Hallo "KlausM1966",
nicht ganz eindeutig geht aus Ihrem Sachverhaltsvortrag hervor, wer nun die Klage beim Sozialgericht eingereicht hat. Im ersten Absatz schreiben Sie, dass Ihre Freundin Klage eingereicht hat und über einen Anwalt PKH beantragt hat. Zugleich schreiben Sie, dass Ihre Freundin dem Anwalt zutrug, dass Sie ohne PKH-Bewilligung keinen Prozess führen möchte. Es stellt sich hier also nunmehr die Frage, ob Ihre Freundin den Klageantrag selber, oder über Ihren Rechtsanwalt gestellt hat. Bitte beachten Sie, dass ich in meinen weiteren Ausführungen davon ausgehe, dass Klageantrag über den Rechtsanwalt gestellt wurde.
Sofern Ihre Freundin dem Rechtsanwalt bei Mandatserteilung bzw. im Gespräch darauf hingewiesen hat, dass Sie das streitige Verfahren lediglich unter der Voraussetzung der Bewilligung von PKH führen möchte, so ist der Anwalt hier an die Vorgaben Ihrer Freunding gebunden und auch nur in einem Prozesskostenhilfeverfahren tätig. Folglich ist der sachliche Anwendungsbereich der Nr. 3335 VV eröffnet ist, wonach die Abrechnung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV vorerst fern liegt.
Eine bedingte Klageerhebung vor einem Sozialgericht unter der Voraussetzung, dass Klage nur erhoben werden soll, sofern PKH bewilligt wird, ist dem Sozialrecht nicht bekannt. Probematisch ist das hier, weil viele Sozialgerichte nicht zeitnah über den PKH-Antrag entscheiden und somit zum einen der Mandant nicht weiß, ob er die Kosten des Rechtsanwaltes tragen muss. Zum anderen muss auch der Rechtsanwalt hier um sein Honorar fürchten, weil sein Mandant aufgrund möglicherweise nicht hinreichender Liquidität nicht sofort, oder nur in Raten zahlungsfähig ist. Um diese Problematik zu umgehen, hätte der Rechtsanwalt Ihrer Freundin hier also einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag, ggf mit einem Klageentwurf, stellen und zunächst die Entscheidung über die Bewilligung von PKH abwarten müssen. Er hätte zudem in dem isolierten Antrag auf PKH deutlich zu machen, dass er selber nur mit der Stellung des Antrags auf PKH beauftragt ist. Die Klagefrist wäre demgemäß gewahrt, wenn der Antrag auf PKH gestellt und das Formular gem. § 117 Abs. 4 ZPO vorgelegt wurde. Auch wenn also innerhalb der Klagefrist (ein Monat) nicht über die PKH entschieden wurde, ist es im Nachgang immer noch möglich, fristgerecht Klage einzureichen, indem er nach § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Immerhin war Ihre Freundin ohne Verschulden daran gehindert, die Verfahrensfrist einzuhalten.
Wie @Ronox bereits richtigerweise ausgeführt hat, wird die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 RVG entstanden sein, weil der Rechtsanwalt Ihrer Freundin die Klage zurückgenommen hat. Jedoch ist hier zweifelhaft, ob ihm diese Gebühr überhaupt zusteht, da er selber gar nicht mit der Klage, sondern lediglich mit dem isolierten Prozesskostenhilfeantrag betraut wurde. Es durfte demnach gar keine Klage eingereicht werden, sodass es auch keiner Rücknahme der Klage bedurfte. M.E. steht dem Rechtsanwalt daher für Verfahren vor dem 2. KostRMoG (1.8.2013) lediglich eine Gebühr nach Nr. 3336 VV und für Verfahren nach dem 1.8.2013, eine Gebühr nach Nr. 3335 VV zu.
Auch geht die Rechtsprechung davon aus, dass, wenn der Anwalt für den Mandanten sowohl einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe als auch die Klageschrift einreicht, der erteilte Auftrag des Mandaten im Zweifel dahin zu verstehen ist, dass die Klage erst nach Erteilung der Prozesskostenhilfe eingereicht werden soll (vgl. OLG Frankfurt JurBüro 1991, 1645; KG JurBüro 1989, 1551; OLG München, JurBüro 1979, 1013; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe VV 3335 Rn 5 und 12). Insofern entsteht zunächst die Gebühr der Nr. 3335 (bzw. 3336) VV. Erst wenn die Klage nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe tatsächlich zugestellt wird, entsteht die Gebühr der Nr. 3102 VV, auf die die Gebühr der Nr. 3335 VV anzurechnen ist (vgl. § 16 Nr. 2 RVG).
Vorangegangenes unterliegt allerdings der weiteren Voraussetzung, dass Ihre Freundin mit der Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags wegen Ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht rechnen durfte.
Ergebnisbetrachtet wurde vorliegend aus meiner Sicht keine Gebühr nach Nr. 3102 VV ausgelöst, weil die Handlung des Rechtsanwaltes nicht durch den Auftrag Ihrer Freundin getragen wurde. Da hier davon auszugehen ist, dass Klage nur unter der Bedingung eingereicht werden sollte, wenn auch PKH bewilligt wird, ist anzunehmen, dass das Mandat als unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 BGB) stehend angesehen werden muss, nämlich dass der Prozessauftrag erst mit der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch wirksam werden soll. Es ist hier Sache des Rechtsanwalts, unter derartigen Umständen einen unbedingten Prozessführungsauftrag (auch Klage einreichen zu dürfen, wenn PKH nicht bewilligt wird), darzulegen.