Moin!
Da die hilfreichste Antwort nicht sonderlich ausführlich und teilweise eklatant falsch ist, antworte ich auch mal Jahre später:
In dem konkreten Beispiel des Karlchen Müllers würde die Revisionsinstanz mit einer schallenden Ohrfeige an das Instanzengericht durchentscheiden und Karlchen Müller freisprechen.
In einem strafrechtlichen Gutachten prüft man folgendermaßen:
1. Tatbestand: Ist der angeklagte Straftatbestand oder ein anderer überhaupt erfüllt? Geprüft wird auch, ob eventuelle Qualifikationen oder Priviligierungen vorliegen. Grundtatbestand wäre der Diebstahl (§ 242 StGB) und der besonders schwere Fall des Diebstahls (§ 243 StGB) wäre eine Qualifikation.
2. Rechtswidrigkeit: War der erfüllte Tatbestand überhaupt rechtswidrig? Beispielsweise könnte es sich ja um das Eigentum des Karlchen Müller handeln. Insofern wäre der Diebstahl nicht rechtswidrig.
3. Schuld: Handelte der Täter überhaupt schuldhaft? Verminderte Schuldfähigkeit würde dazu führen, dass Karlchen Müller nicht schuldhaft handelte.
Bei einem Diebstahl gemäß § 242 StGB würde das vereinfacht so aussehen:
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) fremde bewegliche Sache
b) Wegnahme
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz (bezüglich der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache)
b) Absicht der rechtswidrigen Zueignung
Zueignungsabsicht: Aneignung mit Absicht, Enteignung: mindestens Eventualvorsatz, objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung, Vorsatz bezüglich dieser Rechtswidrigkeit
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Ggf. Anträge gemäß §§ 247, 248a StGB
Hinsichtlich des Urteils zitiere ich einfach mal aus einem Urteil, welches mir vorliegt:
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Strafverfahren gegen
Karlchen Müller, geboren ..., wohnhaft ...
Verteidiger Rechtsanwalt XY
wegen Diebstahls
Das Amtsgericht - Schöffengericht - XY hat in der Sitzung vom DD.MM.JJJJ,
in der teilgenommen haben:
Richter am Amtsgericht XY als Vorsitzender
XY als Schöffin
XY als Schöffe
Staatsanwalt XY als Vertreter der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt XY als Verteidiger
Justizangestellte XY als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
I. (Tenor)
Der Angeklagte Müller ist des Diebstahls in sieben Fällen schuldig.
II. Rechtsfolgen
Er wird zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
III. (Kostenregelung)
Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.
Gründe: (Hier wird zunächst der im Rahmen der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung festgestellte Sachverhalt ausführlich dargestellt. Dann wird dieser rechtlich beurteilt. Abschließend wird der Rechtsfolgenausspruch sowie die Kostenregelung begründet.)
Beglaubigung des Urteils durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
Rechtsbehelfsbelehrung
Bei der Urteilsverkündung wird das Urteil entsprechend mündlich in derselben Reihenfolge erläutert. Lediglich das Rubrum (die ganzen Namen) wird nicht genannt.
Ich hoffe, das gibt mal einen groben Überblick!
Bei Fragen stehe ich gerne - auch per PN - zur Verfügung!
Gruß