Hallo :)
Ich vermute sehr stark, dass ich mich auf dem Autismus-Spektrum befinde. Aus diesem Grund habe ich auch bald einen Termin beim Psychiater, um mich ggfs. diagnostizieren zu lassen. Selbst wenn ich kein Autist bin, interessiert mich das Thema trotzdem brennend.
Es treffen unglaublich viele Symtome des Spektrums auf mich zu, insbesondere in Richtung Asperger-Syndrom. Damit meine ich Sachen wie z.B. Reizverarbeitung, Stimming, Verhaltensweisen, Sozialverhalten etc.
Eine Frage habe ich jedoch noch zum Thema Empathie. Ich habe sehr sehr oft gehört, dass Autisten absolut nicht in der Lage sind, sich in andere Menschen hineinzuversetzen oder ihre Emotionen deuten zu können.
Ich persönlich habe das Problem, dass ich Mimik und Gestik nicht deuten kann, zumindest bei Personen, die ich wenig oder gar nicht kenne. Wenn ich jedoch eine Person sehr gut und lange kenne, wie z.B. meine Freundin, lerne ich die Verhaltensmuster der Person genauer kennen und kann kleinste Abweichungen exakt deuten und kognitiv auswerten. So gesehen ist das halt eine andere Art der Empathie, muss ja nicht immer über Mimik gehen wie es so manche Psychologen behaupten. Kenne ich eine Person jedoch nicht, merke ich absolut nicht, dass diese traurig oder glückich ist, egal wie offensichtlich es für andere, normale, Menschen ist.
Kommen wir zum Thema Mitgefühl. Dieses kann ich bei Bedarf an- oder ausschalten, so wie es mir gerade passt. Beispielsweise habe ich ein sehr großes Mitgefühl mit Tieren, weshalb ich auch inzwischen vegan lebe. Das gleiche auch bei manchen Menschen. Wenn ich will, kann ich mich unglaublich stark in diese hineinversetzen, meistens sogar so stark, dass es mir mehr weh tut als der Person selbst. Komischerweise mache ich das nicht unbedingt immer, wenn ich also jemanden nicht mag oder ich keinen Sinn darin sehe, könnte er sich übertrieben gesagt vor mir das Bein brechen oder zu weinen anfangen, ohne dass es mich auch nur ansatzweise interessiert. So ist z.B. meine Mutter mal angekommen und hat gesagt, dass mein ehemaliger Klassenleiter Krebs hat und sie nicht wissen, ob er es schaffen wird oder er jemals wieder arbeiten kann. Meine Antwort darauf: "Aha. Und wann gibt´s Mittagessen?" Das Gleiche auch bei fiktiven Charaktären: während andere Menschen bei Filmen das Weinen anfangen oder sich unglaublich für diese Person freuen, lässt mich das vollkommen kalt (beispielsweise wenn die Hauptperson einen tragischen Schicksalsschlag erleidet).
Irgendwie ist das doch schon seltsam, oder? Setze ich mich in eine Person hinein, werde ich selbst aufs Übelste verletzt und leide mit, aber gleichzeitig ist es mir relativ egal, ob eine andere Person vielleicht bald qualhaft sterben wird, obwohl sie mir niemals etwas angetan hat.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen? Würde mich mal echt interessieren, insbesondere aus der Sicht eines Autisten. Ist es für Betroffene generell unmöglich, sich in andere hineinzuversetzen? Oder sind das nur Einzelfälle? Danke für eure Antworten!