Zu viele Interessen, ist der Beruf das Richtige für mich?

Kurz vorab: Ich bin w, 19 und studiere momentan Grundschullehramt (2. Semester). Falls sich jemand damit auskennt, ich bin vom Persönlichkeitstyp INFJ und ambivertiert. Ich bitte euch, den Text durchzulesen, weil ich nicht mehr weiter weiß.

Das Studium macht mir wirklich sehr Spaß, habe neue Leute kennengelernt, die Vorlesungen sind auch echt spannend und ich gehe gerne hin. Ich mochte Kinder immer sehr, wollte ihnen später Werte und Wissen beibringen und sie auf ihrem Weg ins Leben begleiten. Ich konnte schon immer gut mit Menschen, half gerne und brachte gerne Dinge bei.

Nun habe ich auch mal ein Praktikum in einer Grundschule gemacht und es hat mich ziemlich überwältigt. Irgendwie ist alles ganz anders als erwartet. Die meisten Kinder sind unfassbar frech, ich hatte sie zwar auch unter Kontrolle, aber diese ganzen neuen Erfahrungen haben mich ziemlich fertig gemacht. Kam auch oft weinend nach hause, weil ich plötzlich meinen gesamten Lebensweg infrage gestellt habe. Klar, es gab echt tolle Momente, als ich zum Beispiel eine Stunde übernehmen durfte und mit den Kindern musiziert habe. Das hat mir wieder ein wenig Hoffnung gegeben.

Jedoch habe ich einfach so viele Interessen, es viel mir schon schwer sich für eins zu entscheiden. Ich bin kreativ und liebe Sprachen, weshalb ich auch Lehramt Kunst und Englisch/Deutsch genommen habe. Jedoch habe ich auch überlegt etwas wie Medien-/Kommunikationsdesign zu machen, habs dann aber wegen der finanziellen Unsicherheit nicht gemacht. Eigentlich würde ich mich gerne halbtags selbstständig machen, vielleicht auch Musik machen und dass man als Lehrer auch von Zuhause arbeiten muss, war ein zusätzlicher Pluspunkt.

Ich bin irgendwie eifersüchtig, wenn ich höre, dass andere Leute sich "trauen" was im kreativen Bereich zu studieren, weil ich mich dann erst recht feige fühle. Ich habe keine Ahnung, ob es normal ist, sich so überfordert zu fühlen, aber wenn ich daran denke, den Lehrerberuf 40 Jahre lang zu machen, verzweifle ich innerlich ein bisschen. Nicht falsch verstehen, mich würde der Beruf freuen, aber bei dem Gedanken, NUR den Beruf auszuüben und nichts nebenbei zu machen, macht mich fertig...

Hatte erhofft, dass ihr vielleicht Erfahrungen machen konntet oder mir zumindest einen guten Rat geben würdet.

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Hey :)

meine Antwort kommt vielleicht ein bisschen spät, aber vielleicht hilft sie dir ja. Ich bin auch INFJ und Lehrerin. Mir ging es anfangs sehr ähnlich wie dir - nach einem Schultag war ich fertig mit den Nerven und ausgelaugt. Da mir die Arbeit mit den Kindern aber sehr viel Spaß gemacht hat, habe ich weitergemacht - und das Ref mit sehr guten Noten abgeschlossen. Verschiedene Dinge haben mir dabei geholfen.

  1. Wenn du deine Klasse(n) besser kennen lernst, läuft es VIEL besser. Natürlich musst du disziplinieren lernen und das macht keinen Spaß - Aber die Kinder werden es dir danken.
  2. Es gibt (einige!!) Schüler, die für ruhigere Lehrer sehr, sehr dankbar sind, weil das ihrem eigenen Naturell entspricht. Ich vermute, dass die meisten Lehrer eher extrovertiert sind und dass introvertierte Kinder davon überfordert sein können.
  3. Du musst lernen, abzuschalten. Mir hilft zum Beispiel (auch wenn es nach Klischee klingt) Yoga und Meditieren. Du wirst auch irgendwann merken, dass die Schüler das verzeihen, wenn du nicht immer on point bist.
  4. Ich versuche, den Stress zuhause durch Ruhe auszugleichen. Ich stehe in der Früh eine halbe Stunde früher auf als nötig, um einen Tee zu trinken, in mein Notizbuch zu kritzeln oder auch nur aus dem Fenster zu schauen - das hilft mir, mich mental auf den Tag vorzubereiten.

Und ja, manchmal habe ich immer noch Tage, an denen ich total k.o. bin - aber das haben extrovertierte auch :) und wenn mir dann Schüler in die Endjahresevaluation schreiben "Sie sind eine inspirierende Persönlichkeit, sie lassen mich mich als Schülerin immer gewertschätzt fühlen", dann platze ich fast vor stolz und weiß wieder, warum ich das ganze mache.

Lass dir Zeit.

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