Wie viel soziale Gerechtigkeit ist für den Zusammenhalt einer Gesellschaft notwendig?

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Nur zum Vergleich:

Zu Adenauers Zeiten strebte die CDU noch einen Sozialstaat an und verwirklichte den auch grösstenteils (kath. Soziallehre, Nell-Breuning). Die Zustimmung war überwältigend mit Wahlergebnissen von bis zu 57 % für die CDU.

Heute jedoch herrscht immer mehr allgemeine Unzufriedenheit, vor allem wegen Niedriglohn, Befristung, Sozialabbau bei den Sicherungssystemen (Rente, Arbeitslosenversicherung). Auch das Steuersystem ist mit der mangelnden Berücksichtung von Kindern zu Gunsten von kinderlosen Verheirateten nicht mehr zeitgemäss. Die Beamten sind gegenüber dem Niedriglohnsektor total überbezahlt mit ihren fetten Pensionen verglichen mit den Minirenten. Die Schere klafft immer weiter auseinander!

Gerade heute abend in einer WDR-Live-Sendung über das Thema hörte man eigentlich nur unzufriedene Stimmen über genau diese Punkte!

Ich weiss nicht, für mein Gefühl ist das Land kurz vor bundesweiten Protesten. Jedenfalls wird wohl die Mehrheit diese kalte neoliberale Politik wohl so in Zukunft nicht weiter unterstützen.

Allerdings fehlt offenbar eine politische Kraft, die wieder so einen Adenauer-Kurs fahren will. Die SPD ist einerseits Lobbyisten-hörig und macht andererseits nur dirigistische Massnahmen aus der Küche des zentralgelenkten Sozialismus wie Mietpreisbremse, Mindeslohn und Grundrente, statt die Problem systemkonform zu lösen.

Die Grünen sind vor allem eine Themen Partei und ansonsten ziemlich indifferent und wohl ebenfall den Lobbyisten zugeneigt.

Die Linkspartei ist, wenn man mal von Wagenknecht und Lafontaine absieht, teilweise in ihren Ansätzen noch mehr dem zentralgesteuerten dirigistischen Sozialismus zugeneigt als die SPD.

Das bedeutet, wir brauchen irgendwie eine Partei, die diese Politik der Angebotspolitik bekämpft zugunsten einer Rückkehr in den alten, verlorenen Sozialstaat Adenauerscher Prägung.

http://mediathek.daserste.de/ttt-titel-thesen-temperamente/Soziale-Ungleichheit-als-Gefahr-f%C3%BCr-die-/Video?bcastId=431902&documentId=57587528

  • Ich empfinde den Ausdruck "soziale Gerechtigkeit" geradezu als Verballhornung und als völlig ungeeigneten linken Kampfbegriff. "Gerechtigkeit" selbst ist schon schwer zu definieren, aber "soziale Gerechtigkeit" missbraucht diesen Grundgedanken für Ideen der Umverteilung und Enteignung. Daran kann ich wenig "Gerechtes" entdecken.
  • Die Frage sollte eher sein, wie gering die Spreizung des Wohlstands einer Gesellschaft sein sollte, um Zusammenhalt und Frieden zu gewährleisten. Die Folgefrage ist dann natürlich, wie man den Wohlstand erhöhen kann und was Wohlstand innerhalb einer bestimmten Gesellschaft überhaupt ist.
  • Entscheidend für den Zusammenhalt sind zudem neben Wohlstand vor allem ähnliche kulturelle, zum Teil auch religiöse Werte und gemeinsame Ziele. So verbindet z.B. ein gemeinsamer Feind auch widerstrebende Teile einer Gesellschaft, ebenso wie gemeinsame Religion, die intensiv ausgeübt wird.
  • In bezug auf die deutsche Gesellschaft sehe ich das Hauptproblem im Prekariat, in der der Unterschicht. Hier mangelt es nicht primär an Wohlstand, sondern ursächlich an Bildung und Ausbildung, Sprachherrschung und gewissermaßen Chancen. Wäre Sprache und Bildung gegeben, würde sich der Rest von alleine erledigen. Wir müssen Ghettoisierung und Nebengesellschaften vermeiden, das ist wichtig. Soziale Gerechtigkeit ist dafür der völlig falsche Ausdruck.

Was soll schon "soziale Gerechtigkeit" sein?

Auch ohne das Epithet "sozial" ist das schon eine untaugliche Kategorie. Stringent, aber wirklichkeitsfremd, wäre allein ein radikal subjektiver Maßstab: Jemand kommt bedürftig auf die Welt. Wenn er - nach eigenem Empfinden - nicht bekommt, was er braucht, ist das "ungerecht".

Worüber man reden könnte, wären Fairness und Gleichheit. Oft ist die letztere gemeint, wenn Gerechtigkeitsphrasen in Umlauf gebracht werden.

Für den Zusammenhalt (die Stabilität) einer demokratisch verfassten Gesellschaft
(in anderen kann es ganz anders aussehen), sehe ich drei mögliche Voraussetzungen, von denen mindestens eine auf Dauer gegeben sein muss:

1. eine breite Schicht von Menschen mittleren Einkommens;
2. die Teilhabe praktisch aller Bevölkerungsschichten an einem wachsenden Wohlstand;
3. eine große soziale Mobilität (also "Aufstiegs"chancen für alle, die sich Mühe geben).

Wenn die Hälfte von allen nicht halb so viel bekommt, wie sie es gern möchte, und weniger als die Hälfte von allen auch nur halb so viel, wie sie es verdient.

100 Kilo.