Ich habe auch wie die meisten (was mich ehrlich gesagt überrascht) für Antwort a gestimmt: "Ja, die Legalisierung aller Drogen wäre besser als es heute ist"
Es ist zwar schon eine Weile her, aber ich hatte mich im Zuge meines Soziologie-Studiums mit dieser Frage detaillierter befasst. Meine Schlussfolgerung war: Auch wenn es so unkonventionell und für viele halbwahnsinnig erscheint, müsste der Gesetzgeber das Drogen kaufen für jeden Erwachsenen legal gestalten. Verkauf und Abgabe nur in vom Staat kontrollierten und zugelassenen Shops. Online-Bestellung von Drogen würde ich auch eher tendenziell untersagen als es zu ermöglichen. Denn: ein persönliches Erscheinen samt Beratung würde ich als Pflicht im "Drogenverkaufsshop" gesetzlich verankern. Eventuell könnte man sie gleich an die Apotheken anbinden und der Apotheker erhält zuvor eine extra Ausbildung dazu?
Zumindest bei harten Drogen und Partydrogen wie MDMA, Ecstasy, LSD, Heroin, Kokain, Crystal Meths, Amphetamin („Speed“), Ketamin, Magic Mushrooms und was es nicht sonst noch so alles gibt sollte der Verkauf sehr professionell geschehen. Bei „weichen“ Drogen wie Cannabis (sowohl Gras also Weed-Blüten als auch Haschisch und Cannabisöl!) und eventuell Halluzinogenen sollte der Kauf wie heute schon in Amsterdam als Erwachsener problemlos in separaten Coffeeshops möglich sein ohne großen Aufwand. Ist natürlich die Frage jetzt, welche Drogen man als „hart“ und welche als „weich“ einstufen sollte und nach welchem Kriterium. Wenn man das Kriterium hierfür nach dem Abhängigkeitspotential bestimmt, so müsste ja auch Alkohol als schädlichste Rauschsubstanz nur in der Apotheke zu kaufen sein.
Wenn man sich also mit dem Thema näher befasst, merkt man sofort, dass die Unterscheidung in legale und illegale Drogen keinen wissenschaftlichen Argumenten folgt, sondern rein willkürlich in der Geschichte erfolgte. Wieso kann ein Jugendlicher ab 16 Jahren Alkohol kaufen, wenn doch die Wissenschaft Ethanol (chemisch korrekte Bezeichnung des Wirkstoffes) als schädlichste Droge überhaupt deklariert?
Die Etablierung solcher Drogenshops und der ganze Umgang damit würde natürlich nicht gänzlich reibungsfrei ablaufen. Kritiker würden dadurch vorschnell das Projekt kippen wollen, aber wenn man es abwägt, sollte man wie ein folgend zitierter US-Forscher zum "war on drugs" zu ebenjenem gleichen Schluss kommen:
„Die Legalisierung und dann Regulierung der Arzneimittelmärkte wird wahrscheinlich zumindest kurzfristig chaotisch sein. Dennoch scheinen in einer technokratischen, kapitalistischen und grundsätzlich freien Gesellschaft wie den Vereinigten Staaten Bildung, Beratung, Behandlung, Verteilung, Regulierung, Preisgestaltung und Besteuerung besser zu unseren nationalen Fähigkeiten zu passen als die Unterdrückung riesiger Schwarzmärkte und der damit verbundenen Gewalt und Korruption.“
(Quelle: zitiert nach https://www.zauberpilzblog.net/ blog/2019/01/03/geschichte-krieg-gegen-drogen-war-on-drugs/ )
Damit sind die wichtigsten Argumente pro Drogen-Legalisierung schon zusammengefasst. Ich werde sie aber und weitere Argumente folgend noch plausibler ausführen und erklären:
- kein Schwarzmarkt mehr, somit keine Stärkung der Mafia, die mit dem Geld aus dem Drogenhandel Waffen und Menschenschmuggel finanziert und ausweitet
- berechenbare Qualität der jeweiligen Droge statt unwissentliche Einnahme einer Überdosierung (tatsächlich sterben die meisten Drogentoten an Überdosierungen und schädlichen Streckmitteln gepanschter Substanzen)
- die Einnahmen aus dem Drogenverkauf gehen ENDLICH an den Staat und nicht mehr an die Mafia, dadurch kann man viele Antisuchtprojekte und die Kosten finanzieren, die Drogensüchtige verursachen (tatsächlich wird immer nur eine Minderheit süchtig, die Mehrheit der Konsumenten neigt nicht zur Rauschmittelabhängigkeit)
- ehrlicher, unwillkürlicher Umgang mit dem Thema Drogen (heute zeigt ja das Beispiel Alkohol, wie sehr die westliche Gesellschaft hier der Bigotterie frönt)
- Freiwerden von enormen Ressourcen der Exekutive und Judikative, da die Polizei und Justiz sich nicht mehr mit Drogendelikten befassen muss, sondern die Energie anderweitig verwenden kann
- Keine Kriminalisierung von Konsumenten und Süchtigen, dadurch und durch das neue Geld kann Suchtkranken erheblich besser geholfen werden
- unkomplizierte Forschung von heute verbotenen psychoaktiven Substanzen für Wissenschaftler möglich (bspw. zeigen erste moderne Forschungen, dass Psilocybin und LSD bei Depressiven Menschen sehr gut wirken und heilen können. Ketamin soll sogar manische Episoden von Bipolar-Gestörten sofort beenden, bevor die Patienten großen Schaden anrichten)
- Konzentrierung in den Herkunftsländern der Drogen auf „wirklich“ nützliche Produkte und damit Vororthelfen und die schwachen Regionen aufbauen (heute kommt fast 90% des weltweiten verkauften Heroins aus Afghanistan. Wäre es nicht besser, wenn die Bauern normale Landwirtschaft betrieben und Nahrungsmittel für die Region herstellen?`)
Da der Krieg gegen die Drogen (englisch „War on Drugs“, ursprünglich aus Amerika kommend) meiner Meinung nach kläglich gescheitert ist, sollte man einfach mal ein Modellprojekt starten und den Kauf von Drogen aller Art unter strengen Voraussetzungen legalisieren. Und nach sagen wir 10 Jahren schaut man, welche Auswirkungen das hatte und ob die Vorteile größer sind als die Nachteile. Dann entscheiden die Fakten und Daten: entweder ja, alle Drogen weiterhin legal belassen nach dem Projekt und in bestimmten Verkaufsshops Erwachsenen anbieten. Oder eben nein, wieder Drogen illegalisieren und verbieten, da das Projekt keinerlei Besserung der Situation bewirkte. Ganze ehrlich Leute: Was glaubt ihr, würde hier eher eintreten? Ziemlich sicher Variante 1.
Aber ich will nicht die Kritikpunkte einer vollkommenen Legalisierung von Drogen verschweigen:
- ein nun gesellschaftlich tolerierter Umgang damit könnte zu erhöhtem Drogenkonsum führen und dadurch zu eventuell mehr Drogenabhängigen
- allein der Gedanke, um die Ecke mal eben Heroin oder Kokain kaufen zu können, treibt durch die Sozialisierung vielen heutigen Menschen sofort Sorgenfalten ins Gesicht und tatsächlich hört es sich sehr krass an
- wenn der Drogenschwarzmarkt dadurch ausgetrocknet wird, könnte man ja fast argumentieren, auch andere Schwarzmärkte durch Legalisierung auszutrocknen. Etwa Waffen oder Menschenhandel. (allerdings wird beim Drogengeschäft niemand Drittes direkt geschädigt, was bei Menschenhandel und Waffen anders wäre – der Kauf und Verkauf von jeglichen Rauschmitteln erfolgt ja stets freiwillig)
- Jugendlich könnten problemloser an Drogen kommen, vor allem wenn man den Onlinehandel erlauben würde (eine Bestellung an den großen Bruder oder ähnlich, daher sollten Onlinedrogenshops meiner Meinung nach erstmal nach wie vor verboten bleiben – zumindest für die harten Drogen wie Kokain, Heroin, Crack, Crystal und co). Andererseits sinkt das Neugierpotential für Jugendliche, weil es nichts von den Erwachsenen Verbotenes und Tabuisiertes mehr darstellt.
- soll die Gesellschaft dann für die Behandlung von Süchtigen aufkommen, wenn es mehr davon gäbe? Vielleicht müssten Drogenkäufer und -konsumenten durch ihr risikohafteres Leben dann höhere Krankenkassenbeiträge zahlen`? (das müsst man bei Alkohol, Tabak und Extremsportlern dann aber auch so handhaben)
Also letztlich bleibt das stärkste Argument gegen die Legalisierung sämtlicher Drogen die ungeklärte Frage nach einem eventuellen starken Ansteigen der Drogensüchtigen und Drogenkonsumenten, die dadurch eventuell den volkswirtschaftlichen Vorteil der Staatseinnahmen durch die Kosten zunichte machen würden. Zudem gibt es Bedenken beim Jugendschutz.
Wenn man beide Seiten abgleicht, ergibt sich allerdings schon das klare Bild, dass man wenigstens ein jahrelanges Modellprojekt starten soll, um zu überprüfen, wie genau die Menschen darauf reagieren. Kaufen sie vermehrt Drogen und nimmt der Konsum dramatisch zu, steigen die volkswirtschaftlichen Schäden dadurch? Oder ergeben die hunderte von Milliarden (!) neuer Steuereinnahmen ein dergestaltiges Plus, dass all die Unkosten locker gedeckt werden könnten und mit dem überschüssigen Geld ehrliche Drogenaufklärung, Kliniken, Behandlungen und vielleicht sogar neue bzw. verbesserte Infrastruktur wie Schulen etc finanziert werden könnten?
Wenigstens ein Versuch als Modellprojekt in einem Land sollte man doch mal wagen, oder sehen die Kritiker das vehement anders? Nach 10 Jahren könnte man ja dann immer noch entscheiden, ob man es so belässt oder wieder rückgängig macht. Ich finde, dieses Risiko ist überschaubar, aber die Möglichkeiten sind so großartig: Daher sollte man alle Drogen legalisieren und schauen, wie es sich entwickelt!
PS: puh, ist jetzt doch etwas sehr viel mehr geworden als ich eigentlich schreiben wollte. Aber vielleicht hilft dir das bei der Diskussion mit deinem Freund und auch anderen Personen weiter. Mach dir einfach ein eigenes Bild und wäge die Argumente selbstständig gegeneinander ab!