Wie war die Schule im Jahr 1960?

9 Antworten

"Die Schule" gab es in den 1960er Jahren nicht, sondern das Schulwesen war gegliedert wie heute: Grundschule, Volks-/Hauptschule, Mittel-/Realschule, Gymnasium - Gesamtschulen standen erst am Anfang und waren selten.

Was den Umgang der Lehrer und Schüler miteinander angeht, so waren Lehrer Respektspersonen, die die meisten Schüler achteten und deren Anweisungen sie folgten - natürlich gab es auch "Rabauken", die aber rasch durch entsprechende Schulstrafen zur Räson gebracht oder von der Schule geworfen wurden. Es gab gute und schlechte Lehrer in pädagogischer wie menschlicher Hinsicht - wie heute auch.

Schulunterricht wurde von Montag bis Samstag erteilt, dafür aber längstens bis zum Mittag - zum Mittagessen waren die Schüler daheim und hatten Zeit für Schularbeiten oder persönliche Belange.

Die Unterrichtsfächer waren mehr oder weniger dieselben wie heute, aber der PC und alles, was damit zusammenhängt, war in der Schule noch unbekannt.

Zum Schluss gebe ich dir noch ein paar Literaturtipps:

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich arbeite als Historiker.
paulklaus  21.01.2018, 10:15

GESAMTSCHULEN wurden erst Anfang der 70er gegründet / erfunden durch ihre Protagonistin, die, obwohl FDP-Mitglied, fantastische Frau Hamm-Brücher !

pk

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ArnoldBentheim  21.01.2018, 13:36
@paulklaus

Die Gesamtschule in meiner Stadt wurde 1969 gegründet und feiert 2019 ein großes Fest!

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Salue

Hier ein paar Punkte:

Ohrfeigen und einen Klapps an den Kopf gab es schon mal. Hat man dies zuhause den Eltern erzählt, gab es gleich nochmals eine Strafe. Die Eltern waren nämlich der Meinung, dass der Lehrer für die Ohrfeige wohl einen guten Grund gehabt hätte.

Beim Unterricht gab es noch "die heilige Dreifaltigkeit": Lesen, Schreiben, Rechnen. Es gab keine Computer, Handys oder Taschenrechner. Gerechnet wurde im Kopf oder auf dem Papier schriftlich.

Die Zeit fiel vor den "Pillenknick". Alle Familien hatten 2 bis 6 Kinder. In Schulzimmern, in den heute an locker verteilten Bänken 12 Schüler sitzen, waren damals bis zu 40 Kinder in einer Klasse an, dicht stehenden, Tischen untergebracht.

Neid wegen Markenkleidern gab es nicht. Die meisten Schüler mussten ja die Kleider austragen, die für die älteren Geschwister eingekauft worden sind.

Schulpsychiater oder andere Unterstützungspersonen für den Unterricht gab es nicht.

Kinder die heute als ADHS betroffen bezeichnet werden, nannte man einfach einen "Zappelphilipp". Medikamente (Ritalin) wurden keine verschrieben. Die Kid's sind dann meistens von selber aus dieser Phase herausgewachsen.

Man glaubt es kaum, aus diesen Kindern sind normale Erwachsene geworden, die alle Möglichkeiten im Leben hatten.

Es grüsst Dich aus der Schweiz

Tellensohn

Lalalulula 
Fragesteller
 20.01.2018, 15:29

Vielen Dank für die Antwort!

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1960 wurd ich eingeschult. Die Schule war eine Baracke mit nur vier Klassenräumen, aber acht Volksschulklassen und damit Wechselunterricht - Eine Woche vormittags und eine Woche nachmittags. Für die damalige Zeit war der Unterricht ziemlich 'modern', heute würden wird aber so etwas erzkonservativ bezeichnen. Absoluter Frontalunterricht - die Pausenklingel war ein Zeichen für den Lehrer, nicht für die Schüler - absoluter Respekt gegen über den Lehrerinnen und besonders gegenüber dem Direktor - Noten ab dem ersten Halbjahr der ersten Klasse. Wer nichts lernte fiel einfach durch und niemand hat deswegen die Lehrerin beschuldigt. Ich als Junge habe sogar Nähen, Häkeln und Stricken gelernt, was zur damaligen Zeit eine absolute Revolution war.

Da gucke ich mir alte Paukerfilme an. Da kann man doch ganz gut sehen, wie die damals drauf waren.

Ich habe meinen Vater um eine Stellungnahme gebeten - hier ist sie:

Eigentlich reicht es, wenn Mutti mich um kurz nach sieben weckt, die Schule ist nur 700 Meter weit, ich kann sie aus dem Fenster des 12qm-Kinderzimmers sehen, das ich mir mit meinem älteren Bruder teile, der ist aber schon auf der Oberschule in der Fünften.

Wenn um genau acht der Unterricht beginnt, singt Frau J. erstmal ein Lied mit uns, und dann müssen wir auch noch beten. Sie erzählt uns ganz viel und interessant, finde ich. Meist ist sie nett, manchmal aber auch nicht, wenn man sie ärgert. Manche aus meiner Klasse kriegen dann auch mal welche, dann haben alle anderen mit Angst, oder manche freuen sich, weil sie den Geohrfeigten nicht mögen. Mädchen kriegen nie welche … die benehmen sich auch dauernd langweilig. Wir lernen lesen, schreiben und rechnen, Heimatkunde kriegt man erst in der Zweiten.

Lesen lernen wir mit den Geschichten von Hans und Lotte, aber die werden ja bald abgeschafft, die haben wir aber noch. Einmal passiert was richtig Schlimmes, da steht: "Hans hackt Holz. Aber Hans ist dumm: Er hackt sich ins Bein." Geht mir gar nicht mehr aus dem Kopf ... Sind immer gezeichnete Bilder daneben ... Da sind am Anfang in der Fibel die Buchstaben ganz groß, aber nach 20 Seiten kann man ja schon ganz gut lesen. Die Besseren sollen oft vorlesen, die Stotterer oder die es noch nicht so können, seltener, und sie werden auch ausgelacht oder kriegen von der Lehrerin geschimpft. Schreiben lernen ist ganz schön schwer, aber auch ganz leicht. Und die mit links schreiben, sollen wir beim Schreiben anstoßen, damit sie das endlich lassen. Beim Schreiben machen wir so ganz große Kreise auf Papier, dann lauter Haken, dann Kreise mit Haken, es soll immer „Schwung“ haben. Dauernd geschwungene Formen auf Papier, eine neben der anderen, ein ganzes Heft voll. Das wird schnell langweilig, wenn man das schon kann. Aber Wochen lang geht das so, bis alle die Kreise und Haken und Biegungen so können, dass uns die Lehrerin endlich richtige Buchstaben beibringt. Die müssen dann „auf Zeile“ stehen und alle ähnlich groß sein, die kleinen etwas höher als halb so hoch wie die großen. Da muss man sehr aufpassen; Schönschrift ist eine eigene Note.

Wenn man schon rechnen kann, ist der Rechenunterricht puppig leicht. Wenn man bei „drei“ nicht an drei Äpfel oder Kinder denken muss, sondern einfach an drei, ist es so leicht, dass es auch langweilig wird. Wir machen viel Wettrechnen, die Lehrerin sagt eine lange Aufgabe, und wir müssen im Kopf mitrechnen, dazwischen macht sie immer Pausen, so wie „Drei und sechs … weniger fünf … und sechs … und vier … mal zwei.“ Wer es weiß, meldet sich ganz schnell, steht zum Antworten natürlich auf, und der oder die Erste mit der richtigen Antwort verlässt den eigenen Platz und stellt sich vor die Klasse, braucht dann nicht mehr mit zu rechnen. Das wollen natürlich alle, aber wenn man da dann steht und nicht mehr mitmacht, ist es auch langweilig …

Später in Heimatkunde lernt man, was es so für Landschaft gibt und wie die eigene Stadt früher war, heute auch. Und man geht oft spazieren, mit was zu essen und trinken mit und einer Mark für Eintritt und noch was. Aber wenn man dann schon schreiben kann, muss man hinterher immer einen Aufsatz drüber schreiben, das dauert immer Stunden und vermiest einem schon den ganzen Ausflug. Nachher lernt man auch die weitere Umgebung kennen, auf Landkarten, Bildern und wie die Lehrerin erzählt. Einmal mussten wir eine Arbeit schreiben, und da hatte ich die meisten Punkte, weil ich so viele Orte im Harz nennen konnte …

In der Schule sitzen wir manchmal mit allen Tischen nebeneinander im großen Viereck, die Lehrerin immer bei der Tafel. Aber sie geht auch viel zwischen uns rum und kontrolliert oder hilft. Manchmal müssen wir auch je drei Tische zusammen stellen und sitzen dann da zu sechst. Das ist ein Bisschen blöd, weil viele von uns sich dann verrenken müssen, um die Lehrerin anzusehen.

Wer nicht pariert, muss oft einen Extraaufsatz zu Hause schreiben, außer den Hausaufgaben sowie so ... Aber die das müssen, können das meist gar nicht gut, und wenn sie es dann am nächsten Tag vorlesen sollen, haben sie es gar nicht gemacht, oder es ist voll blöd, und dann kriegen sie geschimpft.

Aber meist ist es ganz gut in der Schule.

Lalalulula 
Fragesteller
 20.01.2018, 19:51

Dankeschön für die Antwort!

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