Zahnbehandlungen auf unsere Kosten?

Wie die jüngsten Aussagen des CDU-Chefs Merz zu abgelehnten Asylbewerbern für Kritik sorgten...

gutefrage-Redaktion
6.10.2023
Flüchtlinge auf Straße

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat vor wenigen Tagen ein weiteres Mal mit einer recht fragwürdigen und durchaus polarisierenden Äußerung in den Medien auf sich aufmerksam gemacht; in diesem Fall ging es um eine Bemerkung über ausreisepflichtige Asylbewerber sowie vermeintliche Arztbehandlungen. Da das Thema sowohl innerhalb der politischen Landschaft als auch in der Gesellschaft für einigen Gesprächsstoff gesorgt hat, haben wir bei unserer Community im Zuge unserer Meinung des Tages einmal nachgefragt.

Friedrich Merz äußert sich zu Arztbehandlungen von Asylbewerbern - das ist passiert

Der CDU-Vorsitzende war jüngst zu Gast in einem TV-Talkformat des TV-Senders Welt. Im Zuge der Diskussion appellierte Merz eindringlich an die aktuelle Bundesregierung, irreguläre Migration konsequenter und effizienter zu unterbinden. Friedrich Merz, der im Laufe der Diskussion die Stimmung der Bevölkerung aufgreifen wollte, äußerte sich kurz darauf über ausreisepflichtige Asylbewerber und sorgte mit seinen Bemerkungen für einigen Zündstoff. Hierbei sprach er in der Sendung nicht nur über mögliche Pull-Effekte, die laut dem CDU-Vorsitzenden nach wie vor bedingen, dass sich ca. 30% der in Europa ankommenden Asylbewerber nach Deutschland kämen, sondern seine Kritik drehte sich insbesondere um die ca. 300.000 abgelehnten und ausreisepflichtigen Asylbewerber, die sich noch in Deutschland befinden. 

Dabei monierte er vor allem, dass es auf die Bevölkerung im Lande geradezu wie Hohn wirke, dass eine große Anzahl an Menschen, die „abgelehnt sind, nicht ausreisen, [jedoch] die vollen Leistungen […], die volle Heilfürsorge“ in Anspruch nehmen könnten. Im Anschluss sagte Merz, dass diese Menschen „beim Arzt [säßen] […], [und] sich die Zähne neu machen [würden], [während] die deutschen Bürger nebenan […] keine Termine“ erhielten.

Die Unionsfraktion verbreitete die genannten Aussagen ihres Parteivorsitzenden wenig später auch auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter), entfernte hier allerdings die kritische Passage, in welcher Merz explizit die Zahnarztbesuche angesprochen hat.

Vertreter der Bundesregierung sowie zahlreiche Internetnutzer zeigten sich angesichts von Merz’ Äußerungen empört. Doch welchen Anspruch auf medizinische Leistungen haben Asylbewerber in Deutschland überhaupt?

Frau beim Zahnarzt

Was genau schreibt das Asylbewerberleistungsgesetz vor?

Im Asylbewerberleistungsgesetz findet sich in Paragraf 4 zu Leistungen bei Krankheit die folgende Passage: „Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren." Eingeschränkt wird: "Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist."

Nach dem Ablauf der ersten 18 Monate des Aufenthalts werden Asylbewerber von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Diese erhalten eine elektronische Gesundheitskarte und damit den Anspruch auf nahezu alle Leistungen, die gewöhnlichen gesetzlich Versicherten zustehen. Wichtig ist allerdings: Die Kassen übernehmen i.d.R. weder die Kosten für Brücken noch für Kronen komplett, sondern höchstens mit einem Anteil von 60 Prozent der Kosten für Zahnersatz. Der restliche Betrag muss eigenständig hinzugezahlt werden.

TV-Show mit Gästen

Kritik am CDU-Vorsitzenden sowie Stimmen aus der gutefrage Community

Der Gegenwind ließ nicht lange auf sich warten: Innenministerin Nancy Faeser bezeichnete die Aussagen des CDU-Politikers als gefährlichen Populismus, der letztendlich nur dafür sorge, dass Menschen gegeneinander ausgespielt und die AfD am Ende des Tages gestärkt werden würde. Darüber hinaus verwies Faeser auf den Umstand, dass die medizinische Versorgung von Asylsuchenden ausschließlich in akuten Fällen oder Schmerzen jeglicher Art erfolge. Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang zeigte sich ebenfalls empört und bemängelte insbesondere, dass derartige (Falsch-)Aussagen die derzeitig angespannte gesellschaftliche Lage in keiner Weise verbessern würden und eines Vorsitzenden einer großen Volkspartei unwürdig seien.

Durchaus irritiert zeigte sich ferner der Präsident der Bundesärztekammer Christoph Benz, der “die Aussagen von Friedrich Merz ehrlich gesagt nicht nachvollziehen” könne und bislang nicht von mit Flüchtlingen überfüllten Arztpraxen erfahren habe. 

Rückenwind indes bekam Merz vom CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der erwähnte, dass Merz lediglich auf eine “Stimme in der Bevölkerung” hingewiesen habe und damit zum Ausdruck bringen wollte, dass nicht nur Kommunen, sondern auch Sozialsysteme mittlerweile maßlos überlastet seien.

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Tino Sorge kritisierte die Bundesregierung für deren hysterische Empörung und sagte, dass ausreisepflichtige Asylbewerber “das deutsche Gesundheitssystem [...] [quasi] zum Nulltarif nutzen” und darüber hinaus mit Blick auf belegte Schul- und Kita-Plätze zu weiteren Belastungen der Kommunen sorgen.

Da das Thema Migration derzeit nicht nur die Landespolitik, sondern vor allem die Politik Europas beherrscht und die Behauptungen von Friedrich Merz innerhalb des Internets hohe Wellen geschlagen haben, wollten wir selbstverständlich auch einmal wissen, wie unsere Nutzer zu diesem Thema denken.

Gedankenblase

Der Nutzer golde2002 hat eine ganz klar Meinung, indem er darauf verweist, dass Behauptungen wie diese “eben Wasser auf die Mühlen der AfD” seien. Nutzer gorbi210 denkt, dass “der Satz von Merz [...] einerseits wahr, aber auch wieder unwahr” sei. Hierbei verweist er auf den Umstand, dass “abgelehnte Asylbewerber, die nicht abgeschoben werden (können), tatsächlich nach 18 Monaten [...] Anspruch auf alle regulären Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung haben”. Merz vergaß allerdings zu erwähnen, dass “sich kein abgelehnter Asylbewerber ohne Job” derartige Behandlungen leisten könne und niemand “wegen Asylbewerbern auf einen Termin” warten müsse. 

Nutzer FernandoGF sieht die Äußerungen des CDU-Politikers “grundsätzlich positiv, [...] aber [...] unzureichend”, da sich diese “nur auf einen minimalen Teil dessen, was im Argen liegt”, beziehen würden. Weiterhin befürchtet der User, dass “dies nur im Rahmen des Wahlkampfes geschieht und [...] den Schleusern die Schleusen [...] [danach] weiterhin munter [...] offenstehen”. 

Topsictop “bewerte[t] diese Aussage als natürlich überspitzt, aber dennoch real” und fragt sich, “wer denn bitte [...] bezahlen soll, wenn alle ab dem 18. Monat die volle Versorgung wie eben die Bevölkerung” in Anspruch nehmen könnte. Problematisch sieht er ferner, “dass sich die Regierung jetzt auf die überspitzten Passagen empören kann”, ohne allerdings an konstruktiven Lösungsansätzen zur Behebung des Problems beitragen zu müssen. 

Wie Du siehst, handelt es sich hierbei um ein Thema, zu dem es viele verschiedene Standpunkte gibt. Hast auch Du eine konkrete Meinung und möchtest diese mit der Community teilen? Dann schau gerne bei unserer Meinung des Tages vorbei und lass die gutefrage Nutzer wissen, was Du zum Thema zu sagen hast.

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