Kann man Bibel und Koran eins zu eins miteinander vergleichen?Davor möchte ich warnen! Denn gerade weil viele Menschen genau dies machen, gibt es unglaublich viele Missverständnisse im interreligiösen Dialog. Für Muslime ist der Koran GottesWort – man könnte sagen: „inlibriertes“ (d.h. buchgewordenes) Wort Gottes, so wie wir an Jesus als inkarniertes (d.h. fleischgewordenes) Wort Gottes glauben. Dadurch ist der Koran bei Muslimen nicht nur in seinem Inhalt, sondern in jedem Pünktchen heilig: „Das hat Gott so gesprochen.“ Für die meisten Christen ist es eher so, dass allein der Inhalt wichtig ist, und wie genau das formuliert ist, das tritt erst mal in den Hintergrund. Als Christen glauben wir, dass Gott sich zunächst einmal in Jesus offenbart, und dass die Bibel davon Zeugnis gibt. Dies ist ein ganz entscheidender Unterschied. Ich müsste also eigentlich den Koran nicht mit der Bibel, sondern mit Jesus vergleichen. Ich persönlich lese die Bibel ganz stark mit dem Gedanken: Da hat jemand etwas über Gottes Offenbarung erzählt. Das heißt, es gibt Raum für menschliche Deutungen und auch Unzulänglichkeiten. Daher ist es nur logisch, dass es zwischen den Evangelien manche Widersprüche gibt, denn ich weiß: Das wurde von Menschen aufgeschrieben, so wie sie es gehört haben oder wie sie sich erinnern. Wenn ich nun die Bibel Wort für Wort neben den Koran Wort für Wort lege, dann gibt es viele Schwierigkeiten. Für einen Muslim ist auch die kleinste Ungereimtheit im biblischen Text ein Manko, das die Bibel insgesamt unglaubwürdig macht. Er legt intuitiv einen anderen Maßstab an als ein Christ. Erst wenn man sich die unterschiedlichen Schriftverständnisse plausibel gemacht hat, wird ein Austausch über die verschiedenen Glaubensdokumente fruchtbar.
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