Die Todesstrafe – eines der wohl brisantesten Themen der US-Gesellschaft

Erstmals wurde in den United States ein Mensch mit Stickstoff hingerichtet. US-Medien berichten von einem 22-minütgen, qualvollen Todeskampf. Menschenrechtler und Wissenschaftler hatten zuvor vor unabsehbaren Folgen der bisher nicht bekannten Prozedur gewarnt. Grundsätzlich stellt sich auch die Frage danach, inwieweit Todesstrafen im Jahr 2024 überhaupt noch angebracht sind... Die gutefrage-Community ist gespaltener Meinung.

gutefrage-Redaktion
26.1.2024
Tabletten

Die Zahl der Hinrichtungen in den USA ist zwar seit Jahren rückläufig - es fehlen unter anderem Gift, Geld und Menschen, die sie durchführen wollen. Dennoch ist die Verhängung der Todesstrafe nach wie vor ein äußerst brisantes Thema der amerikanischen Gesellschaft. Schließlich sind die USA die einzige westliche Demokratie, die bis heute in 27 ihrer 50 Bundesstaaten an der Todesstrafe festhält.

Ein aktueller Fall in Alabama sorgt derzeit einmal mehr für großes Aufsehen: Die US-Justiz hat die geplante Hinrichtung eines Straftäters mit Stickstoff zugelassen - einer bislang noch nie angewandten und medizinisch-wissenschaftlich nicht erforschten Prozedur bei der der Person mithilfe einer Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt wird und die einen äußerst qualvollen Tod durch Sauerstoffmangel zur Folge haben kann.

Der Fall Kenneth Smith

Kenneth Eugene Smith wurde wegen eines Auftragsmordes, den er 1988 im Alter von 22 Jahren begangen hatte, zum Tode verurteilt. Smith sollte bereits 2022 mit einer Giftspritze hingerichtet werden. Dem Gefängnispersonal gelang es damals aber nicht, die dafür nötige Kanüle in seinen Arm zu legen. Er wurde nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf dem Exekutionstisch lag, wieder in seine Zelle gebracht. Eine neue Option musste also her: Der heute 58-Jährige ist in der Nacht zum Freitag deutscher Zeit unter Anwendung sogenannter Stickstoffhypoxie exekutiert worden.

Im Vorfeld scheiterten die Anwälte des zum Tode Verurteilten, sowohl vor dem Obersten US-Gericht als auch vor einem Berufungsgericht mit dem Antrag, die Hinrichtung zu stoppen. Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen und von Amnesty International, die sich generell für die Abschaffung der Todesstrafe aussprechen, warnten vor einem möglicherweise grausamen Tod bei der ungetesteten Prozedur. Es könne sich demnach um Folter handeln.

"Alabama lässt die Menschlichkeit einen großen Rückwärtsschritt machen"

Diese Befürchtung bewahrheitete sich offenbar. Wie die Behörden in einer Pressekonferenz vor Ort mitteilten, trat Smiths Tod um 20.25 Uhr (Ortszeit) ein. Der Stickstoff sei rund 15 Minuten zugeführt worden.

US-Medien berichten währenddessen von einem langen Todeskampf: Laut Zeugenaussagen soll er ganze 22 Minuten gedauert haben. Immer wieder habe der zum Tode Verurteilte das Bewusstsein verloren, erlangte es aber wieder und wieder zurück, schüttelte und wand sich auf der Bahre.

Anschließend nahmen Augenzeugen mehrere Minuten lang schweres Atmen wahr, bis schließlich keine Atmung mehr ersichtlich war. Derweil hatten die Behörden in Alabama prognostiziert, das Stickstoffgas werde innerhalb von Sekunden zur Bewusstlosigkeit und innerhalb von Minuten zum Tod führen.

Übereinstimmenden Berichten zufolge waren Smiths letzte Worte: "Heute Abend lässt Alabama die Menschlichkeit einen großen Rückwärtsschritt machen! Ich gehe mit Licht und Liebe und vor allem in Frieden." Weiter bedankte er sich bei allen, die ihn unterstützt haben: "Ich liebe euch alle!"

Zwei Diskutierende

So denkt die gutefrage-Community über die Todesstrafe

Wir haben unsere gutefrage Nutzer gefragt, was sie von der Todesstrafe an sich und dem Fall in Alabama halten. Es zeigt sich, die Meinungen gehen auseinander.

Unser Nutzer kurznachgehakt spricht sich, ebenso wie LenaSophie23 und die Mehrheit der Community, gegen die Todesstrafe aus:

Ich finde, dass die Todesstrafe keine Berechtigung hat.

Man sollte sich meiner Meinung nach überlegen, welchen Zweck Strafen und insbesondere die Todesstrafe erfüllen.

Strafen haben in der Regel mehrere Funktionen: Einerseits sollen sie Menschen von Straftaten abhalten. Des Weiteren sollen die Opfer das Gefühl haben, dass das, was ihnen angetan wurde, nicht ohne Konsequenzen bleibt. Also eine Bestätigung dafür, dass ihnen unrecht getan wurde und der Staat/die Gesellschaft auf ihrer Seite steht. Früher stand vor allem Rache, oder das Sühnen eines erlittenen Unrechts im Vordergrund.

Alle genannten Ziele sind meiner Meinung nach ohne Todesstrafe zu erreichen.

Um Straftaten zu verhindern gibt es beispielsweise wesentlich bessere Ansätze (...)

Zur Antwort

Kurz gesagt: In dem Moment, wo Gewalt legalisiert wird, radikalisiert sich die Gesellschaft und so gewaltbereiter ist diese. Dazu gibt es unzählige Beispiele. Der Erste Weltkrieg, die Französische Revolution und viele mehr. Notwehr ist davon ausgenommen, weil es da um den Schutz des eigenen Lebens geht. Das Inhaftieren in Gefängnissen bietet ausreichend Schutz. Des Weiteren ist es moralisch mehr als verwerflich (konnte dazu etwas Langes schreiben, aber wie gesagt, es soll nur *kurz gesagt* sein). In Finnland leben selbst schwerst verurteilte Mörder auf ganz normalen Dörfern, gehen alleine einkaufen, wohnen in kleinen Häusern (ein Gefängnis ist es nach wie vor; Überwachung, Strafen, vorgegebene Strukturen, Freiheitsentzug) und die Dorfbewohner stört es nicht. Finnland soll laut Statistiken das beste System haben. Die Resozialisierung soll genial funktionieren und wie dem auch sei, Mord gehört so oder so zu den singulären Verbrechen in der Regel.

Zur Antwort

Die Todesstrafe als ein Werkzeug der Gerechtigkeit?

... auch so sehen es einige Nutzer der gutefrage-Community. Etwa Melloone551. Unter anderem wegen der Kosten für die Unterbringung von lebenslang verurteilten Straftätern, befürwortet der gutefrage-Nutzer PieOPah die Todesstrafe. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die Straftat zweifelsfrei belegt sei.

es wichtig ist die Gesellschaft vor solchen Individuen zu schützen! Weil für mich das Opfer über den Täter steht!

Die Todesstrafe aber nur wenn jemand ABSICHTLICH getötet hat (eindeutige Beweise für seine Schuld oder Tat zugegeben)

Jeder der schonmal mit Kriminellen gearbeitet hat, oder selber Opfer in irgendeiner Weise war, weiß ganz genau wovon ich spreche, wenn ich sage das man so gut wie keinen davon resozialisieren kann! Es wird so schön davon geredet, aber die Realität ist ganz anders und verdammt hart. Ich könnte dafür unzählige schreckliche Beispiele nennen (...)

Zur Antwort

Ein vollkommenes Gesetz ist nur dann wirklich vollständig, wenn es eine finale Strafe gibt. Menschen mit lebenslangen Strafen stellen immer noch eine Gefahr dar. Es entstehen außergewöhnlich hohe Kosten für deren Unterbringung und sie sind eine Gefahr für die Bediensteten im Justizvollzug. Da sie keine schlimmere Strafe mehr erwarten können, haben sie im Gefängnis eigentlich eine Art Freifahrtschein. Ich kenne einen ehemaligen Bediensteten im Justizvollzug, dem wörtlich gesagt wurde "Entweder du machst, was ich dir sage, oder ich bringe dich um. Ich hab hier nichts zu verlieren."

Es gab mal eine Dokumentation mit einem amerikanischen Vizepräsidenten, wo er nach alternativen Hinrichtungsmethoden gesucht hat (...)

Zur Antwort

Eine Abschaffung der Todesstrafe ist in vielen US-Bundesstaaten nicht in Sicht. Im Gegenteil: Bald könnten auch andere US-Bundesstaaten die "Stickstoff-Methode" übernehmen. Bisher wurde die Todesstrafe in den Vereinigten Staaten vor allem durch die Giftspritze vollstreckt. Viele Pharmaunternehmen weigern sich jedoch, den Gefängnissen die Medikamente zur Verfügung zu stellen. Es wird also wohl weiterhin ein stark diskutiertes und umstrittenes Thema in Amerika, ebenso hierzulande und vielen anderen Nationen bleiben.

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