Hallo,

ich erblinde seit 2 Jahren langsam aber unabänderlich. Meine Sehnerven sterben langsam ab. seit 3o Jahren wohnen wir im Wald und das Gefühl der Angst habe ich in der Zeit fast verloren. Sind doch für mich die Begegnungen mit Wildschweinen, Waschbären, der Füchsin, Rehen, sogar dem Wolf an der Tagesordnung. Angst verspüre ich manchmal im Straßenverkehr.Mit 4 Kennzeichen, einem auf jedem Arm, einem auf der Vorderseite, einem auf dem Rucksack und unterwegs mit dem Langstock wurde ich von einem Autobeweger angemault ich solle mein sch...Nordic walking gefälligst im Wald machen. Ja, das passiert. Ich habe ein 40 Stündiges Mobilitätstraining absolviert, Bus und Bahn fahren gelernt und mit viel Freude wahrgenommen das es sehr viele nette, hilfsbereite und freundliche Menschen aller Altersklassen gibt, die mir bisher immer Hilfe angeboten haben.

Hatte ich das Glück die längste Zeit meines Lebens sehend gewesen zu sein kann ich aber jetzt von dem Wissen zehren. Wie beschreibe ich einem blinden Menschen eine Farbe, die Sonne, das Gras, wie ein Reh, einen Hund, wie was Schön ist? Blind, nach dem Gesetz, ist wer weniger als 2 % Sehkraft hat. Das trifft auf mich zu. 3D entfällt völlig. Eine Abfolge von Bildern in Echtzeit ist nicht mehr zu verarbeiten. Das Gesichtsfeld schrumpft auf mittlerweile knapp 5%. Also nur noch etwas geradeaus sehen können. Reaktionszeit bis zum Zusammenstoß mit einem anderen Menschen ist gleich NULL! Wenn derjenige denkt er kann noch schnell vor mir rüberhuschen schlage ich ihn mindestens mit meinem Stöckchen.

In der Straßenbahn hieß es setz disch hierhin alda. Artig Danke gesagt. Dann redeten die 4 Jungen arabisch. also wenn man Anst hat lernt man das Gute in den MAnschen nicht kennen.

Ich träume in Farbe und kann da auch alles normal sehen. Manchmal ist es zu real. Dann wird das Aufstehen zur Qual. Das, meine ich, ist das größte Problem. Die Psyche. Ich bin nur Auto gefahren, kannte keinen Bus oder Bahn von innen. Dann, von einem Tag auf den anderen hieß es kein Auto mehr fahren. Ich habe den Arzt nicht ernst genommen. Es wurde aber Realität. Allein kann man sowas nicht verarbeiten. Ein gutes Jahr habe ich mich verkrochen, dann ging es langsam wieder los. Jetzt fragen mich Kinder aus dem Kindergarten wenn wir uns in der Stadt begegnen was mit mir los ist. Dann reden wir und es ist schön ihnen die Scheu zu nehmen.

Der öffentliche Verkehr ist so gut ausgebaut, fast alle Busfahrer und alle Schaffner und inninn kennen mich und helfen mir. Die Bahn bietet Hilfe an. So bringt die Schaffnerin des Zuges mich persönlich zum Bus, die Bahn schickt mir bei Bedarf eine Person die mich zu meinem Bahnsteig bringt. Es ist schön zu wissen wie hilfsbereit der größte Teil der Menschen ist.

Ich hoffe das ich dir mit meiner Antwort Neues vermitteln konnte. deine Fragen spiegeln ja auch wieder das du dich mit diesem Thema beschäftigst. Das freut mich!

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