• Gegner einer Europa-Armee merken an, dass sie einen Grad der Integration und des Föderalismus vo-
raussetzt, über den die EU nicht verfügt und den die meisten Mitglieder nicht akzeptieren werden. Ob
grundsätzlich nützlich oder nicht – sie sei einfach nicht zu realisieren.
• Gerade die USA warnen seit vielen Jahren davor, kostspielige Duplizierungen zu vermeiden. Wenn eine
Europa-Armee parallel zu den nationalen Streitkräften geschaffen würde, ginge dies zu Lasten der oh-
nehin unterfinanzierten nationalen Streitkräfte. Das Ergebnis wäre ein noch schwächeres europäisches
Militär.
• Aus Osteuropa kommen warnende Stimmen, dass gerade angesichts der neuen Aggressivität Russlands
die Bindungen zu den USA nicht geschwächt werden dürften. Die Glaubwürdigkeit amerikanischer
„Commitments“ im Rahmen der NATO dürfte nicht durch illusorische Europakonzepte untergraben
werden.
• Eine Europa-Armee ist – wenn überhaupt – nur in ferner Zukunft vorstellbar. Derartige Langfristkonzep-
te hätten aber keinerlei Auswirkungen auf den aktuellen sicherheitspolitischen Handlungsbedarf. Sie zu
diskutieren ist deshalb müßig.
• Statt politische Energien auf das Fernziel einer Europa-Armee zu verschwenden sollte versucht werden,
die konkrete militärische Kooperation voran zu treiben. Mit bi- und multilateralen Projekten oder mit
Anlehnungspartnerschaften ließen sich Kooperationsinseln schaffen, welche die Schlagfähigkeit der
Streitkräfte real erhöhen.
• Mit der NATO, der ja auch die große Mehrzahl der EU-Staaten angehört, gibt es bereits ein funktionie-
rendes Beispiel integrierter militärischer Schlagfähigkeit. Sie deckt als erfolgreichstes Militärbündnis der
Geschichte sowohl Landesverteidigung (nach Art. 5 des Washingtoner Vertrages) als auch Krisenma-
nagement ab.
• Die NATO hat in den vergangenen Jahren ihre Strukturen so flexibel gestaltet, dass sie in unterschiedli-
chen Zusammensetzungen militärisch handeln kann. In Afghanistan hat sie Staaten einbezogen, die we-
der NATO-Mitglieder sind, noch geografisch zu Europa gehören. Es ist deshalb ohne weiteres möglich,
dass nur europäische Staaten oder nur EU-Mitglieder im Rahmen der NATO militärische Operationen
durchführen.
• Die aktuelle Russland-Krise hat gezeigt, dass die Arbeitsteilung zwischen dem militärischen Akteur
NATO und dem sicherheitspolitischen, aber nicht militärischen Akteur EU gut funktioniert. Die NATO
konzentriert sich auf die militärische Abschreckung Russlands, um eine Ausdehnung des Konfliktes auf
NATO-Territorium zu vermeiden. Die EU versucht hingegen, mit ihrem breiten Spektrum an Handlungsmöglichkeiten die Krise zu entschärfen und Russland zu einem weniger aggressiven Verhalten zu
bewegen.
• Militärische Kriseninterventionen dürften in Zukunft kaum noch von den großen Organisationen NATO
oder EU durchgeführt werden. Zum einen hat sich in der Mehrheit der Mitgliedsländer eine Interventi-
onsmüdigkeit eingestellt, da Afghanistan oder Libyen gezeigt haben, wie wenig auch mit militärisch er-
folgreichem Handeln erreicht werden kann. Zum anderen wird es von Russland kaum noch Zustimmung
in der UN für eine NATO- oder EU-Operation geben. Interveniert wird künftig bestenfalls von „Coaliti-
ons of the Willing“. Damit verliert eine Streitkraft der EU, die ja nach Ansicht der meisten Befürworter
auf Kriseninterventionen gerichtet sein soll, einen Teil ihrer Berechtigung.
• Ideen von noch mehr europäischer Gemeinsamkeit im sicherheitspolitischen Bereich würden den Euros-
keptikern Aufschwung geben und gerade einer Loslösung Großbritanniens von der EU („BREXIT“) Vor-
schub leisten.