Ja, es gibt Belege für homosexuelle Gewalt im Skandinavien der Wikingerzeit.

Der altnordische Begriff für die Vergewaltigung durch einen anderen Mann waren stroðinn bzw. sorðinn, „von einem anderen Mann sexuell benutzt werden“. Der Begriff beschreibt das passive Eindringen, welches mit Schande, Schwäche, Feigheit und Perversion gleichgesetzt wird. Eindeutige Fälle homosexueller Gewalt finden sich etwa in der Guðmundar saga dýra und der Áróns saga Hjǫrleifssona. Die Texte entstammen der Surlunga, welche im Wesentlichen Ereignisse zwischen 1117 und 1264 abdeckt. Die in den Sagas beschriebene Gesellschaft ist weitestgehend die des 13. Jhd. Gleichwohl können gewisse Auffassungen über Ehre und Rang aufgrund begrifflicher und moralischer Kontinuitäten in die ältere Zeit zurückprojiziert werden. Ein Mann, welcher durch einen anderen Mann sexuelle Gewalt erfahren hatte, galt in der nordischen Gesellschaft als entehrt und seiner Männlichkeit beraubt. Durch seine Passivität und der damit einhergehenden Einnahme der weiblichen Rolle hatte er seiner Funktion als Krieger, Versorger und Beschützer der Familie sowie Mitglied der Gemeinschaft unwiederbringlich verloren. Der aktive Part in diesem Gewaltakt traf ursprünglich keine Rangminderung, erst unter christlichem Einfluss wurde auch das aktive Eindringen in einen anderen Mann – egal ob sich das Eindringen unter Gewaltanwendung oder Einvernehmen zugetragen hatte – zu einem schändlichen Verbrechen (Gulapingslçg 32, 1164).

Als welche Ungeheuerlichkeit homosexuelle Passivität, bzw. der Vorwurf der homosexuellen Passivität betrachtet wurde, zeigt sich etwa daran, dass ein Mann, welcher von einem anderen Mann der sexuellen Perversion/ Unterwerfung unter einen anderen Mann beschuldigt worden war, das Recht besaß, den Ankläger aufgrund dieser Schmähung unverzüglich zu erschlagen (Grágás Ib 237f., 12. Jhd.). Das Motiv der Tötung auf Grundlage dieser Ehrverletzung erscheint vielfach in den Islandsagas. Ähnliche Folgen wie das Eindringen eines anderen Mannes besaß im Übrigen die Vergewaltigung der Töchter oder der Ehefrau. Auch eine solche Tat war mit Ehrverlust und Rangesminderung des geschädigten Ehemannes verbunden.

Literatur:

Ebel, Else: Sittlichkeitsdelikte. In: RGA 28, Stuttgart 2005, S. 515ff.

Gade, Kari Ellen: Homosexuality and Rape of Males in Old Norse Law and Literatur. In: Scandinavian Studies, Bd. 58, H. 2 (1986), S. 124–141.

Ljungqvist, Fredrik Charpentier: Rape in the Icelandic Sagas: An Insight in the Perceptions about Sexual Assaults on Women in the Old Norse World. In: Journal of Family History, Bd. 40, H. 4 (2015), S. 431–447.

Topla, Matthias Simon: Das wikingerzeitliche Gräberfeld von Kopparsvik auf Gotland. Studien zu neuen Konzepten sozialer Identitäten am Übergang zum christlichen Mittelalter, Diss., Tübingen 2016.

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Die Heroen galten in der griechisch-römischen Welt als Menschen und Götter gleichermaßen. In gewisser Weise fungiert der Heros als Mittler zwischen Menschenwelt und Götterwelt indem er Gebete an die Götter bei diesen anträgt. Er besitzt übernatürliche Kräfte und es gibt keinen irdischen Bereich auf den der Heros keinen Zugriff besitzt. Er kennt die Zukunft, lenkt Kriege, lässt Pflanzen wachsen und hilft dem Staat dabei zu gedeihen und hält seine Hand über sie. Er ist (oft) Hüter der Gerechtigkeit, der Ordnung und des Rechts, besitzt also gewissermaßen eine Staatstragende Funktion. Oft, denn es gab tatsächlich auch böse, schädige Heroen. Auch kann er Krankheiten heilen. Dabei ist es auch nicht von allzugroßem Belang wie der Heros zum Heros geworden ist. Selbst Theagenes, Sieger der großen Festspiele, wurde eine heilende Wirkung zugeschrieben. Der Heros konnten, wenn er vernachlässigt oder beleidigt wurden, im Übrigen auch zürnen und den Menschen Hagel, Krankeit oder Missernten bringen. Er hält zudem eine schützende Funktion inne, die sich besonders, aber nicht nur, an den Heroengräbern offenbart, welche besondere Verehrung erfuhren und häufig das Zentrum eines Kultes waren. Der Opferung an einen bestimmten Gott ging häufig ein Opfer an einen mit dem Gott verbundenen Heros voraus. Es sei erwähnt, dass nicht alle Heroen Gräber besaßen, ja die Entrückung ist sogar ein Merkmal, das den Heros zweifelsfrei als einen solchen ausweist. Viele Heroen sind für bestimmte Bereiche, wie das Essen, das Singen, das Backen oder das Weinmischen zuständig. Vergleiche zu christlichen Heiligen drängen sich auf. Auch galten die Heroen (oft) als nachahmenswerte Vorbilder in Belangen wie Kühnheit und Tapfekeit, Stärke und Kraft, Gerechtigkeit oder Eifer. Hier erfüllen die Heroen also eine gesellschaftliche Funktion, wobei ihnen ihre Unmittelbarkeit zugute kam, welche die Götter so nicht besaßen. Grundsätzlich für alle Hereon lässt sich das aber nicht sagen. Manche Personen galten aufgrund einer Entrückung als Heroen, ohne dass sie etwas besonderes vollbracht hätten, was dem Kult um sie aber keinen Abbruch tat. Mit der Berufung auf die Abkunft Heroen wurden zudem Herrschaftsansprüche legitimiert. Vielfach war ihre Verehrung auch Ausdruck Vaterländischen Stolzes, was die Verehrung von Künstlern und Athleten in ihrer Heimstatt als Heroen erklärt. Im Übrigen war es auch möglich, dass Heroen zu Göttern aufstiegen und Götter zu Heroen herabsanken. RE, Heros, Band VIII, 1, 1912, S. 1111-1144.

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