Hallo,
ich kann Dir bei Deinem Problem sicherlich weiterhelfen, da auch ich davon betroffen war beziehungsweise es in Teilen auch weiter bin.
Zunächst einmal leidest du, und das weißt du offenbar auch selbst, an einer sogenannten psychogenen Dysphagie, die aufgrund ihrer englischsprachigen Wortherkunft auch als Phagophobie (v. Phagophobia) bezeichnet wird. Dieses Krankheitsbild ist äußerst selten, daher auch wesentlich weniger erforscht als so manch gängigere Form der psychischen Dysfunktion beziehungsweise Störung. Nicht selten werden auch fehlerhafte Diagnosen durch Ärzte gestellt, etwa eine Essstörung oder ein Aufmerksamkeitsdefizit. Eine erwiesene Ursache für die Erkrankung ist bislang nicht bekannt, da es sich allerdings um eine spezifische Angsterkrankung handelt, werden auch die üblichen Risikofaktoren anderer Angststörungen als mögliche Auslöser herangezogen. Das können unter anderem belastende Erlebnisse in dem bisherigen Leben eines Menschen sein, aber auch übermäßiger Stress und weitere psychische Leiden. So können auch Zwangshandlungen (z.B. Ordnungs- oder Waschzwang, etc.) die Erkrankung an einer psychogenen Dysphagie zumindest begünstigen.
Eine einheitliche Therapie wurde wegen der fehlenden Forschungen bisher nicht geschaffen, in jedem Fall sollte nicht der Hausarzt aufgesucht werden. Ärzte verfügen grundsätzlich über begrenztes Wissen in der Psychologie und sind oftmals auch im Umgang mit den Betroffenen nicht sehr geübt, um es mal nüchtern zu formulieren. Der bessere Ansprechpartner ist ein Psychologe beziehungsweise Psychotherapeut – dieser sollte jedoch unbedingt über ausreichend Erfahrung mit Angsterkrankungen verfügen. Für eine erfolgreiche Therapie ist zudem von großer Bedeutung, dass der Erkrankte dem Therapeuten auch vertrauen kann. Bezüglich einer solchen psychologischen/psychotherapeutischen Behandlung käme beispielsweise die Klinische Hypnose in Betracht, wobei diese im Durchschnitt nur 30 Minuten dauert (je nach Schwere der Angst und damit der Blockade), jedoch mehrere Sitzungen umfassen (also mehrmals wiederholt werden) sollte.
Zumeist können durch die Hypnose in kurzer Zeit erste Beschwerden gelöst werden und so auch das Schlucken wieder möglich gemacht werden. Zwar bestehen auch weiter Unsicherheiten, weshalb sich mehrere Sitzungen anraten, jedoch verspürt der Betroffene bereits nach der ersten Behandlung kein Gefühl der Angst mehr – und auch eine mögliche Angst vor dem Ersticken oder erneuten (schweren) Verschlucken nicht.
Wie eingangs erwähnt bin auch ich an der Phagophobie erkrankt, es war am Abend des 19. Mai 2022. Ich weiß noch, dass ich mich am Püree „verschluckt“ hatte und danach in eine zwanzigminütige Panikattacke verfiel – im Anschluss hatte sich eine psychische Blockade in meinem Hals eingestellt, ich konnte weder essen noch trinken, wobei mir letzteres einfacher gelang als das Schlucken fester Nahrung. Ich hungerte rund drei Wochen, nahm allein in dieser Zeit fast zehn Kilos ab. Alle zwei Tage rannte ich zum Hausarzt gegenüber, um meinen Krankenschein zu verlängern. Mehr als mir diesen auszustellen konnte mein Arzt auch nicht für mich tun, ebenso wie vier weitere Fachärzte, die ich in den Wochen immer wieder konsultiert hatte. Ein HNO-Arzt sagte mir, ich hätte eine Pilzinfektion im Mund- und Rachenraum aufgrund GELBEN Zungenbelags – eine Internistin stützte seine Diagnose und erklärte mir dann noch, dass die Infektion bis in die Speiseröhre reichen können und mich daher beim Schlucken behindere. Beide lagen falsch, und hätten es auch wissen müssen. Denn: Mundsoor (also die Pilzinfektion) ist anhand der Zunge lediglich durch eine weißen Belag erkennbar, nicht durch gelben – und Schluckbeschwerden treten in der Regel auch nicht auf, zumindest gehen diese nicht mit einem bedrückenden Angstgefühl einher. Ich trank fortan FRESUBIN, ein ergänzendes Präparat in verflüssigter Form. Dieses ist in jeder Apotheke sowie im Internet frei verkäuflich erhältlich und darüber hinaus in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Es liefert dem Körper Energie und zudem lebenswichtige Nährstoffe. Fresubin kann bei bestehender Mangelernährung oder anderweitig bedingter Unterversorgung auf Dauer angewendet werden und ist auch bei längerfristigem Konsum in der Regel nicht gesundheitsschädigend.
Jedenfalls habe ich mich schließlich in psychologische Behandlung begeben wollen, da medizinisch offenbar nichts zu machen war (es kam ja schließlich vom Kopf). Zunächst ging ich bei einen Ergotherapeuten, der ebenfalls Hypnosetherapien vornimmt. Dieser hatte es allerdings für klüger gehalten, Akupunktur anzuwenden und hämmerte mir seine Nadeln fleißig in Hals und Ohren. „Gratis“ gab's dann noch ein Röhrchen Globuli dazu – geholfen hat’s natürlich gar nichts. Aus diesem Grund schaute ich mich nach geeigneten Psychologen um und stieß dabei aus reinem Zufall auf meinen Onkel, der eine eigene Praxis in der Nähe meines Wohnorts hat und zudem angewandte Psychologie studierte. Ich hatte ihn zuvor seit etwa 10 Jahren nicht gesehen, der Grund hierfür war ein mir nicht näher bekannter Familienstreit väterlicherseits. Ich jedenfalls hatte mich auf Anhieb gut mit ihm verstanden und konnte dadurch sehr schnell Vertrauen aufbauen, von welchem er wie auch ich in der darauffolgenden Hypnosetherapie profitierte. Er nahm meine Hand, zählte langsam von 10 herunter und ließ sie auf einmal los - durch den „Schock“ setzte die sogenannte Trance ein und ich verschloss die Augen. Im Anschluss ergründete er gemeinsam mit mir die näheren Umstände beziehungsweise den genauen Ablauf meines traumatischen Erlebnisses … als wir nach etwa einer halben Stunde durch waren, fühlte ich mich völlig gedankenlos – ich wusste, dass ich nachdenklich bin, doch ich wusste einfach nicht, worüber ich nachdachte. Er hatte mir schon zuvor gesagt, dass er mein Unterbewusstsein kontaktieren und mein Gehirn dadurch „resetten“ würde.
Zwar war das Essen am Anfang noch recht schwierig, dies hatte jedoch mit der fehlenden Gewohnheit und keinesfalls mehr mit der Angst zu tun, die ich bis dato verspürte. Das Gefühl der Angst, welches auch der Auslöser meiner Blockade war, war wie weggeblasen. Lediglich die Unsicherheit plagte mich weiter, flachte mit jeder neuen Woche und jedem neuen Monat jedoch immer etwas mehr ab. Nun ist es rund sieben Monate her, und bisher habe ich überlebt ;-)
Ich gehe auch mal wieder öfters ins McDonald’s oder kaufe mir an der Bude ein Hähnchen. Doch es gibt immer mal bessere und schlechtere Tage – mal können es zwei schlechte und fünf gute sein, mal umgekehrt. Das ist auch bei mir so, weshalb ich überlege, an weiteren Sitzungen teilzunehmen. Aufgrund des Umstands, dass ich das Essen vorwiegend allein wieder „erlernt“ habe, besteht bei mir aktuell das Problem, dass ich nicht in Gemeinschaft essen kann – dies ist nach wie vor sehr belastend, kann jedoch ebenfalls therapiert werden.
Ich habe über meine Erlebnisse diesbezüglich schon mal einen Artikel geschrieben (aus Sicht des Redakteurs; das Schreiben ist eine meiner größten Leidenschaften neben der Humanmedizin): https://medium.com/@wuerth/phagophobie-wenn-das-essen-zur-qual-wird-fcbe051fa3c5?source=user_profile---------1----------------------------
Treffen die darin beschriebenen Vorgänge und die Symptomatik (z.B. bestehende Angst ebenso wie Mangelerscheinungen) auch auf Dich zu, solltest du Dich dringend in professionelle Behandlung begeben oder direkt in eine darauf spezialisierte Praxisklinik (z.B. Dr. Thomas Weiss; www.weiss.de). Dort kann Dir geholfen werden – immerhin: bei fast allen durch die Psyche bedingten Krankheitsbildern bestehen gute Genesungschancen. :-)
Berichte mir gerne von dem weiteren Verlauf Deiner Erkrankung – und möglicherweise schon bald von Deinen ersten Erfolgen. Ich wünsche Dir viel Kraft und vor allem Mut!
Viele Grüße
Nino