Wildfänge sollen verboten werden?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
der Handel und Import wildgefangener Tiere soll verboten werden. 

Dieses maximal pauschale Vorhaben ist eine Farce.

Es sei denn man ist Tierrechtler oder Veganer- und grundsätzlich gegen die Heimtierhaltung. Dann macht es Sinn, aber dann sollte man auch so argumentieren. Und das ist eine noch ziemlich kleine Gruppe.

Mein Blickwinkel darauf ist jetzt Süßwasseraquaristik. Obwohl das wieder ein riesiges Gebiet mit vielen Nischen ist und in völlig unterschiedlichem Maße Wildfänge dabei eine Rolle spielen- die Süßwasseraquaristik würde bereits unter dem Wildfangimportverbot sehr leiden, wenn dann noch wie in diesem Papier auch vorgesehen die Börsen erschwert dann ist das ein Generalangriff auf dieses Hobby, und zwar grade auf die besten und interessantesten Teile davon. Denn diese Zangenbewegung- keine Wildfänge, und wir zerquetschen aus völlig absurden Gründen den anonymen privaten Austausch - überlässt das Feld schlicht ausschließlich den professionellen Züchtern, die zudem dann von den natürlichen genetischen Ressourcen abgeschnitten sind- was alle Aquarienfischstämme sogar zwangsläufig in die genetische Isolation von den Stammformen jagt - was jetzt schon ein Problem in der professionellen Fischzucht ist weil es denen egal ist. Und nein, die professionellen Fischzüchter sind nicht alle besser als die kleinen privaten Zufallsvermehrer, Hobbyzüchter die das aus Zeitvertreib, Neugier und Faszination und Freude an lebenden Tieren um sich herum machen. Die Profis unterliegen ganz anderem finanziellem Druck. Die müssen davon leben. Man sollte ja grade von grüner Seite wissen dass sich das nicht immer zum Wohl der Tiere auswirkt.

Man würde eine durch willkürliche Gendrift und den Verlust von im Aquarium nicht nötigen Merkmalen bestimmte "Quasidomestizierung" auslösen die niemand will.

Es wäre begrüßenswert, wenn die Aquaristik weniger Fische "verbrauchen" würde- aber dazu müsste man den privaten Austausch dringend erleichtern, oder fördern/organisieren. Das geht natürlich nur durch die Aquarianer selber. Das Gegenteil zu tun ist ein Albtraum und zeugt von komplettem Wirklichkeitsverlust der Politik- oder zumindest davon, dass in dem Bemühen um Artenschutz die Aquaristik ohne Not einfach nicht berücksichtigt wird und schweren Schaden erleiden soll, hat ja keine Lobby.

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Aus den Entschließungen zitiert:

Standen in früheren Zeiten insbesondere Vögel und eingeschränkt auch Säugetiere im Mittelpunkt dahingehender Handelsinteressen nehmen derzeit insbesondere zahlreiche Reptilienarten (Schildkröten, Schlangen, Geckos u.a.m.) und Fische, aber auch wirbellose Arten (z.B. Spinnen und Skorpione) einen immer breiteren Raum ein.

Was ist denn das für eine Behauptung? Die nehmen mehr Raum ein weil der Handel mit Vögeln und Säugetieren aus Wildfang streng reguliert ist! Der deutsche Zierfischmarkt ist ein Witz im Vergleich zu USA und Asien, der war früher eher breiter aufgestellt als heute!

Darüber sind auch Belange des Tierschutzes - aufgrund der oftmals schwierigen Anforderungen an eine artgerechte Haltung

Bei... "Tieren". "Tiere" sind schwer zu halten. Aha.

teils wurden bestehende Bedarfe durch legale Zuchten gedeckt, die dafür Sorge getragen haben, dass Importe aus den Herkunftsländern – insbesondere illegale – sinnlos wurden.

Nachzuchten von Wildtieren sind nicht das selbe wie Wildfänge. Bei Tieren mit kurzer Generationendauer stellen sich da recht schnell Unterschiede ein- erst recht wenn der Züchter gewinnorientiert handelt und Zuchtformen heranzieht. Die erfüllen bei vielen Arten einen völlig anderen Bedarf im Markt als die Wildfänge. Wildformnahe Tiere sind paradoxerweise unter anderem wegen der Qualzuchtproblematik oft die besseren Aquarienfische.

Regelungen zur Steuerung des Online-Handels und zur Durchführung sogenannter Tierbörsen sowie ein Verbot anonymisierter Verkaufsangebote von lebenden Tieren sind ein wichtiger Baustein zur transparenten Gestaltung dieses gesamten Handelssektors.

Das ja bei gewissem Tierhandel so sein, aber in der Süßwasseraquaristik ist das nichts als ein bürokratischer, sinnloser Schmerz im Arsch und das mutwillige Niederdrücken des privaten Austauschs von eigenen Nachzuchten, was die erwünschteste Alternative zu Wildfängen ist. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Auf einer Aquarienfischbörse findet man doch nicht illegale Fischschmuggler hinter jeder Ecke! So ein kontraproduktiver Blödsinn.

für die ein Sachkundenachweis erforderlich ist.

Den hab ich nicht, aber ich muss ihn mal machen. Ob der gut ist?

Durch die Möglichkeit des Imports von Wildfängen aus Drittstaaten steigt die Gefahr weiterer Zoonose

Zoonosen. Bestimmt ein Rieeeeeesenproblem, die ganzen Fischzoonosen.

Der Handel mit Wildfängen und die damit letztlich aus der EU heraus nicht kontrollierbaren wirtschaftlichen Anreize für die Fänge in den Herkunftsländern bergen zudem das Risiko, lokale Biodiversität weiter zu schwächen

Da springt dann offenbar der VDA drauf an mit seiner etwas populistischen Kampagne; aber es ist wahr: Der Zierfischfang in den Tropen ist nicht dafür bekannt Arten auszurotten. Es kann uU zwar da zu Problemen kommen, aber die Arten sterben an Abholzung, Staudämmen und bald an der Erderwärmung, nicht am Fischfang. Der Fischfang macht im Gegenteil den Wald ökonomisch bis zu einem gewissen Punkt erhaltenswerter und nutzbarer.

Artenschutz durch Haltung im Aquarium und wieder aussetzen- ist ein sehr seltenes Phänomen und wird meistens nicht klappen. Aber paar Mal trotzdem schon passiert.

Lucifer02 
Fragesteller
 05.11.2021, 20:47

Vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort. Musste schon etwas schmunzeln hier und da.. :)

0

Wildfänge haben natürlich Nachteile, die wahrscheinlich jedem bekannt sind, aber auch Vorteile. Zum Beispiel kann man viele Arten, die vom Aussterben bedroht sind, im Aquarium weiterzüchten und somit erhalten. In vielen Gebieten trocknen die Gewässer manchmal aus, in denen die Tiere dann sterben. Anstatt sie sterben zu lassen, könnte man sie aber vorher fangen und in Aquarien setzen. Und alle Tierarten im Aquarium, Terrarium, Hasenstall, usw. wurden auch irgendwann aus der Wildnis entnommen und weitergezüchtet, weshalb ich das Gesetz eher weniger gut finde. Ich würde es besser finden, wenn man es anpasst, dass man z.B. nur seltenere oder gefährdete Arten in Maßen entnehmen darf.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich habe selbst 2 Aquarien
Lucifer02 
Fragesteller
 04.11.2021, 13:41

So sehe ich das auch, vielen Dank für deine Antwort :)

1
Norina1603  04.11.2021, 16:05

Alles schön und gut, doch keins der in Aquarien vermehrten Exemplare wird wieder ausgewildert, so dass sie irgendwann aus ihren natürlichen Biotopen verschwinden!

0
Nils7364  04.11.2021, 16:30
@Norina1603

Die Chance, dass eine stark gefärdete Art durch das einmalige Entnehmen von Tieren eher ausstirbt, ist wahrscheinlich geringer, als dass die Art in unseren Aquarien weiterlebt.

0
Norina1603  04.11.2021, 17:56
@Nils7364
durch das einmalige Entnehmen

Wer sollte denn diese "einmalige" Aktion überprüfen? Sicher leben sie bei sachgerechter Haltung, wenn sie denn gegeben ist in Aquarien weiter, doch wenn sie in die Hände von ........... geraten, was nicht selten ist wie viele Fragen hier zeigen, sind sie umsonst aus dem Biotop verschwunden!

0
Norina1603  04.11.2021, 16:12
Ich würde es besser finden, wenn man es anpasst, dass man z.B. nur seltenere oder gefährdete Arten in Maßen entnehmen darf.

Und warum das? Warum soll man diese nicht unter Schutz stellen, wenn sie schon selten und gefährdet sind?

0

Das ist wieder ein Paradebeispiel dafür, wie Politik funktioniert. Im Titel steht was in Wahrheit beabsichtigt wird, im Text wird scheinheilig relativiert um sich Zustimmung zu erschleichen und gleichzeitig werden Punkte aufgenommen die mit dem Titel nichts zu tun haben.

Entschließung des Bundesrates „Wildtierimporte regulieren -
Wilderei, Wildfänge und Artensterben wirksam bekämpfen"

Wildfang wird auf eine Ebene mit Wilderei und Artensterben gestellt. Es geht nicht darum, transparente Bedingungen zu schaffen um schwarze Schafe aus dem Markt zu drängen. Die Gleichstellung von Wildfang mit Wilderei und Artensterben und der Begriff "bekämpfen" ist so eindeutig wie Sprache überhaupt nur eindeutig sein kann. Es geht darum, Wildfang ganz zu verhindern. Die Regelungen die im Kleingedruckten stehen sind nur ein Schritt in diese Richtung, der klein genug gewählt ist um politische Zustimmung zu ermöglichen. Es ist nur ein erster Schritt. Weitere werden folgen.

Dem Text ist zu entnehmen, dass es in Wahrheit überhaupt nicht um Wilderei oder Artensterben geht, sondern um zusätzliche Auflagen gegen private Züchter und Halter. Erstere können überhaupt nicht zum Artensterben beitragen, weil sie die Tiere vermehren. Letztere müssen aus Sicht des Artenschutzes nicht direkt belangt werden, wenn man eh plant den Handel zu regulieren.

Ich hab schon das eine oder andere mal Erfahrung damit gemacht, wie eigentlich sinnvolle Einzelaspekte gesetzgeberisch ins Gegenteil verkehrt wurden. Zuletzt mit der eigentlich sinnvollen CO2 Steuer, die aufgrund der Form in der sie eingeführt wurde alles nur teurer macht und vor allem finanzschwache Mitbürger zwingt, besonders umweltschädlich hergestellte und kurzlebige Billigprodukte zu kaufen. Deswegen lehne ich dieses Vorhaben kompromisslos ab.

Lucifer02 
Fragesteller
 05.11.2021, 20:50

Vielen Dank für deine deutliche Antwort :)

1

Ich bin kein Aquarianer (klingt ja wie ein Wesen vom anderen Stern...). Ich sehe den Vorteil, dass verbotene Importe besser überwacht werden können, wenn generell keine bunten Fische aus fernen Ländern mehr gehandelt werden dürfen. Der Zöllner weiß sicher nicht, ob die Art xy gefährdet ist oder nicht, und die dazugehörigen Papiere werden immer eine nicht gefährdete Art ausweisen.

Das ist wie mit Elfenbein. Es gäbe ja auch Elfenbein, welches keine Elefanten gefährdet (aus Zoos, von auf natürliche Weise gestorbenen Elefanten), aber das kann niemand unterscheiden. Deshalb wurde der Handel komplett untersagt.

In Deinem eingefügten Zitat steht folgender Satz: "Der internationale Handel mit Wildfängen ist ein Garant für Erhalt von natürlichem Lebensraum, ein Garant für Artenschutz." Dafür wüßte ich gern eine Begründung.

Grobbeldopp  05.11.2021, 01:51
Ich sehe den Vorteil, dass verbotene Importe besser überwacht werden können, wenn generell keine bunten Fische aus fernen Ländern mehr gehandelt werden dürfen. Der Zöllner weiß sicher nicht, ob die Art xy gefährdet ist oder nicht, und

Der Anteil gefährdeter Arten am Zierfischhandel aus den Regenwäldern ist verschwindend gering. Die Gefährdungsursache ist auch dann fast nie das Absammeln, sondern Staudämme oder Abholzung.

Das meiste Handelsvolumen machen ein paar dutzend Arten aus, die seit vielen Jahrzehnten befischt werden ohne eine Gefährdung ausgelöst zu haben. Viele davon sind klein und bilden Bestände von vielen Millionen oder Milliarden Fischen.

In Deinem eingefügten Zitat steht folgender Satz: " Der internationale Handel mit Wildfängen ist ein Garant für Erhalt von natürlichem Lebensraum, ein Garant für Artenschutz." Dafür wüßte ich gern eine Begründung.

Der Zierfischfang macht ansonsten völlig wertlosen, natürlichen Sumpf und Wald ökonomisch bedeutsam. Fällt dies durch ein Verbot weg, kann man die Gewässer eben so gut verschmutzen und den Wald abholzen. Die Fischfänger können nicht mehr vom Wald leben.

2
spelman  05.11.2021, 08:43
@Grobbeldopp

Ich kann Deine Argumente schon nachvollziehen.

Vor Jahren gab es mal Berichte über den Fang von Salzwasserfischen an Korallenriffen, ebenfalls für's Aquarium. Da wurde Zyanid verwendet um die Fische zu betäuben, wodurch natürlich auch viele andere Lebewesen vergiftet wurden. Selbst die beabsichtigten Fische haben das oft nicht überlebt.

Ich hoffe, dass es bei den Süßwasserfischen, über die wir hier reden, nicht auch solche Auswüchse gibt.

1
eieiei2  05.11.2021, 20:57
@spelman

Zyanid war für den Fang von Süßwasserfischen nie sinnvoll verwendbar und wurde deswegen nie in größerem Stil, wenn überhaupt, verwendet. Die große Mehrzahl aller handelsüblichen Süßwasserzierfische stammt aus Fließgewässern, oft aus kleinen Flüssen oder größeren Bächen. Da wird mit einer Kombination aus Stellnetzen, handgeführten Netzen und mehreren Personen als Treiber gefangen.

1

Ich war früher Aquarianer und fände diese Entscheidung extremst gut !!

Viele Wildfänge sind voller Parasiten usw.... sollte man einfach nicht machen. Das beste Beispiel sind Nilhechte. Wurden für teuer Geld verkauft, 1 Monat später tot. Seltsam... bis mir ein Profi sagte "Schneide mal einen auf, sind Würmer drin?"

Und er war voll davon !!

Außerdem: Die gehören in die Natur.

Binn03  04.11.2021, 19:55

Naja, das stimmt zwar aber bei einige Arten wie zum Beispiel bei den Ohrgitterwelsen ist es meines Wissens nach gar nicht möglich diese zu züchten. Diese würde man in Zukunft dann gar nicht mehr bekommen.

1
eieiei2  05.11.2021, 20:59

Nilhechte spielen wirtschaftlich keine Rolle mehr. Wann hast Du zuletzt einen im Handel gesehen?

Arten mit bekannter Parasitenproblematik kann man prophylaktisch behandeln, genauso wie man Katzen und Hunde entwurmt. Das ist kein Argument.

2
grisu2101  06.11.2021, 09:52
@eieiei2

Ach ja, und womit behandelst Du einen Nilhecht der Parasiten - Würmer in sich trägt ?
Da bin ich aber nun gespannt....

Den Nilhecht habe ich übrigens als Beispiel genannt. Es kann nicht richtig sein, Tiere aus ihrer natürlichen Umgebung zu fangen, teilweise sogar mit Gift (bei Fischen, um sie zu betäuben), und sie dann in ein Aquarium einzusperren.

0
eieiei2  06.11.2021, 10:17
@grisu2101

Ich bin kein Spezialist für Medikamente, weil ich nur sehr selten kranke Fische habe. Nur um einen radikalten Tierhaltungsfeind zu befriedigen, werde ich jetzt auch nicht recherchieren.

0
grisu2101  06.11.2021, 10:20
@eieiei2

Mein Kollege hat mich damals aufgeklärt: Es gibt da ein Medikament, welches gegen Geschlechtskrankheiten beim Menschen eingesetzt wird.
Damit kann man die Würmer evtl. killen. Die Fische überleben dabei zu ca. 50 %.
Ich bin KEIN Tierhaltungsfeind, da hast Du etwas ganz falsch verstanden !
Ich halte auch Tiere, aber:
Versetze Dich bitte einfach mal in die Lage der Fische, welche aus ihrem Lebenraum gerissen werden, OHNE egoistisch als Mensch zu denken.
Da solltest Du auch merken daß das nicht in Ordnung ist.

0
eieiei2  06.11.2021, 10:44
@grisu2101

Welches Medikament verwendet wird, hängt von der Diagnose ab. Wurm ist nicht gleich Wurm. Die Wirkstoffe sind zum Teil die selben wie bei der Entwurmung von Säugetieren. Zum Teil gibt es auch speziell für Fische entwickelte Wirkstoffe. Die große Mehrzahl aller Fischarten verträgt die heute zugelassenen Medikamente gut. Der einzige echte Problemfisch, der regelmäßig durch Medikamente stirbt statt zu heilen ist der Guppy. Und den gibt es praktisch nicht als Wildfang. Auch Wildformguppys die man kaufen kann praktisch ausnahmslos Nachzuchten. Guppys und andere Nachzuchten bekommen Parasiten nur durch gravierende Schlamperei bei kommerziellen Großzüchtern und Händlern, die in dieser diese Gesetzesinitiative beide nicht vorkommen.

Tiere interessieren sich nur für eine gesunde Umgebung (bei Fischen vor allem schadstoffarmes Wasser), genügend Nahrung, Sicherheit vor Feinden und die Möglichkeit sich zu paaren und zu laichen um die nächste Generation zu starten. Das alles ist in einem gut gepflegten Aquarium erfüllt. Die allerwenigsten Arten betreiben irgend eine Form von Brutpflege, sie bekommen schlicht nicht mit, dass aus ihrem Laich meist nichts wird. Fische haben kein Interesse an Abenteuerurlaub. Ihnen fehlt nichts, wenn nicht mehr hinter jeder Ecke ein Fraßfeind lauert oder wenn nicht einmal im Jahr die Trockenzeit 80% des Lebensraums verschwindet und 80% seiner Bewohner sterben. Ihnen fehlt auch nichts, wenn sie nicht mehr jeden Tag kilometerweit schwimmen müssen, um ausreichend Nahrung zu finden. Der tatsächliche Schwimmraumbedarf ist je nach Art unterschiedlich, manche stört Enge nicht, so lange es was zu fressen gibt, andere werden verhaltensauffällig wenn sie nicht mindestens 15-20 Körperlängen geradeaus schwimmen können. Kein kleiner Fisch braucht einen ganzen Fluss für sich. Das Schwimmraumbedürfniss wird zunehmend berücksichtigt, im Durchschnitt wird immer mehr auf artgerechte Haltung geachtet. Die gängigen Literaturempfehlungen zur Mindestaquariumgröße wurden in den letzten Jahrzehnten bei vielen Arten angehoben.

Die Vermenschlichung, die immernoch überall betrieben wird, zeugt von Ahnungslosigkeit. Fische fahren nicht in den Urlaub. Keine Arten, die in großen Flüssen oder Seen leben, sind oft auf die Uferzonen konzentriert. Sie besuchen nicht mal eben die Verwandten am anderen Ufer. Sie würden sonst auf halbem Weg gefressen.

0
grisu2101  06.11.2021, 10:46
@eieiei2

Und trotzdem ist das Ufer noch größer als ein Aquarium.
Zudem schädigt das Fangen von Tieren aus freier Wildbahn die dortigen Bestände, ist ja wohl klar. Da geht es nur um Profit.

0
eieiei2  06.11.2021, 11:04
@grisu2101

Statt Wildfänge zu verbieten und im Kleingedruckten private Züchter unter Generalverdacht zu stellen, sollte besser der Handel in die Pflicht genommen werden. Es gibt überhaupt keine Mindestanforderungen an die Qualifikation von Verkäufern. Nur der Chef braucht einen Sachkundenachweis und je nach Grad der Nachlässigkeit des zuständigen Veterinäramts muss der nichtmal vor Ort anwesend sein. Das Ergebnis ist unbrauchbare Beratung.

Im Prinzip müssten auch die Zuchtbedingungen besser reguliert werden. Dabei gegen private Züchter vorzugehen ist leider komplett am Ziel vorbei. Ich kenne niemanden, der prophylaktisch oder als Wachstumsverstärker Medikamente oder gar Antibiotika einsetzt. Das machen nur die kommerziellen Massenvermehrer und die sitzen alle im Ausland. Eine Regulierung in Deutschland würde nichts bringen, außer sinnlose Kosten und Kontrollen für private Züchter. So lange Medikamentenverwendung in der Landwirtschaft nicht im selben Maß mit reguliert wird, ist außerdem offensichtlich, dass es in Wahrheit nicht um Tierwohl geht, sondern nur darum, private Halter und Züchter loszuwerden.

Ein erbeblicher Teil des Zubehörs taugt nix, vor allem der Plastikschrott, der etliche Regalmeter füllt. Den Großteil wäre man los, wenn man für Kunststoffprodukte eine Recyclingfähigkeit verbindlich verlangen würde. Das würde nicht nur den Fischen helfen, sondern der ganzen Umwelt und auch uns Menschen. So eine Recyclingfähigkeit ist leider bisher nichtmal andeutungsweise vorgesehen. Das einzige Plastikmüllsammelsystem für Normalbürger konzentriert sich allein auf Verpackungsmaterial. Beim Elektro- und Fahrzeugschrott wird Plastik nur nebenbei mit gesammelt, alle anderen Plastikprodukte sind überhaupt nicht im Recyclingsystem erfasst.

Eine Pflicht für Recyclingfähigkeit von Plastikprodukten wäre schlagartig das Ende von kunstharzummanteltem Farbkies. Schon würden vor allem Anfängeraquarien deutlich natürlicher eingerichtet.

0
eieiei2  06.11.2021, 11:38
@grisu2101

Aus dem scheinbaren Platzangebot kann man nicht auf den Platzbedarf schließen, zumal der Platz schon von den um Nahrung und Brutreviere kämpfende Nachbarn und Fraßfeinden belegt ist.

Es ist mitlerweile zweifelsfrei nachgewiesen, dass der Wildfang nur in einer Hand voll Ausnahmefälle schädliche Auswirkungen hat. Die größte Ausnahme spielt in den letzten Jahren wegen fallender Nachfrage eine immer kleinere Rolle. Das sind seltene Buntbarscharten aus dem Malawisee. Da das Augenmerk immer mehr auf artgerechter Haltung liegt, verzichten immer mehr Aquarianer aus Platz- oder Kostengründen auf diese großen Tiere. Außerdem nimmt der Martkanteil von Zuchtformen zu, die es in der Natur nicht gibt. Es werden auch immer mehr Arten regelmäßig als Nachzuchten angeboten. Die Nachfrage nach Malawi-Wildfängen sind noch schneller als die Nachfrage nach Malawis insgesamt sinkt. Ganz ohne Regulierung. In den letzten Jahren gibt es eine weitere Art, bei der Wildfang wegen der hohen Nachfrage problematisch ist. Das ist der Perlhuhnbärbling aus dem Inlesee in Myanmar. Ein typischer Bewohner der Ufervegetation. Wegen der hohen Marktpreise und der gleichzeitig hohen Nachfrage wird auch viel gefangen. Oft unsachgemäß, wobei die empfindliche Ufervegetation zertrampelt und der Lebensraum zerstört wird. Dieses Problem nimmt aber auch gerade ab, ohne es regulieren zu müssen. Der Nanobeckenboom flacht deutlich ab, gleichzeitig setzt sich die Erkenntnis durch, dass Perlhuhnbärblinge in Wirklichkeit nicht für diese Becken geeignet sind. Weil sie in Anwesenheit körperlich überlegener Mitbewohner offensichtlich sehr gestresst sind, sind sie aber auch für größere Gesellschaftsaquarien nicht geeignet. An eingeschüchterten, blassen Tieren, die nur in den hintersten Ecken sitzen, hat auf Dauer niemand Interesse. Dadurch sinkt die Nachfrage. Gleichzeitig nimmt der Nachzuchtanteil in letzter Zeit stark zu.

Weit mehr als die Hälfte aller importierten Wildfänge sind seit vielen Jahren Rote Neons. Die stammen aus dem zentralen Amazonasbecken, das von sehr stark ausgeprägten Regen- und Trockenzeiten geprägt ist. Mit dem Beginn jeder Regenzeit findet eine Massenvermehrung in Milliardenhöhe statt. Wenn in der Trockenzeit der Wasserstand um 10 Meter und mehr sinkt und über 80% der Höchstwasserfläche der Regenzeit wieder trocken fällt, sterben genauso viele Tiere wieder. Sie sterben weil ihr Lebensraum zyklisch zu klein wird. Gefangen wird nur in der Trockenzeit, weil die Fanggebiete nur dann zugänglich sind. 80-90% der gefangenen Tiere hätten das Ende der Trockenzeit nicht erlebt. Die jährlichen Fangzahlen beim Roten Neon bewegen sich übrigens im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Die Fangzahlen liegen um den Faktor 100 oder sogar 1000 niedriger als die natürlichen Todeszahlen während der Trockenzeit. Der Nachzuchtanteil beim Roten Neon schnellt seit einigen Jahren sprunghaft nach oben, die Nachfrage nach Wildfängen nimmt ab.

Dazu kommt, dass die Zierfischfänger vor allem in Südamerika, aber auch anderswo, inzwischen sehr gut verstanden haben, dass sie ihrem Beruf nur in intakter Natur nachgehen können. In zerstörten Lebensräumen, die sie alle schon in direkter Nachbarschaft erlebt haben, gibt es keine Fische mehr. Der Zierfischfang ist die einzige Form nachhaltiger Regenwaldnutzung. Wer nicht mehr vom Zierfischfang leben kann, wird notgedrungen Holzfäller, geht in die Landwirtschaft, oder versucht sein Glück in dem Slums der Großstädte. Viel mehr Wahlmöglichkeiten gibt es nicht. Keine der Alternativen ist in irgend einer Weise umwelt- oder menschenfreundlicher.

Auch hier ist der Rote Neon wieder ein gutes Beispiel. Er wurde erst in den 50er Jahren entdeckt, weil er tief im Regenwald lebt. Nur dort findet er Bedingungen, die ihm die Massenvermehrung ermöglichen um immer ausreichend Tiere durch die folgende Trockenzeit zu bringen. In intakter Natur ist er nicht selten, sondern tritt in großer Zahl auf. Sobald Umweltzerstörung die Vermehrung behindert, verschwindet er.

0