Liebe Leute,
ich möchte folgendes ergänzen: Natürlich halte ich Philosophie nicht für ein Heilmittel. Natürlich bedeutet es nicht, dass ich ein guter Mensch bin, wenn ich Philosophie studiere. Ich denke aber nur - einen Schritt weiter - und frage mich inwiefern ein Mensch, der sich für kritisches Denken begeistern kann (Ich denke an die junge, motivierte Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hat Philosophie zu lernen und zu lehren) ein so großes Defizit hat, wenn es darum geht sein eigenes Verhalten zu hinterfragen bzw. zu unterlassen, beherrschter zu sein. Ein respektvoller Umgang mit seinen Mitmenschen ist doch ein Minimum. Der Punkt ist nämlich: Ich finde sie ja unheimlich intelligent - ja, ich muss sogar schon sagen, sie war die intelligenteste Lehrerin die ich hatte, daher enttäuscht es mich, was sie aus sich gemacht hat. Was sie für Qualifikationen hatte - puh. Und mit welcher Perfektion sie ihre Sätze betonte, wie sie ungekonnte Formulierungen einiger Schüler unfassbar schnell und gelungen rekapitulierte. ... Ich bin schon lange nicht mehr das kleine traurige, wütende Mädchen, dass ihr am liebsten den Hals umdrehen möchte, nein nein. Ganz im Gegenteil. Ich bin ihr verdammt dankbar für diese einmalige Erfahrung. Denn nur dadurch konnte ich den nächsten Lehrer, den ich hatte vom ganzen Herzen schätzen und habe noch immer ein wunderbares Verhältnis zu ihm, dass ich kaum beschreiben. Ein Mentor, ein Vorbild, ein zweiter Vater. Außerdem bin ich sehr an dieser Niederlage gewachsen. Ich bin viel viel viel gelassener geworden. Ich begegne Ärger ganz anders. So viel Macht gebe ich anderen nicht mehr über mich. Ich würde nichts anders machen. Ich bin nur von Grund auf ein sehr neugieriger Mensch und ab und zu denke ich eben an sie und frage mich einfach nur, was dafür verantwortlich ist, dass sie so zornig und unbeherrscht ist. Irgendwie habe ich einfach das Gefühl, dass ich aus ihren Fehlern viel für mich gewinnen kann. Noch mehr als sonst. So würde ich ihr das natürlich nicht sagen.