http://medien.wdr.de/radio/zeitzeichen/WDR5_Zeitzeichen_20130405_0920.mp3

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Viel findest Du unter dem Stichwort „Naturrecht“ (z.B. in der Wikipedia). Speziell in Hinsicht auf Deine Fragestellung (Beispiele für fehlende Kongruenz von Recht und Gerechtigkeit) ist die sog. „Radbruchsche Formel“ interessant.

Gustav Radbruch (→ Wikipedia) sah Gerechtigkeit als Kernidee des Rechts an. Seine Fragen waren: „Gibt es unrichtiges Recht, das der Gerechtigkeit widerspricht?“ und „Wie kann man unrichtiges Recht von richtigem Recht unterscheiden?“ Wenn es Gesetze gibt, die Juden aus Deutschland ausbürgern, der Staat das Eigentum von Juden, vom Gesetz gebilligt, einziehen darf, weil Juden keine reinen Deutschen sind, dann stehen diese Gesetze im Widerspruch zum Naturrecht, so Gustav Radbruch. Unrichtiges Recht kann eigentlich nie gültig werden, so Radbruch.

Der bedeutenste juridische Aufsatz des 20.Jahrh., der sich mit dem Widerspruch zwischen faktischen Gesetzen und den diesen Gesetzen fehlenden Sinn für Gerechtigkeit befasst, ist der Aufsatz von Radbruch: „Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht“ von 1946. In großen Teilen und mit vielen Beispielen gespickt nachzulesen bei : http://books.google.de/books?id=VJr8LJfJdhgC&pg=PA83&dq=gesetzliches+unrecht+und+%C3%BCbergesetzliches+recht&hl=de&sa=X&ei=0BADT-edD5Hcsga4ztTwDw&ved=0CDkQ6AEwAQ#v=onepage&q=gesetzliches%20unrecht%20und%20%C3%BCbergesetzliches%20recht&f=false

Wenn das Recht die „grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen aus Sicht des Interpreten „bewusst verleugnet“, kann dieses Recht keine Beitrag auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft sein („Radbruchsche Formel“, „Mauerschützenprozesse“ → Wikipedia ).

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So gelingt der Doppelpass - interaktive Einzelanfertigung einer oft geübten Übungseinheit. Kommunikation ist Mitspielen nach Regeln, ist Mitspielkunst. Werden die Regeln nur statisch anwendet, bleibt das Spiel auf Anfängerniveau. Die Reflexion über aktuelle Ängste, Hoffnungen, Machtverteilungen zeichen den guten Mitspieler aus. Gute Kommunikation bedeutet: Eine Übung aus dem Training (Den Doppelpass) im Spielverlauf als Einzelanfertigung so umzusetzen, dass der Mitspieler optimal im Bewegungsverlauf angespielt wird. Das muss man üben.

Geholfen hat mir: Reicherts,J. : Wann kommuniziert man kompetent? In: Kurtz,T./Pfadenhauer,M. (Hrsg): Soziologie der Kompetenz 2010 VS-Verlag

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Wechselseitige Anerkennung basiert auf der Fähigkeit die Qualität des anderen anzuerkennen. Es ist schwierig Verführung durch Eindeutigkeit "anzuerkennen".

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Deine Frage ist ein gutes Beispiel für pragmatisches Handeln. "Pragmatisch handeln", bedeutet, dass man einen Wirklichkeitsbezug von seinen Ansichten, Meinungen, Fragen, Gewohnheiten, Überzeugungen, Gefühlen usw. durch Handeln (gr. πράγμα pragma: Handeln) herstellt.

Handeln tun wir beim Sprechen, indem wir die Wirkungen die unser Sprechen ausgelöst hat, in Hinsicht auf ihre praktische Relevanz hin überprüfen. Passt, oder passt nicht. Ist verwertbar oder nicht. Die Bewegung des Handelns ist auf die Zukunft gerichtet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird pragmatisch meist mit „nützlich“übersetzt. Alles, was ein Verständnis einfacher macht ist nützlich.

Erschöpft sich pragmatisches Handeln darin, das zu tun, was nützlich und brauchbar ist? Entscheident ist nämlich, was man unter "praktischer Relevanz" versteht. Ein eigentliches moralisches Ziel/Verhalten kennt der amerikanische Pragmatismus nicht, lehnt er sich doch stark an den deutschen Idealismus (Kant) an. Das einzige Übel beim Handeln besteht darin, kein letztes Ziel zu haben, wobei das letzte Ziel in moralischer Hinsicht unbestimmt bleibt. Der Pragmatismus ist eine zutiefst demokratische Philosophie, denn er verneint es, dass wir die Wahrheit irgendwo in der Gegenwart anzutreffen vermögen. Somit sind alle Ziele pragmatisch, die

  • mehr Verständnis
  • mehr allgemeine Erkenntnis bedeuten
  • mehr relevante Probleme lösen
  • mehr Grenzen überwinden helfen
  • mehr Selbstbewußtsein erzeugen
  • mehr in die Zukunft gerichtet sind, mehr alte Verhaltensgewohnheiten modifizieren
  • eine größere Gemeinschaft mit anderen Menschen ermöglichen
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Der Zucker liegt in der Milch als Lösung vor. Milch ist eine Emulsion aus Wasser und Fett. Wenn frische Milch einige Zeit steht, sammelt sich an der Oberfläche eine Rahmschicht.

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7) Wann ist Misstrauen Sinnvoll?

Ist Misstrauen risikofrei? Nein. Sicherheit ist immer relativ, wenn ich nicht genau beobachten kann, welches Risiko meinem Handeln zu Grunde liegt.

Kann ich den Käse, der das Haltbarkeitsdatum um einen Tag überschritten hat, noch essen? Soll ich den Klimaforschern glauben, die eine Erderwärmung prognostizieren, obwohl doch jeder weiß, dass niemand die Zukunft voraussagen kann? Hätten die Juden den Nazis misstrauen sollen? Soll man Fremden mehr misstrauen als Einheimischen? Soll ich meinem Arbeitskollegen trauen, der mit mir um Anerkennung konkurriert? Kann ein einzelner Mensch seine Ohnmacht überwinden, ohne eine Sicherheit dafür zu bekommen?

Das Grundproblem der generellen „trau, schau wem“- Haltung ist die Verstärkung des anfänglichen Misstrauens. Man richtet seine Aufmerksamkeit auf das, was die pessimistische Erwartung bestärkt, ohne mehr Sicherheit dafür zu bekommen. Die Überwindung des Misstrauens sollte zu den eigenen Zielen gehören. Die Haltung gegenüber dem Fremden bestimmt nämlich direkt unseren Umgang miteinander. Gegenüber Fremden gibt es ein unangemessenes Misstrauen. Wenn wir übertrieben misstrauische Handlungen gegenüber Fremden unterlassen, helfen wir uns durch eine tragende Praxis untereinander selbst.

Beispiel: "Und wer bist du?"

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1) Was ist Vertrauen für dich?

A. Ein vielschichtiges soziales Umfeld ist für eine gute Lebensqualität unabdingbar. Erst, indem ich mir und/oder anderen Menschen vertraue, eröffne ich mir Persönlichkeitsbereiche, die es mir ermöglichen, dass ich mich als Person in der Gesellschaft überhaupt entwickeln kann. Im Zusammensein mit Menschen, denen ich vertraue, kann ich Persönlichkeitsbereiche ausleben, die latent in mir existieren. Ich kann mich so ausprobieren, wie ich vielleicht sein möchte oder wie ich sein soll oder mir eingestehen, wie ich vielleicht nur unbeobachtet wäre. In der geschützten Atmosphäre der vertrauensvollen Umgebung besitze ich mich selbst, kann eine selbstdistanzierte kritische Haltung zu mir selbst einnehmen und die gelebte Praxis modifizieren. Persönlichkeitsanteile als eingefaltete Bedürfnisse meiner Person könnten sich nicht entfalten, wenn ich im Blick der anderen Menschen nur eine funktionale Rolle spielte. Zwischenmenschliches Vertrauen ist meiner Meinung nach für die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit unverzichtbar.

B. Auf der gesellschaftlichen Ebene sind es gerade die festen Rollenerwartungen, die eine Vertrauensbasis schaffen. Indem ich darauf vertraue, dass jeder die gesellschaftliche Rolle spielt, die man allgemein von ihm erwartet, reduziere ich meine Unsicherheit gegenüber einem Fremden, den ich noch nie zuvor gesehen habe. Wenn ich z.B. zu einem wildfremden Mann ins Auto steige, dann braucht der Taxifahrer vor mir keine Angst zu haben und ebenso wenig ich vor ihm, weil sich die Beziehung zwischen mir und ihm auf einer unpersönlichen Ebene abspielt. Das bedeutet: Ich brauche keine Angst vor ihm zu haben, darüber dass er von mir fordert, mich für meine Unehrlichkeit gegenüber meiner Ehefrau zu rechtfertigen. Und er braucht keine Angst vor mir zu haben, wenn er für mich für die Beichte meiner persönlichen Eskapaden als gewissenlos rügt. Würde keine Gesellschaft mehr existieren (wie z.B. auf Haiti nach dem Erdbeben im Januar 2010), dann erzeugt jeder fremde Mensch, dem ich begegne und der nicht zu meiner Familie gehört, größtes Misstrauen.

Für ein tieferes Verständnis meiner selbst sind beide Vertrauensatmosphären (A. Entfaltung meiner Persönlichkeit durch ausprobieren, praktizieren, modifizieren und B. feste Erwartungen der anderen an mich - und umgekehrt – als Orientierung bezüglich der Erfüllung einer gesellschaftliche Rolle) bedeutsam.

2) Wem kann man vertrauen, wem nicht?

Vertrauensvolles Handeln schafft Vertrauen. Es gibt keine objektiven Gründe, warum man jemandem vertrauen soll und einem anderen Menschen nicht. Man ist buchstäblich „blind“ im Glauben. Der Glaube an das Vertrauen ist dennoch nicht unvernünftig. Wenn man an das Vertrauen glaubt, er-„zieht“ (Pädagogik!) man den anderen Menschen (oder sich selbst) mit einer gewissen Kraft ebenfalls zum Vertrauen. Wenn ich von einem anderen Menschen denke, dass ich ihm nicht vertrauen kann, zieht meine misstrauische Erwartung den anderen ebenso in eine bestimmte Richtung. Es gibt also nicht „die“ Information, die einem das Zeichen der Vertrauenswürdigkeit gibt. Es handelt sich um einen Prozess.

3) In welcher Hinsicht kann ich vertrauen?

Hier ist besonders der Wert der Freundschaft zu sehen. Freunde helfen sich ohne Zweifel am Nutzen zuhaben. Freundschaft ist ein Wert an sich.

4) Wie kann man vertrauenswürdig sein?

Ebensowenig wie es eine Pflicht zu lieben gibt, gibt es eine Pflicht vertrauenswürdig zu sein. Es gibt aber Pflichten anderen gegenüber, unter bestimmten Bedingungen, vertrauenswürdig zu handeln. Wenn mir ein anderer Mensch ein Geheimnis anvertraut, ist dieses Gefühl der Verbundenheit verletzbar. Es gibt Gründe das Geheimnis nicht auszuplaudern: 1. der andere Mensch darf keinen Schaden nehmen (Schaden könnte ihm aber durch die Verbreitung des Geheimnisses entstehen) 2. Ich muss die autonome Entscheidung des anderen achten. Ich bin nicht autorisiert das Geheimnis auszuplaudern. 3. Es gibt generell eine Verpflichtung zur Achtung und Pflege der Verbundenheit mit dem anderen. Es ist das gleiche Element, das in Freundschaft wirksam ist.

5) Warum können Menschen überhaupt vertrauen?

Im Briefwechsel ("Warum Krieg?") zwischen Albert Einstein und Siegmund Freud schreibt Freud: „ ... ich glaube, der Hauptgrund, weshalb wir uns gegen den Krieg empören, ist, daß wir nicht anders können. Wir sind Pazifisten, weil wir es aus organischen Gründen sein müssen.“ Dementsprechend würde ich auch sagen: Wir sind auf das Vertrauen angewiesen und wehren uns gegen den Vertrauensbruch, weil wir uns gar keine andere Beziehung zu Menschen (, die nicht in sich selbst zerstörerisch angelegt wäre) vorstellen können, als eine, wenn auch vielleicht nicht jetzt, aber in Zukunft, vertrauensvolle Beziehung.

6) Wie entsteht Vertrauen?

Eine Frage, die sich fast alle Menschen stellen. Der Wunsch nach Vertrauen ist nichts ungewöhnliches. Um eine unüberschaubare Situation in den Griff zu bekommen, kann man zum Therapeuten gehen. Sich selbst kann man nicht manipulieren. Man kann nicht direkt willentlich vertrauen oder sich hier und jetzt für eine Vertrauensbeziehung entscheiden. Man kann sich nicht zu bestimmten Gefühlen verpflichten. Jeder Wunsch einem anderen Menschen zu vertrauen, erinnert mich automatisch daran, dass ich ihm nicht vertraue. Nur, wenn ich nicht zu stark unter dem Einfluss meines eigenen Misstrauens stehe, kann ich Schritte gegen mein Misstrauen unternehmen. Wenn ich z.B.eifersüchtig bin, brauche ich zunächst Abstand zum Objekt, das ich eifersüchtig beneide, was naturgemäß nicht leicht ist. Ich muss den Teufelskreis der Misstrauenskette durchbrechen.

Weiterhin ist ein Erfolg versprechendes Mittel Vertrauen zu erlangen, sich generell so zu verhalten, als vertraue man. Dadurch bekommt man einschlägige Erfahrungen, die einem dann weiter helfen. Von außen ist nicht zu unterscheiden, ob jemand aus Vertrauen oder aus dem Wunsch zu vertrauen handelt.

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Jeder Handwerker trägt einen Eidos von dem, was er/sie fertigen will in sich. D.h. Im Sinne von Aristoteles: Es gibt eine genaue Handlungsanleitung für den Bau des Dings, das er/sie herstellen will. Werkzeuge, Hilfsmittel, Werkstoffe und Betriebsmittel werden so verwandt, dass daraus ein Gebrauchsgegenstand geformt wird. Diese Kunst des Hervorbringens wird von Aristoteles als techne bezeichnet. Techne ist das praktische Können, das wirkliche Wissen.

Gegen den Begriff der techne setzt Aristoteles die ēthikē epistēmē ,das sittliche Verständnis. Weil es bei der techne um eine klare Mittel-Zweck-Verwendung geht, kann technische Wissen niemals menschliches Zusammenleben regeln. Denn dann wäre sittliches Wissen rein normativ und dogmatisch. Bei der Ethik geht es um das Richtigleben im Ganzen und dazu gehört untrennbar unser Unwissen über die menschliche Bestimmung, und das Wissen um die Geschichtlichkeit allen Wissens. Kennten wir die menschliche Bestimmung, dann ließen sich daraus universal gültige Handlungsanweisungen ableiten.

Sittliches Wissen ist kein gegenständliches Wissen (und geht deshalb in der techne nicht auf). Sittliches Wissen kann nicht gelehrt werden, weil das Leben nicht immer so ist, wie es ist, sondern auch anders sein kann und in Zukunft auch anders sein wird. Das sittliche Wissen ist daher etwas, was der Mensch praktisch anzuwenden hat. Erst durch die Praxis wird überhaupt erst deutlich, was die Natur einer Sache sein könnte.

Man muss einer Situation ansehen, was sie von einem verlangt. Aber dieses Sehen ist kein sinnliches Sehen mit den Augen, sondern nous, das Denkvermögen (bei Aristoteles). Nous ist Geist, intuitiver Verstand dessen, was recht ist. Man weiß im Gegensatz zur techne nie, was das rechte Mittel beim ethischen Handeln ist. Darum sind Leitbilder so bedeutsam.

Verwandte Literatur: Gadamer, H.G.: Wahrheit und Methode

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Viele Menschen sind ja der irrigen Meinung, dass durch Kommunikation "ihre" Wirklichkeit beschrieben wird. Das ist aber ein Trugschluss, der zu weitreichenden Missverständnissen führt.

Durch Kommunikation wird "unsere" Wirklichkeit als öffentlicher Raum zwischen dir und mir erschaffen. Das heißt: Im Kommunikationsfluss steht Wirklichkeit nicht still und kann empirisch nicht erfasst werden.

Nicht die Wortwahl, kein Satz, keine Information, Bild, ja kein Verstehen von dem was Sprache zum Ausdruck bringen kann, kann das bedeuteten, was Kommunikation bedeutet. Bewußtsein, Wissen, Glauben, Aufmerksamkeit sind ja keine monologischen Modelle, die als individuelle Zustände zu begreifen sind. Nur durch das Zum-Ausruck.bringen wird etwas ganz eigenes, neues zwischen uns geschaffen.

Soll man deswegen schweigen, weil man über etwas, das nicht entgültig beschrieben werden kann, und das unabhängig von mir existiert nicht sprechen kann? Im Gegensatz zu den vielen hier, die das Schweigen empfehlen (und sich damit selbst widersprechen - dem Motto folgend: durch würdevolles Schweigen kann ich mich aus dem Sumpf des Nicht-Sagen-Könnens über meine Immanenz an den eigenen Haaren herausziehen) bedeutet Schweigen und Zynismus, dass man das Göttliche (die Neigung des Menschen zum Absoluten hin) aus den Augen verliert.

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