Schon immer wurden chinesische Zeichen von ihren Schreibern vereinfacht. Wenn man sich z.B. die Grasschrift (草书) ansieht, gibt es dort seit jeher sehr viele »Abkürzungen« der an sich recht komplizierten Zeichen.

In den 50ger Jahren wurde im Rahmen der Alphabetisierung überlegt, die Schrift in der VR China leichter erlernbar zu machen. Etwa 30% der Schriftzeichen wurde nach verschiedenen Mustern verkürzt:

  • Radikale (die bedeutungstragenden Teile der Zeichen) wurden in der Strichzahl verkürzt
  • Phonetika (die klangtragen Teile) wurden teils radikal verkürzt, Beispiel: 漢 zu 汉 (Hàn), 難 zu 难 (nán),觀 zu 观 (guān), 歡 zu 欢 (huān); hier wurde überall quasi als »Joker« 又 eingebaut.
  • Für manche Zeichen wurde die Verkürzung aus der Grasschrift oder »laufenden Schrift« (行书) genutzt. Z.B. 書 wurde zu 书 (urspr. schreiben, das Geschriebene, das Buch), 門 zu 门 (Tür/Tor).

Später wurden noch mehr Verkürzungen durchgeführt, es kam zu einer förmlichen »Verkürzungswut« in den 80er Jahren, mittlerweile wurden davon viele wieder zurückgenommen.

Für Nichtchinesen sind die Verkürzungen eher hinderlich, machen die Zeichen sogar schwerer erlernbar, weil damit oft die schöne Logik der alten Zeichen verlorengeht.

Und: Die traditionellen und auch Kurzzeichen überdecken alle Dialekte, sie stellen eine Art Bilderschrift dar, die in den verschiedenen Gegenden nur unterschiedlich ausgesprochen wird. (Ausnahmen gibt es bei einigen wenigen besonderen Zeichen, die nur in bestimmten Dialekten verwendet werden.) Sprich, egal ob ich das Hochchinesische (auch Mandarin in englischsprachigen Ländern genannt) oder Kantonesisch schreibe, ich nutze die gleichen Zeichen, kann aber beide »Dialekte« sowohl in Kurz- als auch in Langzeichen schreiben.

Verkürzte Zeichen (simplified Chinese) findet in der VR China und in Singapur Verwendung, hingegen die Chinesen in Hongkong, Macau, Taiwan und viele Überseechinesen schreiben weiter in den traditionellen Zeichen.

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