Was ist Moschus?

Moschus (musk) ist ein komplexes Gemisch wachsartiger Substanzen und findet sich konzentriert im Pheromon des geweihlosen -- aber Hauer-bewehrten -- Zwerghirschen Moschus moschiferus des Himalaya Gebirges. „Während der SungDynastie (10. bis 13. Jahrhundert)”, so heißt es in einem Standardwerk über natürliche Moschusverbindungen (Mookherjee & Wilson 1982)*, „tauschten chinesische Kaufleute Seide, Brokat und Waffen gegen Moschus, das viel mehr als Gold geschätzt wurde.” Der Grund dieser Wertschätzung liegt nicht allein in der seit Jahrtausenden währenden Verwendung als universaler Duftstoff in luxuriösen Parfüms, sondern mehr noch in der Anwendung des Moschus durch die traditionelle
chinesische Medizin als Wirkstoff gegen Entzündungen, Depressionen und Schwächezustände. In geringeren Konzentrationen kommt Moschus in vielen anderen Tierarten vor, z.B. im Biber, Moschusochsen, Moschusratte, Zibetkatze, Krake, Vielfraß, im Speichel des brünstigen Ebers.

Vegetabilisches Moschus (MoschusB) kommt stets nur stark verdünnt in einigen Pflanzenarten vor, z.B. im Samenöl von Hibiscus abelmoschus**, im Wurzelöl von Angelica archangelica, im Galbanum-Harz; und auch im Bienenwachs, einem tierischen Produkt, wo es auftritt als ein Nebenprodukt der Hydroxyfettsäuren, welche die Bienenwaben mechanisch verstärken. Vegetabilisches Moschus besteht wie tierisches Moschus aus großen ringförmigen Molekülen (Makrozyklen), die aber statt der Ketogruppe eine Lactongruppe besitzen. Lactone werden leicht enzymatisch gespalten, wobei primäre und, im Fall des Bienenwachs-Moschus, sekundäre Hydroxyfettsäuren freigesetzt werden, die atmungsaktive Membranen stabilisieren. Aufgrund der engen strukturellen Verwandschaft können Sie davon ausgehen, dass vegetabilisches Moschus nicht nur den gleichen Duft, sondern auch die gleichen heilsamen Eigenschaften hat wie das traditionelle Moschus vom Zwerghirschen.

Wahrscheinlich wird das tierische Moschus im menschlichen Organismus zu vegetabilischem umgewandelt, und entfaltet deshalb seine heilsame Wirkung ebenso als Hydroxyfettsäure-Stresslipid.

Diese Vermutung beruht auf chemischen Untersuchungen, wonach die Oxidation von tierischem Moschus (makrozyklische Ketone) stets über Lacton geht***. Der biologische Angriff auf Ketone ist stets oxidativ und geht mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls über das Lacton.

Synthetische Moschus-Riechstoffe haben mit Makrozyklen keinerlei Verwandtschaft; außer ihrem eindimensionalen Duft haben sie keine gutartigen Wirkungen. Ihr Vorkommen in Parfüms, Kuchen und Süßigkeiten verbirgt sich hinter der Angabe „Fremde Aromastoffe“.


 * Mookherjee BD, Wilson RA (1982) The chemistry and fragrance of natural musk compounds. In: Theimer ET (ed) Fragrance Chemistry, Academic Press, New York, London, pp 433-494

 ** Hibiscus abelmoschus wird in Kompendien über Heilkräuter für die Behandlung von Altersflecken empfohlen; aufgrund seines Gehalts an Stresslipiden in Form vegetabilischen Moschus´ ist diese Empfehlung eine willkommene empirische Bestätigung.

 *** Matsuda H, Watanabe S, Yamamoto K (2004) New macrocyclic musk compounds. Chem & Biodiv 1: 1985-1991 

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