Wie unterscheidet ihr euch als Autisten von anderen Menschen?
Ich gehöre zum Autismusspektrum (Asperger), bin aber vollständiges Mitglied der Gesellschaft (arbeite, habe eine Beziehung, lebe alleine, benötige keine Unterstützung...).
Mein Mann ist NT (neurotypisch) und "übersetzt" mir viele Situationen, sodass mein Aspie-Hirn es verstehen kann. Durch ihn sehe ich auch oft, wo ich mich von NTs unterscheide.
Beispiele:
T-Rex Arme (ich winkel meine Arme gerne an, wie so eine Pfötchenhaltung beim Hund, wenn der Männchen macht).
Nagelknipsen, Lippe zupfen, wenn ich Stress habe, reizüberflutet bin, oder überfordert bin.
Schaukeln im Sitzen, das beruhigt mich total und ich fühle mich dann wohler, wenn ich in einer mir unangenehmen Situation bin.
Kein Blickkontakt, es geht einfach nur mit extremster Anstrengung und kostet so viel Energie.
Kein ungefragter Körperkontakt, ist wie ein Stromstoß, bin hyper-sensibel.
Schnell reizüberflutet, nicht in der Lage übertriebene Emotionen anderer Menschen auszuhalten (wenn wer weint, rum schreit, feiert...)...
Ich bin extrem logisch geprägt und meist sehr sachlich und habe ein extremes Verlangen nach Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit.
Für mich ist es oft schwer, das Gesamtbild eines Filmes oder Buches zu überblicken, aber die Details fallen mir sofort ins Auge.
Was sind eure "Superkräfte"?
3 Antworten
Also ich denke, ich werde mal einfach ein paar Unterschiede auflisten, die ich bei mir über die Jahre festgestellt habe, die (die meisten) neurotypischen Menschen nicht oder nicht so stark haben:
- Hypersensibilität (Besonders was Lärm angeht)
- Neigung zum Info-Dumping
- Ich mache etwas nur, wenn es für mich logisch ist, wenn man es mir gut erklärt und/oder, wenn es mein Spezialinteresse ist
- Stimming (Wippen, Summen, mit Objekten spielen, Kratzen, mit den Beinen wackeln, mit den Händen flattern, uvm.)
- Die meiste Werbung hat auf mich keinen Effekt (Würden neurotypische Leute nicht durchschnittlich leichter durch Werbung manipulierbar sein, so würde es keine Werbung geben oder zumindest nicht in dieser Form)
- Meine soziale Batterie ist immer bei ungefähr 5%, außer sie ist bei 0% und das passiert schnell
- Ich kann wahrscheinlich manchmal etwas "obsessiv" erscheinen, was meine Spezialinteressen angeht
- Ich verstehe nicht, was Leute damit meinen, wenn sie behaupten, sie könnten Emotionen oder sogar die Seele in den Augen von anderen Menschen sehen
- Ich hasse Augenkontakt (Autismus + Sozialphobie in meinem Fall)
- Ich hatte mich schon sehr früh wie ein Alien gefühlt
- Ich weiß noch genau, wie ich meine ehemalige Nachbarin als Kind/Jugendliche (Wir sind noch immer befreundet, nur keine Nachbarn mehr) so cool fand und ich manchmal Gestiken/Phrasen von ihr kopieren würde, um cooler und "normaler" zu wirken (Masking)
- Ich merke heute sogar noch, dass wenn ich z.B. einen YouTuber schaue, es sehr schnell passieren kann, dass ich Dinge so sage, wie es der YouTuber sagt. Das findet meistens alles nur in meinem Gehirn statt - ich habe dann quasi random Dialoge in meinem Gehirn, während ich wie der YouTuber antworte -, aber ich denke nicht, dass das wirklich normal ist. Ich weiß gerade nicht, ob ich ein gutes Beispiel habe ... Ich antworte nicht genau so, wie der YouTuber antworten würde, sondern ich benutze ähnliche Wörter, also, hm ... Keine Ahnung, es ist richtig schwer zu erklären.
- Ich muss immer wissen Wann, Wo, Wie, Wer und Weshalb
- Ich habe einen schlechten Orientierungssinn und kann wirklich keinerlei Karten lesen - Auch nicht Google Maps oder Ähnliches
- NO TOUCHING unless I say so
- Ich werde kein neues Essen probieren, bei dem ich nicht weiß, was mich erwartet. Das hat schon häufiger dazu geführt, dass ich Essen, welches ich probieren wollte, wegschmeißen musste, weil es intelligent wurde (intelligent = Codewort für schimmelig), denn ich hatte hinterher doch zu viel Angst, dass es mir nicht schmecken würde ... Der Geschmack, die KoNsIsTeNz! Ich bin mir sehr sicher, dass viele von uns Autisten uns etwas anschauen können und direkt sagen können, dass es uns nicht schmecken wird, obwohl wir es noch nie probiert haben. Daher trifft der Spruch "Du musst es erst probieren, bevor du sagen kannst, dass es dir nicht schmeckt" bei uns oftmals nicht zu.
- Licht in Einkaufsläden BÖSE >:( (Sonnenlicht manchmal auch, kommt drauf an. Während meiner Periode ist es ganz böse.)
- Ich habe durchaus sehr viel Empathie ... Für Vögel. Ich heule, wenn ein Vogel am anderen Ende der Welt stirbt, den ich bis dato noch nie gesehen habe/nicht kannte und wenn Menschen sterben - vorausgesetzt, ich kenne sie nicht und sie bedeuten mir nichts -, denke ich mir "Hm, das ist schon echt doof, ja, doch so ist das nun einmal." Also meine Empathie ist definitiv vorhanden, nur anders, als bei neurotypischen Leuten. Was nicht heißt, dass ich nicht auch sehr mitfühlend sein kann, wenn es um Menschen geht. Definitiv kann ich das. Wenn es darauf ankommt (besonders bei mir nahestehenden Personen), kann ich es nur nicht zeigen und ich werde sehr ... kontrollierend, fordernd, richtig schonungslos ehrlich und quasi "Du denkst falsch, weil X und Y und entweder, du realisierst das, oder ich bin weg." Es passiert nicht aus Böswilligkeit, sondern weil ich zu überfordert bin und nicht weiß, was ich antworten soll, wie ich helfen kann.
- Etliches mehr, aber vieles davon erkenne ich vielleicht selber nicht so wirklich
Ich hoffe, das konnte deine Frage irgendwie beantworten.
Zum Schluss noch ein random Birdfact: Die Lasurmeise (englisch: Azure tit) ist eines der niedlichsten Vögelchen überhaupt. Ja, das war ein Fakt und definitiv nicht meine subjektive Meinung. *zwinkerzwinker*
Für mich sind gewisse Dinge normal, weil ich es nicht anders von mir kenne. Als "Superkräfte" würde ich das jetzt nicht bezeichnen.
Mir springen oft Rechtschreib- und Typographiefehler ins Auge.
Wenn ich länger als 15 Minuten mit Bus / Bahn fahre, brauche ich etwas zum Häkeln / Stricken. Das ist mein Stimming.
Dabei kann ich mich kreativ ausleben.
Wichtig sind zudem Ohrstöpsel, wenn es mir zu laut wird.
Blickkontakt - da kommt es auf Situation, Gegenüber und meiner Verfassung an.
Ich mag Fakten und haben ebenfalls einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
Was mir absolut nicht gefällt, sind unterstellende Verallgemeinerungen wie "die Menschen werden immer schlimmer".
Ich bin lediglich hyper empathisch und erlebe jede Geschichte eines anderen selbst, wenn dieser mir die erzählt. Ich kann mich in Menschen extrem hineinversetzen, aber leider belasten mich dann deren Storys sehr und erlebe währenddessen einen Nervenzusammenbruch.