Wurde das Bürgerrecht im Mittelalter vererbt, oder mußten die Abkömmlinge eines Bürgers dieses Recht neu erwerben?
Hallo zusammen!
Eine deutsche Stadt irgendwann im späten Mittelalter. Ein Mann erwirbt das Bürgerrecht. Er bringt kleine Kinder mit in die Stadt. Auch nach dem Zuzug setzt er noch welche in die Welt.
Mußten diese Abkömmlinge, natürlich nur, sofern sie in besagter Stadt blieben, das Bürgerrecht neu erwerben? Wenn ja, ab welchem Alter und unter welchen Voraussetzungen? Wurden Unterschiede zwischen Kindern gemacht, die VOR und NACH dem Erwerb des Bürgerrechts durch den Vater geboren wurden?
Danke für die Hilfe!
3 Antworten
Ich vermute stark, dass die Kinder das Bürgerrecht erbten, egal, wann sie geboren wurden.
Da die Kinder noch keine eigene Rechtspersönlichkeit hatten, waren sie dem Bürgerrecht des Vaters zugeordnet, solange sie in seinem Haushalt lebten.
Frauen erwarben das Bürgerrecht durch die Heirat mit einem anderen Bürger, Männer nach Ausbildung und Wanderschaft durch die Ansiedelung in einer Stadt, in der ihr Handwerk gerade benötigt wurde, und in der sie den Bürgereid leisten konnten.
Wenn ein junger Mann nämlich z.B. Tischler lernte, konnte er nnur in der Stadt bleiben, wenn es eine Stelle für ihn gab. Ansonsten musst er halt umherziehen und sein Glück in einer anderen Stadt versuchen.
Wir unterscheiden ja zwischen dem Eidbürger und dem Einwohner. Als Einwohner brauchte man kein Eigentum, sonden nur eine Unterkunft, blieb also Bürger zweiter Klasse.
Als Handwerksmeister hingegen war man meist auch im Eigentum seines Hauses/Betriebs; jedoch war ein Meisterbrief nur dann zu bekommen, wenn die Zunftordung eine Stelle dafür vorsah.
Frauen waren dann oft Vollbürgerinnen, wenn sie z.B. als Witwe und/oder Erbin das Geschäft ihres verstorbenen Mannes oder Vaters weiterführten.
Eine Frau, die mit 1000 Gulden an das Stadttor klopfte, wurde trotzdem keine Bürgerin, sondern musste wohl in der Regel erst einen alten Knacker heiraten.
Hängt wohl auch davon ab, wie weit man mit dem Begriff "Bürger" egehen will. Theoretisch könnte man als 3. Klasse wahrscheinlich noch Pfahlbürger und ähnliches darunter packen.
Ich meinte den Vollbürger, weiß aber nicht, ob die Erblichkeit oder Nichterblichkeit des Bürgerrechts bei den verschiedenen Bürgerbegriffen sehr unterschiedlich gehandhabt wurde.
Direkt erblich war das Bürgerrecht im Mittelalter in der Regel nicht, d.h. es konnte nicht direkt übertragen werden, sondern die Kinder mussten in einem gewissen Alter selbst den Bürgereid leisten und die nötigen Voraussetzungen erfüllen.
Wie vieles andere in Bezug auf diese Frage ist das vom lokalen Stadtrecht abhängig. Häufig war das aber ein Alter von 16 oder 17. Das gilt wohlgemerkt nur für männliche Kinder; Frauen konnten meist nur in Ausnahmefällen das Bürgerrecht erwerben.
Zum Beispiel des Tischlers: ich meine, daß dieser Tischler als Angestellter wohl ohnehin nicht das volle Bürgerrecht erhielt. Soweit ich weiß, war ein eigenes Haus eine Voraussetzung dafür, Vollbürger werden zu können. Es ist fraglich, ob ein angestellter Handwerker sich ein eigenes Haus hätte leisten können. Oder habe ich einen Denkfehler gemacht?
Frauen konnten übrigens auch aus eigenem Recht Bürger einer Stadt werden. Sorry, "Bürgerin" natürlich! Dafür habe ich Beispiele. Ansonsten ist das, was Du schreibst vollkommen richtig.