Wie vertraut sind Deutsche im Umgang mit Schweizerdeutsch?

14 Antworten

Das Schweizer Deutsch von Nachrichtensprechern, Moderatoren etc. in TV und Radio verstehe ich problemlos, von Städtern, sofern sie nicht zu schnell sprechen, auch. Auf Dörfern dagegen habe ich größere Schwierigkeiten, vor allem, wenn mehrere Leute schnell und laut hin und her oder gleichzeitig sprechen (z.B. im Wirtshaus am Stammtisch). Das kann sogar soweit gehen, dass ich nur noch einzelne Wörter mitkriege, aber den Sinn der Rede nicht mehr erschließen kann. Und natürlich gibt es viele Wörter (nicht nur Nomen, sondern auch Verben und Wendungen), die ich einfach nicht kenne und selbst mit einigem Kontext nicht erschließen kann. Aber das kommt auch manchmal vor, wenn an einem Stammtisch alemannisch g'schwätzt wird oder wenn es mich im tiefsten Bayern in ein Wirtshaus verschlagen hat, wo es in der "Diskussion" hoch hergeht. Fränkisch und manche andere Dialekte haben im Kontext von Bierseligkeit und -starrsinn eine ähnliche Wirkung.

Zwar kann ich Schweizer Deutsch ganz gut vom Tonfall und teilweise von der Aussprache her imitieren. Wenn ich dann noch ein paar (richtige) Ausdrücke auf Schweizer Deutsch untermische, verstehen manche Deutsche nur noch Bahnhof. Aber mit wirklichem Schweizer Deutsch hat das Ganze natürlich nichts zu tun.

Eine Veranlassung, Schweizer Deutsch zu lernen, sehe ich nicht. Ich lerne ja auch nicht gleich Polnisch, nur weil ich gelegentlich mal nach Polen fahre, oder Niederländisch wegen eines Pfingstwochenendes in Amsterdam.

Wenn ich allerdings vorhätte, in die deutsche Schweiz zu ziehen und dort längere Zeit zu leben, würde ich mich selbstverständlich bemühen, so schnell wie möglich ins Schweizer Deutsch reinzukommen. Das verschafft einfach einen besseren Zugang zu den Einheimischen. Doch das ist nicht der einzige Grund. Genauso wie ich erwarte, dass egal wer, der für längere Zeit nach Deutschland kommt, Deutsch lernt, dürfen Schweizer doch auch von mir erwarten, dass ich Schwyzerdütsch lerne, odrrr? Oder sagt man hier jetzt "odrrr nöd"?

JoanaSt 
Fragesteller
 15.04.2020, 22:56

Also: Ich betone das "r" im Wort oder nicht so stark. Wenn du jetzt mit einem Berner sprichst würde er "oder nid?" sagen. Aber z.B. ein Zürcher würde schon "odr nö?" sagen.

Hoffe ich konnte dir helfen...

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Zugegeben ich verstehe so ein ganz paar wenige Worte vom schweizer Deutsch. Fürs flüssige Sprechen reicht es aber noch lange nicht. Ich muss mich eher hier beherrschen, nicht alles auf Kölsch zu schreiben, da ich geborener Kölner bin. Hochdeutsch kann ich wie Kölsch flüssig sprechen, aber bei der Schweiz hört es dann auch schon auf. Ich bin immer froh, wenn die Schweizer, mit denen ich auf der Arbeit telefonisch manchmal zu tun habe, Hochdeutsch sprechen. Einen hatte ich mal, der hat immer wieder Wörter aus der Schweiz eingestreut und hinterher wurde ihm dann klar, dass ich das ja gar nicht verstehe. Für mich ist es auch nicht zwingend notwendig, schweizer deutsch zu sprechen, da ich es fast nie brauche.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Oh, das ist eine eigene Sprache und wenige Deutsche beherrschen sie, meist die, die an der Grenze zur Schweiz wohnen. Und da kommts noch drauf an, wo sie wohnen.

Wurde selbst am Oberrhein geboren, schwäbisch-alemannische Sprachgrernze - dort sprachen und verstanden die Leute durchaus alle Schwyzerdütsch - wir zogen dann in das Ruhrgebiet, ich verstand dort niemanden, die mich auch nicht - und später, als wir mal in meinen Geburtsort fuhren, verstand ich die Leute auf einmal nicht mehr.

Yggdrasil3001  14.04.2020, 09:30

Do bischt ummekeyt ?

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Yggdrasil3001  14.04.2020, 11:11
@Lorimara

Do bischt ummekeyt ? Da bist Du umgefallen.

Keye so habe ich gelernt kann je im Zusammenhang fallen oder werfen bedeuten. Ummekeye - umfallen, auch umwerfen, innekeye - reinwerfen.

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Yggdrasil3001  14.04.2020, 11:16
@Lorimara

Icke bin in Balin jeboren. Und kam mit sechse an den Niederrhein, Grenze Holland/Belgien. Da hab ick die Leute auch nich vaschtanden, keen Wort ! Dat war schwer als kleenes Kind !

Aba mit de Zig hannich do dat Plaat och jeliert, erop en eraaf, dat wor et Öcher Plaat, dat kannich hück als enge Oppa noch . . .

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Grüeziwol in d'Schwyz!

Die meisten Deutschen können einer schweizerdeutschen Unterhaltung nur mit allergrößten Schwierigkeiten folgen. Vor allem die Westdeutschen, Norddeutschen, Berliner, aber die verstehen schon die Bayern kaum.

Etwas weniger Schwierigkeiten haben Deutsche aus dem Südwesten, wenn sie alemannischen oder schwäbischen Dialekt sprechen; Schweizerdeutsch ist ja sprachwissenschaftlich "Hochalemannisch". So sagen wir hier im Südwesten auch "dr Butter", "de Lälli" (Zunge), "lose" (zuhören") und "im Huus" (im Haus), und wir haben auch kein Präteritum und Plusquamperfekt, auch kein Futur, wie ihr auch. In Südbaden: "I kumm denn morge um elfi", nicht "Ich werde morgen um elf kommen".

Schweizerdeutsch zu sprechen, gar flüssig, halte ich für kaum möglich. Gut, wenn man es intensiv lernen würde, viele Jahre. so wie man Tibetanisch oder Suaheli lernen würde. Aber es gibt kein Lernmaterial. Einfach die Schweizer nachzumachen, das klappt nicht. Die Schweizer würden sich auf den Arm genommen fühlen, fürchte ich.

Uf wiederluege, Joana!

Yggdrasil3001  14.04.2020, 10:00

lueg amoal . . . Und ich fragte mich warum ich LÜGEN sollte, wie sind die denn drauf ? :-)))

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Ich hatte viele Jahre lang eine Freundin in der Schweiz (St. Gallen) und würde von mir behaupten, dass ich gesprochenes Schweizerdeutsch mittlerweile relativ gut verstehe. Im Radio verstehe ich so gut wie alles, bis auf die Nachrichten ist da ja auch alles auf Schweizerdeutsch. Einem Gespräch dieser Freundin mit einer Nachbarin auf Schweizerdeutsch konnte ich folgen und mitreden, auf Hochdeutsch dann aber.

Geschriebenes Schweizerdeutsch finde ich schon viel schwieriger, weil es ja keine Schreibregeln gibt und jeder anders schreibt (daher u.a. ist ja Schweizerisch geprägtes Hochdeutsch Schriftsprache). Muss das Geschriebene dann immer in Gedanken "laut vorlesen" 😄 dann verstehe ich es.

Dennoch verstehe ich nicht alles zu 100%. Ich hatte mal ein witziges Erlebnis am Bahnhof SG, da kam so ein Typ zu mir und fragte "Hasch Füürzig?". Dachte im ersten Moment, dass das ein Schnorrer war und er 40 Rappen haben wollte. Aber warum ausgerechnet 40? Komische Zahl. Bis mir dann eingefallen ist, dass er ein Feuerzeug meinte... 😂

Selbst spreche ich kein Schweizerdeutsch, kann aber sehr überzeugend (zumindest für deutsche Ohren) Hochdeutsch mit Schweizerischem Akzent imitieren, odrrr?! 😄

Ich würde sehr gerne Schweizerdeutsch lernen, wollte es immer, weil ich diese Sprache liebe und es toll klingt (je nach Dialekt), aber diese Freundin war strikt dagegen und meinte, dass man sich damit als Deutscher unbeliebt macht. Andererseits empfand ich es immer als ... ich weiß nicht ... unhöflich? Unangenehm? Komisch? ... wenn ich auf Schweizerdeutsch angesprochen wurde und hochdeutsch antworten "musste".

Aber Schweizer sprechen ja auch gut Hochdeutsch, in Liechtenstein ist man meinen Erfahrungen nach bisher immer eiskalt beim Dialekt geblieben.

Ein paar Wörter nennst du ja, da gibt es aber viel mehr, auch in eurem Hochdeutsch, was anders ist, als bei uns und vielleicht nicht auf Anhieb verstanden wird. Zum Beispiel bei der Bahn und im Bus die "Selbstkontrolle" (also, dass man beim Zustieg ein Ticket haben muss), "Veloselbstverlad", auch ein sehr schönes Wort. "Velo" für Fahrrad, "Glacé" für Eis, "grillieren" und "parkieren" statt grillen und parken, "verzeigen" statt anzeigen, "der Final" statt das Finale, "Billet" statt Ticket oder Fahrkarte und dass ein Panaché ein Radler (Bier mit Limo) ist, darauf kommt man auch nicht. Allgemein habt ihr viel mehr Wörter französischen Ursprungs.

nordlyset  14.04.2020, 09:10

Ergänzung: das mit den Vergangenheitsformen ist mir bei der Freundin auch aufgefallen.

Außerdem "geht" ihr in den Urlaub anstatt zu fahren. Ihr "habt kalt" anstatt "euch ist kalt" und ihr sagt oft "es hat..." statt "es gibt...". Auch beim Wetter: "es hat kalt/Wind/Regen..."

Und natürlich das "..., odrrr?!?" am Ende fast jeden Satzes, mit starker Betonung auf dem o.

Ein Wort, bei dem ich bis heute noch nicht ganz verstanden habe, wie und wann man es richtig verwendet, ist dieses "Imfall". Bitte um Aufklärung 😄

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Yggdrasil3001  14.04.2020, 10:02
@nordlyset

Odrrrrrrr ......?

Das trieb mich in der Anfangszeit in den Wahnsinn :-))) Jemand sagt etwas und hinterfragt es zugleich. Ich heiße Yggdrasil, oder ? Heute ist Zischdig, oder ?

Ummekeye/innekeye, Besammlig, alles was bei uns auf - ung - endet endet dort auf -ig. Außer entschuldi - gung.

Imfall . . . wenn es so ist das, im Falle das . . .

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Offfthewall  14.04.2020, 10:04
@nordlyset

Imfall kann man auch nicht richtig in eine andere Sprache übersetzen. Wir benützen "imfall" um ein Argument oder einen Hinweis besonders zu betonen. Ich kenne kein deutsches Wort, mit dem man imfall vergleichen könnte.

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nordlyset  15.04.2020, 02:18
@Offfthewall

Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Aber übersetzen kann ich es auch nicht :-D

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marylinjackson  17.04.2020, 18:40
@nordlyset

Kleiner Hinweis:

"Ihr geht in die Ferien" heißt es bei den Schweizern und nicht "Ihr geht in den Urlaub".

Denn "In den Urlaub geht nur das Schweizer Militär oder der "Dütsche".

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Narva  14.04.2020, 10:18

Zügle statt umziehen.....

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nordlyset  15.04.2020, 01:31
@Narva

Stimmt, zügle... :-D oder Töff für Moped/Motorrad.

Außerdem gibt es in der Schweiz kein ß. Es wird konsequent doppel-s geschrieben

"Der Lenker eines Töffs und ein Automobilist sind gestern in Zürich verunfallt. Der Automobilist wurde gebüsst" Typischer Satz, den man in Schweizer Nachrichten so ungefähr liest

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jbte123  28.10.2020, 17:56
@Narva

Parkierä statt parken, grillierä statt grillen

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