Wieso sind sin, cos, 1 (als Funktionen) linear unabhängig?

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Du darfst die Funktionen als Vektoren, mit denen du es hier zu tun hast, nicht mit ihren Funktionswerten verwechseln. Der Kontext ist hier der Vektorraum der (vermutlich reellen) Abbildungen - nicht IR. sin, cos und 1 (!) sind Abbildungen in diesem Raum. Die 1 ist nicht die reelle Zahl 1, sondern die Einsfunktion:



Man schreibt sie nur aus Bequemlichkeit als 1, weil sie das Einselement des Vektorraumes der Abbildungen ist (genauso wie die reelle Zahl 1 das Einselement des Körpers der reellen Zahlen ist - das ist alles nur Notation).

Ich schreibe die 1, wenn sie die Einsfunktion bezeichnet im Folgenden fett und die reelle Zahl 1 dünn, damit der Unterschied sichtbar ist. Die fette 1 ist der Vektor, mit dem wir es hier zu tun haben - die Einsfunktion -, die dünne 1 ist nur ein einzelner (unwichtiger reeller) Funktionswert dieser Funktion. Für lineare Unabhängigkeit müssen wir zeigen:



Auch hier: Die Funktionen addieren sich zur Nullfunktion (die fette Null), denn links steht eine Summe von Funktionen. Die Parameter sollen gleich der reellen Zahl 0 sein, denn sie sind tatsächlich auch reelle Zahlen.

Wann ist nun eine Funktion gleich der Nullfunktion?


fefeefef 
Fragesteller
 29.12.2020, 10:43

Hmm ich würde sagen eine Funktion ist gleich der null Funktion, wenn der Kern der ganze Ausgangs Vektor Raum ist.

Das wäre hier nicht gegeben und demnach ist es linear unabhängig?

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Willibergi  29.12.2020, 11:52
@fefeefef

Genau so ist es. Oder einfacher gesagt, wenn jeder Wert auf 0 abgebildet wird. Du musst jetzt zeigen, dass das nur dann gegeben ist, wenn Alpha, Beta und Gamma null sind (per Widerspruch zum Beispiel).

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fefeefef 
Fragesteller
 29.12.2020, 12:19
@Willibergi

Okay, ich würde annehmen das

a*sin(x) + a*cos(x)+1=0,

stimmt

dafür müsste gelten a*sin(x)=a*cos(x)=0 was ein wieder Spruch ist da a*tan(x)=a ein wieder Spruch ist, richtig?

Wir haben allerdings auch gelernt das etwas linear abhängig ist wenn in der Gleichung

a*sin(x) + a*cos(x)=0,

einer der Faktoren nicht trivial ist, was in dem Fall

sin(x)=0 cos(x)=1,

ja möglich wäre, sind die beiden Funktionen nicht l.a weil das nur in einem Spezialfall gegeben ist?

Danke vielmals für die Auskunft bis jetzt, es hat mir sehr geholfen!!

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Willibergi  29.12.2020, 13:28
@fefeefef

Du bist noch nicht auf dem ganz richtigen Weg.

Okay, ich würde annehmen das 
a*sin(x) + a*cos(x)+1=0,
stimmt

Du nimmst an, dass das für alle x so ist (und im Übrigen heißt es nicht überall Alpha, sondern Alpha beim Sinus, Beta beim Kosinus und Gamma bei der Einsfunktion - es sind verschiedene Parameter). „Für alle x“ ist der springende Punkt. Die Funktionen sind gleich der Nullfunktion, damit ist der Funktionswert für alle x Null.

Wäre jetzt Alpha ungleich Null, gäbe es ein x, sodass sich die Funktionswerte nicht zu Null summieren (warum? welches?) und damit die Summe der Funktionen nicht die Nullfunktion ist. Widerspruch zur Annahme. Alpha muss also null sein, sonst kann die Annahme, dass die Funktionen sich zur Nullfunktion summieren gar nicht mehr stimmen. Dasselbe machst du jetzt für Beta und Gamma.

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fefeefef 
Fragesteller
 29.12.2020, 15:34
@Willibergi

Okay verstehe das wäre dann ja auf jeden Fall für das x geben an dem cos(x) gleich null ist

ich glaube ich habe es verstanden danke vielmals!!

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Willibergi  29.12.2020, 18:42
@fefeefef
das wäre dann ja auf jeden Fall für das x geben an dem cos(x) gleich null ist

Das stimmt zwar, aber die Prämisse ist, dass es für alle x gegeben ist. Anders gesagt: Selbst an den Stellen, an denen der Kosinus nicht-null ist, ist die Summe null. Und zu zeigen ist, dass das nur dann der Fall sein kann, wenn Alpha, Beta und Gamma schon null sind.

Um lineare Unabhängigkeit zu zeigen, nehmen wir an:



Das heißt, die Funktionen summieren sich zur Nullfunktion. Oder nochmal anders ausgedrückt:



wobei der Wert der Einsfunktion (unabhängig vom x) natürlich 1, , d.h. 1(x) = 1 und der Wert der Nullfunktion natürlich 0, d.h. 0(x) = 0 ist. D.h. nochmal anders formuliert, lautet die Prämisse:



Vergleiche das nochmal mit der ersten Aussage und mach dir klar, dass hier wirklich dieselbe Aussage steht. Wir wollen jetzt zeigen:



Per Widerspruch: Angenommen



gilt (diese Annahme führen wir jetzt zum Widerspruch und zeigen damit, dass α ≠ 0 nicht gelten kann - also muss schon mal α = 0 gelten muss). Wäre das nun der Fall, gülte wegen (*) zum Beispiel für



dass



und andererseits für



dass



ist. Nach der letzten Gleichung gilt also



und eingesetzt in die π/2-Gleichung würde



gelten. Jetzt haben wir gezeigt: Wäre α ≠ 0, dann würde α = 0 gelten. Widerspruch! Also war die Annahme



falsch und es gilt α = 0. Genau dasselbe Schema lässt sich jetzt für β und γ wiederholen.

Wenn du es vorher schon verstanden hast wunderbar - aber jetzt sollte es glasklar sein.

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