Wie würdet ihr Arbeit wieder attraktiver machen?
Der Mindestlohn beträgt aktuell 12 Euro die Stunde. Der Monat hat 4,3 Wochen, also sind das bei einer 40 Stunden Woche im Monat 172 Arbeitsstunden und 2064 Euro Brutte. In der Steuerklasse 1 (alleinstehend), sind das 1550 Euro Netto.
In München bekommt ein Bürgergeld-Empfänger für eine 50m2 Wohnung vom Jobcenter 781 Euro Bruttokaltmiete gezahlt, was plus Nebenkosten circa 1.000 Warmiete und circa 500 Euro Bürgerld beträgt und somit 1500 Euro Lebensunterhalt bedeuten.
Differenz: 50 Euro Vorteil für eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle.
Wie sollte eurer Meinung nach die Politik Arbeit wieder attraktiver machen?
Die Option "Wer Essen will, muss arbeiten" habe ich wegen dem Urteil des Bundesverfassungsgericht weggelassen:
1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG obliegt dem Gesetzgeber die Pflicht, jedem Bürger ein menschenwürdiges, so- ziokulturelles Existenzminimum zu sichern.
Das Ergebnis basiert auf 32 Abstimmungen
13 Antworten
Prinzipiell liegt meiner Erfahrung nach das Kernproblem in der Perspektive vieler Arbeitnehmer. Die egoistisch rationale Komponente ist eines der Kernprobleme.
Vielfach haben die Erwerbslosen, die ich berate recht "überzogene" Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich ihres Jobs. Selten kommt der Gedanke auf, dass man ja schnellst möglich arbeiten gehen sollte, um das eigene Leben zu finanzieren. Letztlich gibt es doch Sicherungsnetze, die es einem vielfach ermöglichen sich Zeit zu lassen, wählerisch zu sein oder sich langfristig mit dem System zu arrangieren.
Um es klarzustellen: Die "Schuld" sehe ich da nicht bei dem einzelnen. Es ist das System, das es ermöglicht in ihm recht lange zu verweilen, ohne eine Art "natürlichen und unausweichlichen" Druck auf die Betroffnen auszuüben. So ein Quatsch wie "wer essen will muss arbeiten" ist damit nicht gemeint. Es ist äußerst schwierig und komplex eine vernünftige Grenze zu ziehen zwischen "ich kann nichts dafür" und "ich kann was dafür aber tue nichts dagegen".
Wie man das Problem gerecht und im Kern angehen soll ist mir auch nicht ganz klar. Es wäre aber eine Überlegung die arbeitsfähigen aber längerfristig Erwerbslosen für gemeinnützige Arbeit heranzuziehen, insofern sie keine guten Konterargumente haben. Wie und unter welchen Umständen wäre auszudiskutieren.
Da spielen doch viele Komponenten hinein. Und nicht jeder Arbeitnehmer bekommt nur den Mindestlohn.
Da fängt man doch schon mal an in der Kita und der Schule. Bildung um eben NICHT nur Mindestlohn zu bekommen.
Förderung von Aus- und Weiterbildung. Meinetwegen auch Anreize schaffen in Wohngemeinschaften zu ziehen, anstatt als Einzelner eine Wohnung zu haben. Da gibt es doch schon Modelle die erfolgreich umgesetzt worden sind mit Häusern, wo der Wohnraum zwar nicht so üppig ist, aber die Gemeinschaftsräume um so schöner. Das fördert dann gleich wieder soziale Kontakte.
https://www.egofm.de/blog/alternative-wohnkonzepte
Meinetwegen auch staatliche Förderung von Tiny Häusern in Wohnparks mit Gärten wo man selbst anbauen kann.
Bessere Förderung von Firmen, die sich in Gebieten ansiedeln wo der Wohnraum eben nicht so begrenzt und so teuer ist, bei gleichzeitiger Verbesserung der Infrastruktur.
Gerade einen Bericht gesehen über ein Dorf, wo es Gemeindeautos gibt, die sich Jeder ausleihen kann für schmales Geld.
Da gibt es bestimmt noch etliche Ideen wie man die Probleme angehen könnte! Aber dieses "das erhöhen" und "dies senken" finde ich Unsinn. Wenn in München der Wohnraum so teuer ist, dann wird es doch für Leute die Mindestlohn bekommen ggf. auch noch Zuschüsse wie Wohngeld geben? Damit wäre die Rechnung dann auch schon nicht mehr stimmig. Mal abgesehen davon, dass sie die Chance haben was für die Rente zu tun und sich beruflich zu verbessern, während Dauer-Bürgergeldbezieher auch nur auf der Stelle treten.
Tja siehste, "nur" knapp 15 % an die man verbessernd ran muss. Aber warum sollte der Mindestlohn ständig erhöht werden? Dann müssen ALLE Gehälter gleichermaßen erhöht werden. Und das können die Firmen gar nicht leisten. Und es gibt auch Firmen, de eben dann das Personal reduzieren. Bringt unterm Strich also wieder Arbeitslose und ggf. neue Bürgergeldempfänger.
Also muss man das Ganze irgendwie anders aufziehen.
Deutschland ist seit 1980 von einem Hochlohnland, in dem sich selbst einfache Arbeiter ein kleines Eigenheim leisten konnten, zu dem Land mit dem größten Billioglohnsektors Europas neoliberalisiert worden, in dem 44 Millionen Menschen (ca 52%) weniger als 1500 Euro Netto verdienen und 27 Millionen/ 32% aller Deutschen Einkommen auf dem Niveau des Existenzminimums, oder daruner leben.
Wo ist denn da die Solidar- und Schicksalsgemeinschaft auch für diese Menschen von der Schäuble während der Schulden- und Finanzkrise gesprochen hat, wofür die Bundesregierung für die Banken, Versicherungen und Unternehmen 100 Milliarden Sondervermögen und die EZB 2000 Milliarden locker gemacht haben um die faulen Anleihen, Derivate, Aktien der Banken und der Privatwirtschaft aufzukaufen!?
Und daran ist dann immer der Staat schuld? Ganz sicher nicht! Und der Staat ist auch nicht dafür verantwortlich, wenn die Leute nicht auf Bildung setzen, nicht ihren Konsum gezielt einsetzen oder sich teilweise auf Staatskosten ausruhen. Wir sind ein Sozialstaat. Aber eben kein Land wo Jeder das Anrecht auf ein kleines Häuschen hat. Und Dank EU kann Jeder sein Glück anderswo suchen. Aber Eigeninitiative und auch der Wille zu arbeiten und etwas zu erreichen gehört eben dazu.
Arbeit lohnt immer, diese Extrembeispiele sollte man nicht als Maßstab nutzen und die Vorteile z. B. der Renteneinzahlung auch erwähnen.
Meinst du die umlagefinanzierte, oder die private risikobehaftete Rentenverischerung? Hast du dich mal infromiert wie hoch das Budget der privaten Rentenausfallversicherung ist!?
Zudem hat der Spruch, jeder ist seines Glückes Schmied, nach wie vor Gültigkeit. Einen guten Schulabschluss, einen anständig bezahlten Job erlernen und gegebenenfalls einen Wohnortwechsel in Kauf nehmen, aber nicht nach einer verpfuschten "Karriere" jammern, dass man so wenig verdient.
Meinst du das Ernst, oder willst du nur die in der Realität produzierenden Arbeitnehmer motivieren dafür zu sorgen dass auch morgen noch die Zinsen erwirtschaftet werden, damit du mit deinem Vermögen davon profitieren kannst - denn einer muss ja schließlich die Zinsen für die Billionen-Investitionen und Rentenversicherungen in der Realität durch Arbeit erwirtschaften!?
Attraktiver Arbeit und Ausbildung, höhere Löhne im öffentlichen Dienst.
Dein Beispiel ist gespickt mit Fehlern. Wenn du schon versuchst, einen solchen Vergleich aufzustellen, solltest du es wenigstens richtig machen.
Nur um mal ein paar Punkte zu nennen:
Bruttokaltmiete [Warmmiete-Heizungskosten] = 781 Euro, demzufolge kommt man in keinem realistischen Fall auf 1000 Euro Warmmiete, denn 220 Euro Heizkosten hat man nicht mal bei unsanierten Altbauten mit miserabler Dämmung, realistisch käme man eher auf 880 bis 900 Euro Warmmiete.
Eventuelles Wohngeld für Mindestlohnarbeiter
Bruttokaltmiete unter 780 Euro = Bürgergeld niedriger, Bezahlung des Mindestlohnarbeiters gleichbleibend
Um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Und du glubst tatsächlich das statt 50 Euro, 150-170 Euro Mehrverdienst Arbeit im Billiglohnsektor attraktiver macht!?
Würdest du dich denn für 150-170 Euro Zusatzverdienst auf solch einen Deal einlassen, wenn du stattdessen die 172 Arbeitsstunden frei für deine eigenen Interessen verplanen könntest!?
Also ich auf keinen Fall. Die Differenz müsste schon mindestens 300 Euro betragen vorrausgesetzt der Job stresst mich nicht oder macht mir sogar ehr spaß. Wenn er stressig ist würde ich mindestens 500 Euro differenz anschlagen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) waren rund 5,8 Millionen Jobs von der Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 betroffen. Somit lagen 14,8 % aller Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland vor der Mindestlohnerhöhung im Oktober 2022 rechnerisch unterhalb des Stundenlohns von 12 Euro.