Hallo, ich kann gut verstehen, dass Deine Mutter und Du Euch Sorgen machen um Deinen Bruder. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass weder Druck noch Zwang noch Verurteilung - was alles ein Ausdruck von Angst und Hilflosigkeit (verständlicherweise) und leider auch Unwissenheit ist - hilfreich sind, sondern im Gegenteil alles nur noch schlimmer machen werden.

Ebenso bin ich davon überzeugt, dass die Annahme, der Grund sei "Faulheit", ein großes Missverständnis ist - auch wenn dies nun so aussehen mag. Bedenke: die jetzige Situation ist eine Momentaufnahme, die dem Ganzen - allem, was vorausgegangen ist und allem, was sich in und um Deinen Bruder herum abgespielt hat und abspielt - nicht gerecht wird. Wenn Dir Dein Bruder wirklich wichtig ist (wovon ich ausgehe!) - und ebenso Deiner Mutter (auch hiervon gehe ich fest aus!), dann nehmt ihn ernst und steht und haltet zu ihm! Das bedeutet nicht, alles so zu lassen oder andererseits ihn links liegen zu lassen. Das kann aber zum Beispiel bedeuten, ihn ernsthaft zu fragen: Wie geht es Dir? Was willst Du/wünscht Du Dir/Was brauchst Du? Und was nicht? (möglicherweise Fragen, die er erstmal gar nicht beantworten kann oder will, aber auch das wäre nachvollziehbar).

Schuleschwänzen ist Ausdruck von etwas - Frage ist also: von was? Schuleschwänzen ist kein Zeichen, dass jemand es sich leicht macht/den leichtesten Weg geht - nein, im Gegenteil: man muss ganz schön stark sein oder verzweifelt oder hilflos oder resigniert. "Schulschwänzern" sollten wir eigentlich dankbar sein, denn sie bringen uns dazu, uns endlich wichtige Fragen zu stellen, die wir uns nie stellen, es aber dringend tun sollten (z.B. Was ist nicht in Ordnung/Was stimmt hier nicht?)!

Aus Respekt vor der Person, die Dein Bruder (und im Übrigen jeder junge Mensch) ist, würde ich ihn fragen: "Hey, ich frage mich, ob es Dir gut geht. Ich möchte Dir beistehen - was kann ich tun?"

Was würdest Du Dir (von Deinen Nächsten und Liebsten) wünschen, wenn Du an seiner Stelle wärst??

Ich kann verstehen, dass Du nicht mehr tatenlos dasitzen kannst und willst. Dann eine Idee: informiere Dich, wappne Dich mit allen Infos, die Du brauchst, um Deinen Bruder zu verstehen und ihn zu unterstützen - vielleicht ihm eine Vertrauensperson und ein Freund zu sein. Ein Hinweis auf einen Beitrag zum Thema Faulheit: http://derblogfuerschueler.blogspot.de/2011/06/weitere-gedanken-zur-faulheit.html (in diesem Blog findest Du im Übrigen noch viel mehr aufregende und anregende Gedanken, z.B. auch zum Stichwort Schulverweigerung, und die Autorin ist darüberhinaus eine mögliche Ansprechpartnerin zu Deiner Thematik).

Alles Liebe und Gute! Franklin

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Schule - Zu Extrem?

Hallo,

Da ich mich in letzter Zeit des öffteren frage, ob ich der einzige bin, der der Auffassung ist, das die Schule heutzutage nicht mehr stressfrei zu bewältigen ist, stelle ich nun mal die Frage.

Erstmal zu mir, Ich bin 16 Jahre alt und gehe mitlerweile in die 10te Klasse, bis zum Abi sind es also noch weitere zwei Klassen. Drei von den fünf Schultagen müssen wir jetzt schon Nachmittags in der Schule bleiben und sind erst gegen späten Nachmittag zuhause. Ich verbringe in volle Stunden umgerechnet pro Woche ca. 33 Stunden in der Schule, und das ohne den Hin- bzw. Rückweg einzuberechnen. Wenn ich dann erst so spät zuhause bin bleibt mir wenig Zeit um zum Beispiel etwas mit Freunden zu unternehmen, da auch noch die Hausaufgaben dazukommen!

Jetzt kommen vor Ende des ersten Halbjahres sehr viele Lehrer mit ihren Arbeeiten, die sie alle noch schnell schreiben möchten und desshalb ist es kein Einzelfall, wenn man 3 Wochen hintereinander das maximum an Arbeiten pro Woche (3 Stück) schreibt.

hat man mal einen Tag aus Krankheitsgründen gefehlt kann es einem auch passieren, dass man anstatt der maximal zugelassen drei Arbeiten doch vier schreiben muss und Tests oder Referate muss man dann noch dazu schreiben bzw. halten, da diese keine Begrenzung haben!

Ein klassenkamerad von mir muss nächste wWoche zum Beispiel 4 Arbeiten, 1 Test und ein Referat halten.

Ich könnte mich Stundenlang über die Schule aufregen, aber ich denke das wird die meisten nicht mehr interessieren. Nun frage ich mich also, bin ich der einzige, der denkt das Schule heutzutage einfach "unschaffbar" ist (ich meine Burnouts bei Jugendlichen sind zum beispiel auch nicht mehr selten). Und haben wir Schüler eigentlich noch irgenteine Chance, das ganze zu unterbinden?

Über eure Meihnungen würde ich mich freuen.

Liebe Grüße

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Lieber junger Mensch, danke für Deine Offenheit und Deine Fragen (es ist ja nicht unriskant, dies Thema aufzuwerfen)! Du bist mit Sicherheit nicht der Einzige, der denkt, Schule sei... ja, was eigentlich alles (allein die vielen Daumenhoch-Bekundungen). Warum solltest Du Deinen eigenen Empfindungen nicht trauen - dass das, was Du erlebst, ernstzunehmen ist. Nur, was sind die Konsequenzen?

Du fragst "Und haben wir Schüler eigentlich noch irgenteine Chance, das ganze zu unterbinden?" Was meinst Du damit? Was würdest Du Dir wünschen? Und wenn Du frei herumfantasieren könntest - und an Deine Interessen denken würdest, die Frage, wie Du Dein Leben gestalten wolltest usw. ... Wofür wären Schüler bereit, sich einzusetzen?

Falls Du zum Lesen bereit bist, hier ein paar Tipps: unter http://derblogfuerschueler.blogspot.de/p/inhaltsverzeichnis.html findest Du einen Beitrag mit dem Titel: "Wer entscheidet über Dein Schicksal? Wer bestimmt über Dein Leben?" ebenfalls interessant in Bezug auf Deine Fragen: "Über die Freiheit, etwas abbrechen und weggehen zu können" ... und der aktuelle Beitrag vom 10. Dezember... aber ich möchte Dich warnen, dies ist schon mutige Kost...

Einen interessanten Artikel zum Thema "Schulstress" findest Du in der aktuellen Ausgabe des Unerzogen-Magazins (findest Du im Netz, der Artikel ist gratis zu lesen).

Ich glaube nicht, dass es in Sachen Schule wirklich möglich ist, etwas zu unterbinden - und dass das die Lösung wäre. In einem Film über wundersame Heilungen war eine Geschichte besonders faszinierend: Ein Musiker hatte einen Hirntumor. Er machte Hypnotherapie und stellte sich vor, wie die Zellen in seinem Körper die bösen Zellen bekämpfen... aber es half nichts. Da hatte der Therapeut eine Idee: Er solle sich etwas ganz anderes ausmalen, dass nämlich die gesunden Zellen schneller wachsen als die Krebszellen und diesen letztendlich den Raum nehmen - irgendwann war der Tumor weg! Heißt: Finde das Gesunde, das Lebendige, das Kreative in Dir - finde die Menschen (oder die Literatur), die Dich darin bestärken und dabei unterstützen und begleiten. Wo kämen "Schüler" hin, wenn sie sich dessen bewusst würden und anfingen, selbstbestimmt sein zu wollen? (dies ist eine ernstgemeinte Frage) ... ein Tipp für diesen Weg ist das "Teenager Befreiungs Handbuch" - äußerst inspirierend! Aber absolut nicht mainstream!!!

Alles Gute und herzlichen Gruß Franklin

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Ich kann Deine Gedanken und Fragen gut verstehen. Ich möchte Dich aber gern auf zwei Irrtümer hinweisen, von denen Du meiner Meinung nach ausgehst (zumindest, wenn ich Deine Worte ernst nehme): Ein super Abi (was Dir nicht garantiert ist) ist keine Garantie, dass Du jeden Job haben kannst, den Du willst! Es ist nicht einmal eine Garantie, dass Du überhaupt einen Job bekommst (das war früher mal so - heute nicht mehr). Und zweitens - und dies zu Deiner Beruhigung: die nächsten 3 Jahre entscheiden nicht über Dein Leben! Du bist es, der es lebt und jeden Tag entscheidest Du Dich tausendfach für oder gegen etwas - und jeden Tag hast Du die Chancen, Dich für dasselbe oder für anderes zu entscheiden! Ich würde Deine Frage, ob es Sinn macht, diese 3 Jahre nur was für die Schule zu tun, ganz klar mit "Nein" beantworten. Viele der beeindruckendsten Menschen, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe, haben kein gutes Abitur, teilweise nicht einmal überhaupt eines - manche nicht einmal einen Abschluss... Wenn Du Dich lieber darauf konzentrierst, was Du gerne machst, was Dich interessiert, was Du gut kannst - wenn Du hinterher nicht nur eine Zahl vorzuweisen hast, sondern Dich als die einzigartige, interessierte und für bestimmte Dinge begeisterte Person zeigen kannst, die Du bist, dann hast Du gute Chancen... Das Leben funktioniert nicht so, wie uns oft vorgegaukelt wird. Erfolg und Glück sind nicht an Paukerei in der Schule geknüpft.

Zur Inspiration und Entscheidungsfindung mag ich Dir zwei Lesetipps geben: das Teenager Befreiungs Handbuch von Grace Llewellyn (egal, wie und wofür Du Dich entscheidest, dieses Buch ist in mehrerlei Hinsicht ein Schatz! Ich habe es mit 30 Jahren gelesen - und wünschte, ich hätte es in Deinem Alter gekannt. Der zweite Lesetipp ist dieser Artikel zum Thema "Schulstress": http://www.unerzogen-magazin.de/aktuelle_ausgabe/?view=ad&aid=368

Egal, wofür Du Dich jeden Tag auf's Neue entscheidest, entscheide aus ganzem Herzen - dann bereust Du hinterher nichts. Es kann im Nachhinein immer gesagt werden, was anderes wäre vielleicht besser gewesen, aber woher wollte man das wissen? Du würdest es bereuen, wenn Du im Nachhinein sagen müsstest: "Ach, eigentlich hätt ich es doch schon immer gern anders gemacht, aber..."

Lebe, begeistere Dich, bilde Dich, genieß Dein Leben - nicht nur in den nächsten 3 Jahren... dann wirst Du Deinen Weg finden und er Dich!

Alles Liebe und Gute Franklin

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