Wie schwer ist es das hebräische Alphabet zu erlernen?

2 Antworten

Meiner Meinung nach hat Deine Freundin mehr unrecht als recht. Es stimmt zwar, daß hebräische Buchstaben weniger sind als die kyrillischen, und außerdem keinen Unterschied zwischen Groß- und Kleinbuchstaben (oder zwischen Hand- und Druck­schrift) kennen, aber das ist bestenfalls ein kleiner Vorteil.

Das Hauptproblem ist, daß man ein in hebräischen Buchstaben geschriebenes Wort nicht laut lesen (also in Laute übertragen kann), wenn man die Sprache nicht be­herrscht. Genauso wie Arabisch und ein paar weitere Alphabete der Region macht das hebräische Alphabet einen fundamentalen Unterschied zwischen Vokale und Kon­sonanten und zeichnet die Vokale nur unvollständig auf. Daher kann die Aus­sprache aus dem Schhriftbild nur erschlossen werden, wenn man das Wort kennt.

Trotzdem, mein Tip: Schau Dir das Alphabet an. Es ist kein großer Aufwand (deutlich einfacher als Arabisch, aber ähnlich), und Du bist rasch an dem Punkt, an dem Du be­kannte Wör­ter erkennen kannst, wenn Du sie wo geschrieben siehst.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
mulan  01.07.2022, 13:41

Stimmt nicht ganz. Es gibt sehr wohl neben der sog. Quadratschrift für den Druck weitere kursive Formen, die recht verschieden von der Standardform sind, wie die Schrift Raschi, mit welcher u.a. Talmudkommentare bzw. die Mishna-Texte gedruckt und geschrieben werden; und es gibt auch eine richtige hebräische Handschrift, bei der ein ungeübter Schwierigkeiten hat, die flüchtigen Zeichen denen der Quadratschrift zuzuordnen.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hebräisches_Alphabet

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Raschi-Schrift

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hebräische_Schreibschrift

http://www.rheingold-satz.de/download/hebraeisch.pdf

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indiachinacook  01.07.2022, 14:42
@mulan

Danke, die Rašī-Schrift kannte ich wirklich nicht. Und ich hatte auch schon wieder vergessen, wie sehr die Buchstabenformen der Schreibschrift von der Quadrat­schrift ab­wei­chen. Trotzdem bleibe ich dabei, daß die Komplikation überschaubar ist, weil die Schreib­schrift nicht kursiv ist. Lateinische oder kyrillische Handschrift lassen sich über­haupt nicht ver­stehen, wenn man nur die Druckbuchstaben kennt — man findet ja nicht ein­mal die Buch­staben­grenzen.

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mulan  01.07.2022, 15:20
@indiachinacook

Du hast natürlich vollkommen recht. Es ist nicht schwer. Ich habe das Alphabet auch etwa nach geschätzten 2-3 Wochen gekonnt. Dadurch kann ich z.B. auch Yiddish lesen. Ich fand es schon immer toll, andere Schriften zu lesen, selbst wenn man die Sprachen nicht kann. Zwar kann ich ganz gut Arabisch aber Hebräisch nicht, kann es aber lesen. Mein Hobby ist seit fast 45 Jahren das sammeln von Schriften und Alphabeten, so dass ich heute diverse ohne Hilfsmittel lesen kann (kyrillisch, griechisch, runen, Hebräisch, syro-aramäisch, arabisch, Devanagari, teilweise ägyptische Hieroglyphen über das bekannte Touristenalphsbet hinaus, japanische Hiragana/Katakana, Hangul, deutsche Kurrentschriften und Fraktur). Wenn man begreift, wie eine Schrift funktioniert, kann man sogar in begrenztem Umfang ägyptische Hieroglyphen lesen, nicht nur Bildchen deuten. …

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indiachinacook  01.07.2022, 16:02
@mulan

Mit Hieroglyphen habe ich mich nie beschäftigt, sonst habe ich wohl ähnliche Inter­essen. Indische Schriften kann ich ganz gut, weil ich weit in Indien herum­gekom­men bin; ma muß ja in jedem zweiten Bundes­staat etwas Neues lernen (Vorteil: Letztlich sind sie ziemlich isomorph und machen dieselben Dinge, wenn auch auf verschiedene Art; Nachteil: Sie können beliebig verschieden aussehen). Manche dieser Schriften, wie z.B. Manipurī und Cāṅmā, sind im Internet praktisch nicht dokumentiert.

Kaukasus ist auch interessant; dort gibt es Sprachen ohne Ende, und teilweise auch interessante Schriften.

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indiachinacook  01.07.2022, 17:06
@mulan

Ja, die Sprache (und Schrift) heißt zwar [tʃaŋma], aber im Englischen ist die Schrei­bung Chakma verbreitet, warum auch immer. Ich habe sie mir in einem Volks­kunde­museum von einem Ethnologen er­klä­ren lassen. Inzwischen gibt es ein Wörte­rbuch (mit ben­ga­li­schen Wort­erklä­run­gen), aber so gut wie keinen Content im Netz.

Deine Links kannte ich nicht.

Die Manipurī-Schrift war seit ≈1900 weitgehend außer Ge­brauch und durch bengalische Schrift ersetzt worden, aber die Lokal­regierung hat sie er­folg­reich wiederbelebt. Als ich in Manipur war, konnten nur Schulkinder sie lesen, aber per Regierungsdekret mußten alle Beschriftungen von Geschäften in der neuen Schrift sein, die buchstäblich keiner konnte. Die Leute schrieben nämlich nach wie vor Bengalisch. ☺

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Wie schnell jemand etwas lernt, hängt von seinen individuellen Fähigkeiten ab.