

Es ist also davon auszugehen, dass Empfinden und Erregung durchaus vom Fötus empfunden wird. Fälschlicherweise wird auch des öfteren als Argument herangezogen, dass Föten keinen Schmerz empfänden, da Schmerzempfindung und Bewusstsein postnatal im Kortex (der Großhirnrinde) lokalisiert sei, dieser sei im 2. Trimester noch nicht ausgebildet, sodass Ungeborene zu diesen Empfindungen nicht fähig seien (siehe Royal College of Obstetricians and Gynaecologists 2010). Diese Argumentation ignoriert jedoch das klinische Faktum, dass die Ablation (Entfernung oder Beschädigung) der Hirnrinde (Kortex) wie auch des Thalamus (Teil des Zwischenhirns) das Schmerzempfinden des erwachsenen Menschen nicht ändert (siehe hierzu Studien von Neurophysiologen Professor K. J. S. Anand, Mitbegründer der Schmerzforschung bei Neugeborenen). Schmerzen werden also weiterhin empfunden, möglicherweise weil weitere neuronale Bereiche, die noch unzureichend erforscht sind, am Schmerzempfinden beteiligt sind. Diese können bereits weit früher entwickelt sein als der Kortex.

Zudem müssen Studien zu fehlendem Schmerzempfinden bei Föten, bei denen auch Gynäkologen mitgewirkt haben (wie in oben genannter) stehts auch kritisch betrachtet werden, da diese finanziell (und das nicht gerade unerheblich) von der Durchführung von Aborten profitieren. Eine Studie ist nicht gleich ein Fakt. Ergebnisse von Studien seien immer kritisch zu betrachten, ihre Ergebnisse auf Signifikanz zu überprüfen und die Motive und mögliche Befangenheit der Autoren zu hinterfragen.

Also ja es ist nicht auszuschließen, dass der Fötus Schmerzen empfindet. Bei den Abtreibungsmethoden, die sagen wir mal, nun doch sehr rabiat sind (Vakuumsaspiration /Ausschabung), ist eigentlich davon auszugehen, dass der Fötus, der bereits seit der 8. Woche Berührungen außerhalb der Gebärmutter wahrnimmt und darauf regiert, die Abtreibung sehr wohl spürt und entsprechende Empfindungen (in welchem Ausmaß ist eben nicht definierbar) empfindet.

Weitab der Forschung sind in diesem Kontext auch sehr interessant, die Berichte von Abtreibungsüberlebenden, die nicht nur von körperlichen sondern auch von seelischen Folgen durch die unerfolgreiche Abtreibung erleben. Die Prozedur scheint sich also auch im frühen Stadium nicht unerheblich auf das Bewusstsein auszuwirken.

Gegenfrage: Wenn ich jemanden vergifte, und er dabei stirbt aber keine Schmerzen hast, ist das dann auch ok?

Wesentlich sind nicht die Schmerzen, sondern dass bei einer Abtreibung ein Kind getötet wird.


Kokskeksx3  06.01.2018, 01:07

Die Gegenfrage hat nichts mit dem Thema zu tun. Wenn du einen Hirntoten Komaptienten vergiftest, dann ist das moralisch vollkommen legitim.

So auch bei einem Schwangerschaftsabbruch. Genauso wie das Schmerempfinden, gibt es nämlich lange kein Bewusstssein. Bis dato ist es auch kein Kind, sondern ein Zellhaufen, der vorbereitet wird, ein Kind zu werden.

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ferdinand12354  08.01.2018, 18:42
@Kokskeksx3

Dieser "Zellhaufen" wie du schreibst, entwickelt sich bereits, das heißt, es ist lebendig.

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Deamonia  19.01.2018, 11:12
@ferdinand12354

Na und? So lange er davon nichts merkt, ist das doch kein Problem.

Dein Beispiel oben hinkt, weil "Jemanden vergiften" da wird eine bereits existierende Persönlichkeit getötet, eine Person die bereits geboren ist, und Erfahrungen gesammelt hat, deren Hirn arbeitet. Der Fetus aber ist keine "Person". Es ist eine leere menschliche Hülle, die noch nichts von dem hat, was uns Menschen wirklich ausmacht. Er denkt nicht, er fühlt nicht, er spürt nicht, er nimmt nicht wahr.

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ferdinand12354  19.01.2018, 11:51
@Deamonia
Es ist eine leere menschliche Hülle, die noch nichts von dem hat, was uns Menschen wirklich ausmacht. Er denkt nicht, er fühlt nicht, er spürt nicht, er nimmt nicht wahr.

Diese "menschliche Hülle", wie du schreibst, wird niemals existieren, wenn man sie abtreibt. Also wird beim Abtreiben ein Menschenleben, das mal unter uns leben würde, gezielt zerstört. Sind wir dazu da, um über Leben und Tod anderer zu entscheiden? Das sollen wir Gott überlassen.

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Deamonia  22.01.2018, 09:51
@ferdinand12354

Sorry, aber ich bin Atheistin, daher ist "Gott" kein Argument für mich. Obwohl so gesehen Christen ja Abtreibung eigentlich befürworten sollten. Immerhin wird so eine Seele zu Gott geschickt bevor sie sündigen kann ;)

Kannst du eigentlich auch begründen, warum es schlimm sein soll, das ein paar Menschen weniger geboren werden, die niemals wissen werden, das sie nicht geboren wurden? Die nicht darunter leiden, weil sie niemals wissen werden das sie hätten existieren können?

Wäre ich abgetrieben worden, würde ich einfach nicht existieren, könnte also auch gar nichts dazu empfinden ;)  

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