Liebe Community,
mein Chef hat ab und zu Tage, an denen er sehr redselig ist. Ich kann ihn dann auch schlecht abwimmeln, auch wenn ich jede Menge zu tun habe und mich danach doppelt beeilen muss.
Gestern fand ich das Gespräch zu persönlich. Zuerst erzählte er noch ein paar Storys von seinen Kunden allgemeines also. Anschließend wollte er von mir wissen, warum ich keine Vollzeitstelle finde (ich arbeite bei ihm nur 20 Std. pro Woche, da er mich nicht für mehr Stunden bezahlen kann). Zur Not müsse ich mich halt im Discounter an die Kasse setzen, wenn es mit einem Bürojob nicht klappt. Leider habe ich ihm geantwortet, dass ich mir das nicht zutraue, weil ich unter Zeitdruck so schnell nervös werde. Er fragte mich, ob ich denn gesund sei. Natürlich erzählte ich ihm nichts von einer psychischen Erkrankung und Epilepsie.
Er meinte dann, dass er mich als eher schwierigen Menschen einschätze. Ob das zutreffe. Statt einfach zu sagen, dass jeder seine Schwächen hat, habe ich gesagt, dass mein größter Fehler meine Hochsensibilität sei. Dass ich mir vieles zu sehr zu Herzen nehme, vieles zu persönlich nehme. Dass ich aber daran arbeite und es in jüngeren Jahren schlimmer war.
Ich wusste, dass er vor kurzem einem Auszubildenden gekündigt hat. Gestern erzählte er mir, dass er auch vorhabe, die neue Auszubildende rauszuwerfen. Sie habe sich eine Woche wegen Durchfall krankgemeldet. Damit könne man schließlich arbeiten gehen. Zur Not legt man sich eine Binde in die Hose. Ob mir das denn noch nie passiert sei, dass ich mir bei Durchfall mal in die Hose gemacht habe. Was ich verneinte und irgendwie wurde mir das Gespräch zu blöd. Doch er wollte dann von mir wissen, ob er ein zu strenger Chef sei. Ich könne ihm das ganz ehrlich sagen. Ich habe ausweichend geantwortet, dass doch jeder Arbeitgeber hohe Erwartungen an seine Arbeitnehmer habe. Hätte ich ihm sagen sollen, dass er oft ein Ekel ist?
Dann kam er noch auf das Thema Sex und Verhütung zu sprechen. Er könne nicht verstehen, warum sich manche Frauen von Männern, die Loser sind, schwängern lassen. Da muss man doch die Pille nehmen oder der Mann halt ein Kondom. In seiner Jugend sei das ja alles noch anders gewesen (er ist Ende 60). Der Sex mit seiner Freundin habe ihm keinen Spaß gemacht, weil immer das Risiko bestand, dass sie schwanger werden könnte. Jetzt wolle er keine Frau mehr, weil seine große Liebe tot sei. Ich sagte, dass ich ihn verstehen könne, weil man dann Vergleiche anstellt. Er meinte, dass es so sei und ob ich auch eine große Liebe gehabt habe, was ich nur kurz bejahte. Er erzähle, dass er einen kleinen Bekanntenkreis habe, mit dem er mal ins Kino oder in die Oper geht. Sexuell laufe da aber nichts.
Ich habe mich bei seinen Fragen teilweise in Bedrängnis gefühlt und habe mich echt bemüht, ihm nicht zu viele Informationen zu geben. Daher meine Frage, wie offen man überhaupt dem Chef gegenüber sein sollte? Sollte man solche persönlichen Fragen besser abblocken?
LG Adelana