Im Alltag spielt anekdotische Evidenz eine wesentlich grössere Rolle für die meisten unserer Entscheidungen als statistisch abgesicherte. Als Beispiel können wir die Frage nehmen, in welchem Restaurant wir (z. B. eine Gruppe von Freunden) essen wollen. Werden wir überhaupt noch eine irgendeine Quelle von Besprechungen konsultieren (aus denen wir dann statistische Evidenz ableiten könnten), falls auch nur einer aus der Gruppe schon einmal in einem der in Frage kommenden Restaurants gegessen hat und ein gutes Urteil abgibt? Mit ziemlicher Sicherheit nicht. Warum? Wir vertrauen dem einzelnen Urteil, weil es von einer vertrauenswürdigen Person kommt.
Letztlich ist aber für den philosophischen Hintergrund der Frage das uralte philosophische Problem des "Individuum est ineffabile" wichtig: Der "Haecceitas" des Ess-erlebnisses kommt die anekdotische Evidenz unseres Freundes viel näher als eine Auswertung aller Reviews, die wir auf dem Internet finden (einmal abgesehen davon, dass wir im Alltag dafür meist nicht die Zeit haben).