Prädestinationslehre. Die Ansicht, dass Gott von seinem Vorherwissen uneingeschränkt Gebrauch macht und dass er das Leben und das Geschick jedes Menschen vorherbestimmt, ist als Prädestinationslehre bekannt. Die Verfechter dieser Lehre folgern, dass Gott wegen seiner Göttlichkeit und Vollkommenheit allwissend sein müsse, und zwar nicht nur hinsichtlich der Vergangenheit und der Gegenwart, sondern auch hinsichtlich der Zukunft. Würde er nicht alles bis ins kleinste Detail vorherwissen, so wäre das gemäß dieser Ansicht ein Beweis für Unvollkommenheit. Beispiele wie der Fall der Zwillingssöhne Isaaks, Esau und Jakob, werden als Beweis dafür angeführt, dass Gott das Leben gewisser Menschen schon vor ihrer Geburt vorherbestimmt (Rö 9:10-13), und Texte wie Epheser 1:4, 5 werden zitiert, um zu beweisen, dass Gott die Zukunft aller seiner Geschöpfe schon vor Beginn der Schöpfung vorherwusste und vorherbestimmte.
Diese Auffassung kann natürlich nur dann richtig sein, wenn sie mit allen bereits erwähnten Faktoren übereinstimmt, einschließlich der biblischen Darlegungen über die Eigenschaften, Maßstäbe und Vorsätze Gottes sowie seiner gerechten Handlungsweise mit seinen Geschöpfen (Off 15:3, 4). Daher ist es angebracht, sich mit den Konsequenzen der Prädestinationslehre zu beschäftigen.
Gemäß dieser Auffassung hat Gott, bevor er die Engel oder Menschen schuf, seine Fähigkeiten des Vorauswissens und Vorhersehens benutzt und im Voraus alles gewusst, was nach der Schöpfung geschehen würde, so auch die Rebellion eines seiner Geistsöhne, die darauf folgende Auflehnung des ersten Menschenpaares in Eden (1Mo 3:1-6; Joh 8:44) und sämtliche daraus resultierenden schlimmen Folgen bis zum heutigen Tag und noch darüber hinaus. Das würde letztlich bedeuten, dass jegliche Schlechtigkeit im Lauf der Geschichte (Verbrechen und Unmoral, Unterdrückung und sich daraus ergebendes Leid, Lüge und Heuchelei, falsche Anbetung und Götzendienst) einst, vor Beginn der Schöpfung, nur in Gottes Sinn existierte, in Form seines Vorherwissens jeder kleinsten Einzelheit der Zukunft.
Hätte der Schöpfer der Menschheit aufgrund seiner Fähigkeit des Vorherwissens tatsächlich alles vorhergesehen, was sich seit der Erschaffung des Menschen abgespielt hat, dann hätte er mit den Worten „Lasst uns Menschen machen“ absichtlich den Anstoß zu all dem Bösen gegeben, was danach geschehen ist (1Mo 1:26). Dieser Sachverhalt stellt die Logik und Stichhaltigkeit der Prädestinationslehre infrage, und das umso mehr, als der Jünger Jakobus zeigt, dass Unordnung und alles Schlechte nicht vom Himmel, von Gottes Gegenwart, stammen, sondern ‘irdischen, animalischen, dämonischen’ Ursprungs sind (Jak 3:14-18).
Uneingeschränkte Anwendung des Vorherwissens? Die Behauptung, Gott wäre nicht vollkommen, wenn er nicht alle künftigen Ereignisse und Situationen bis ins Einzelne vorherwüsste, verrät in Wirklichkeit eine willkürliche Ansicht über Vollkommenheit. Vollkommenheit im eigentlichen Sinn des Wortes verlangt keine solch absolute, uneingeschränkte Anwendung, denn ob etwas vollkommen ist, hängt davon ab, inwieweit es den Maßstäben der Vortrefflichkeit entspricht, die jemand, der dafür kompetent ist, festgelegt hat. (Siehe VOLLKOMMENHEIT.) Letzten Endes sind Gottes Wille und Wohlgefallen – nicht die Meinungen oder Auffassungen von Menschen – ausschlaggebend dafür, ob etwas vollkommen ist oder nicht (5Mo 32:4; 2Sa 22:31; Jes 46:10).
it-2 (Einsichten über die heilige Schrift) S. 1247 Vorherbestimmung, Vorherwissen
Es gibt dazu noch mehr Informationen in dieser Quelle, die weiteren Aufschluss darüber gibt, doch das würde hier den Rahmen sprengen.