Was würdet ihr in meiner Situation tun? Schlechtes Gewissen, Familie, innere Leere?

Hallo zusammen,

ich (22) bin vor Kurzem in eine neue Stadt gezogen – weg von meiner Familie, weg von allem, was ich kannte. Der Grund war meine jüngere Schwester (18), die gerade eine sehr schwierige Phase durchmacht.

Früher hat sie viel getrunken, mittlerweile ist sie nur noch am Kiffen. Sie ist jedes Wochenende im Club, kommt morgens völlig zugedröhnt heim, randaliert, schläft irgendwo anders, Handy aus – niemand weiß, wo sie steckt. Zu Hause ist ständig Stress, meine Eltern – vor allem mein Vater, der schon älter ist – leiden sehr darunter.

Ich bin mittlerweile ausgezogen, auch weil ich psychisch einfach nicht mehr konnte. Ich habe meine Stadt und meinen Nebenjob gewechselt und sitze nun allein in einer neuen Wohnung, in einer neuen Umgebung, mit niemandem um mich herum. Ich schaue fast nur Netflix, vermisse meine Eltern, habe ein schlechtes Gewissen.

Früher war ich sozusagen die Einzige, die meine Schwester durchschaut hat – ich habe ihre Lügen aufgedeckt, wusste immer, wo sie ist, konnte Schlimmeres oft verhindern. Jetzt habe ich das Gefühl, ich habe meine Eltern im Stich gelassen. Sie können meine Schwester nicht so “durchschauen” wie ich, und ich habe Angst, dass sie daran zerbrechen – besonders mein Vater.

Ich bin wütend auf meine Schwester, weil ich wegen ihr gehen musste. Gleichzeitig fühle ich mich leer und allein und weiß nicht mehr, was richtig oder falsch ist.

Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Wie geht man mit dieser Mischung aus Schuldgefühlen, Überforderung, Wut und Einsamkeit um?

Ich danke euch für jede ehrliche Antwort.

Was mich zusätzlich sehr beschäftigt: Es scheint meiner Schwester völlig egal zu sein, wie es meinen Eltern geht. Dass ich ihr egal bin – damit habe ich mich inzwischen abgefunden. Aber sie sieht doch, wie sehr unsere Eltern unter dem ganzen Stress leiden. Man sieht es ihnen körperlich an – sie sehen erschöpft aus, alt, müde. Und trotzdem scheint sie das einfach nicht zu interessieren.

Sie lebt nur noch für sich selbst, für ihren Spaß. Wenn ich ihren Standort verfolge, sehe ich, wie sie draußen lacht, fröhlich ist, mit Freundinnen unterwegs – als wäre alles perfekt. Aber sobald sie zu Hause ist, ist sie wie ausgewechselt: aggressiv, genervt, schreit herum, redet mit niemandem, schlägt teilweise sogar um sich.

Ich weiß, dass Jugendliche in der Pubertät ihre rebellischen Phasen haben. Aber das hier fühlt sich nicht mehr wie eine Phase an – es ist einfach extrem. Und es macht mir Angst.

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Heyy du,

tut mir leid zu hören, dass du und deine Eltern unter der Situation so zu leiden haben.

Du brauchst aber keine Schuldgefühle zu haben. Du bist nicht für das Leben deiner Schwester verantwortlich. Das ist sie ganz alleine. Und es ist nicht deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es anderen gut geht und du gleichzeitig daran zerbrichst. Du hast genau so dein Leben. Und das darfst du so gestalten, wie es sich für dich richtig anfühlt.

Ich kann verstehen, dass es dir für deine Eltern leid tut. Und das ist alles andere als einfach. Aber auch du musst dafür sorgen, dass es dir gut geht. Deswegen ist deine Entscheidung mit dem Ausziehen total nachvollziehbar. Und ich denke, dass deine Eltern das verstehen können.

Deine Schwester müsste dringend in eine psychiatrische Klinik. Aber das stellt natürlich ein Problem da, wenn sie selbst gar nicht versteht, dass sie Hilfe braucht und es ablehnt. Der Impuls muss leider von ihr selbst kommen.

Für dich persönlich ist es aber sehr wichtig, dass du Abstand gewinnen konntest.

Für deine Eltern ist das natürlich schlimm das eigene Kind so sehen zu müssen. Aber nochmal: deine Schwester ist für ihr Leben ganz alleine verantwortlich.

Du hast ein Recht auf dein Leben. Tu Dinge, die dich erfüllen und dir Spaß machen. Ich weiß es ist leichter gesagt als getan. Aber wenn du die ganze Zeit deine Kraft in Dinge steckst, die du nicht kontrollieren kannst, dann macht dich das selbst kaputt. So gerne man es würde, aber du kannst nicht kontrollieren, wie es mit deiner Schwester weitergehen wird. Nimm diese Last nicht auf dich. Ich weiß das ist schwer. Wir haben zuhause ähnliche Probleme mit meinem Bruder. Und es gibt einfach keine Lösung dafür. Meine Eltern leiden auch darunter. Aber wenn die Person selbst keine Hilfe möchte, dann ist man machtlos…

Ich wünsche dir alles Gute.

Liebe Grüße :)

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Kopf hoch

Heyy,

erstmal tut es mir sehr leid, dass du in deinem Leben schon so viel durchmachen musstest.

Dass Du eine Therapie machst, finde ich sehr gut und ist ein wichtiger Schritt. Das kann Dir helfen die Vergangenheit zu verarbeiten und dann nach vorne zu schauen.

Du bist noch total jung. Es wartet noch so viel auf dich, was du erleben darfst. Das schöne ist, dass du es selbst in der Hand hast und du ganz alleine entscheidest, wohin dein Weg geht und was du alles erreichen möchtest. Es ist nie zu spät für irgendetwas. Du möchtest eine Ausbildung machen? Dann mach das! Und lass dir nicht von jemandem sagen, dass das komisch wäre. In meiner Ausbildung ist zum Beispiel einer schon über 40. Das Alter spielt überhaupt keine Rolle. Manche Menschen werden Anfang 20 Eltern, andere Mitte 30. Manche heiraten mit 30, andere mit 60. Es gibt kein richtig und kein falsch. Lass dir das von niemandem einreden. Mach das, was dich glücklich macht und was dich erfüllt. Deine Zeit ist jetzt. Und jetzt geht es darum mal für dich selbst zu sorgen. Und natürlich wirst du eine Partnerin finden. Alles zu seiner Zeit.

Und was ich dir aus Erfahrung sagen kann: negative Gedanken werden dir niemals ein positives Leben schenken. Dankbarkeit, Achtsamkeit und Positivität hingegen werden dich glücklicher fühlen lassen.

ich bin mir sehr sicher, dass jeder Mensch seinen Weg finden wird. Der eine früher, der andere später. Und auch du wirst ein glückliches Leben führen können. Daran glaube ich fest.

Ich wünsche dir alles Gute. Du schaffst das.

Liebe Grüße :)

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Mir tut leid zu hören, dass es dir so geht.

Wahrscheinlich konnte es dein Vater nicht besser. Oftmals zieht sich sowas ja durch Generationen. Vielleicht hatte er selber eine schlimme Kindheit und dadurch ein stark verletztes inneres Kind. Er hat von seinen Eltern gelernt und möglicherweise Dinge von ihnen übernommen. Weil er nur diese Erfahrungen gemacht hat und nichts anderes kennengelernt hat. Oder aber er hatte Lebenskrisen, die er nicht verarbeiten konnte.

Die Mehrheit aller Eltern lieben ihre Kinder. Sie sind oftmals einfach überfordert und wissen sich nicht anders zu helfen. Und das darf niemals eine Ausrede sein, sein Kind schlecht zu behandeln. Aber in dem Moment war es der einzige Weg um mit den Situationen umzugehen, leider.

Ich weiß nicht wie alt du bist. Aber man ist niemals hilflos ausgeliefert. Es tut mir wahnsinnig leid, dass du jetzt Probleme hast. Aber an allem kann man arbeiten. Die Vergangenheit kann man nicht ändern. Aber man kann entscheiden, welches Leben man in Zukunft leben möchte. Und das schöne ist, dass du das ganz alleine in der Hand hast. Eine schwere Kindheit gehabt zu haben ist sehr belastend. Aber kein Argument, nicht an sich arbeiten zu können. Und ja, dass braucht Kraft und ist nicht einfach, aber du hast die Macht etwas zu verändern. Und das wirst du schaffen. Daran glaube ich. Tu du es auch.

Ich wünsche dir alles Gute!

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Finde ich nicht so gut weil

Ja, Kinder sollen ihren Bedürfnissen nachgehen dürfen und viel selbstständig ausprobieren dürfen. Nichtsdestotrotz brauchen sie klare Regeln. Der Auftrag von Erziehung bedeutet auch, Kinder gesellschaftsfähig zu machen. Und dafür müssen Kinder eine Rückmeldung bekommen, wenn sie etwas getan haben, was nicht in Ordnung ist. Wenn in solchen Situationen nicht eingegriffen wird, lernt das Kind nicht, wie man mit anderen Menschen umgeht (sozialer Aspekt) oder lernt, dass man alles machen darf, ohne dass es Konsequenzen gibt. Und das kann für das spätere Leben der Kinder fatal sein. Zumal auch die Gesellschaft Anforderungen an einen stellt.

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Heyy,

nein das ist überhaupt nicht schlimm. Du hast ein Recht auf deine Privatsphäre. Und wenn du dich nicht vor deiner Mutter umziehen möchtest, dann ist das vollkommen in Ordnung. Wahrscheinlich hat sie so reagiert, weil es für sie total normal wäre, da sie dich ja als kleines Kind auch nackt gesehen hat und du eben ihr Kind bist. Du kannst deiner Mutter ja erklären, warum du dich so fühlst. Und dann wird sie das sicherlich verstehen. Aber du brauchst dich nicht schlecht fühlen. Das ist etwas ganz normales, dass man sich ab einem bestimmten Alter alleine umziehen möchte. :)

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