Wie ist das mit dem Gentleman der alten Schule?

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Es gibt ja heutzutage ein paar Leute, die das völlig übertreiben und dann bitter beleidigt sind, wenn man auf das Theater keine Lust hat. Hieß es vorher dann noch, dass man "so kluge schöne Frauen wie dich" auf Händen tragen wird, wird man bei einem Korb ganz schnell als billiges Flittchen abgestempelt, das ja sowieso keinen Sinn für die wahren Werte im Leben hat. Das ist natürlich Quatsch, keine Frage. 

Ich tu mich da selbst ein bisschen schwer. Ich muss sagen, ich mag es als Frau ganz gerne, selbst der "Gentleman" zu sein. Ich bin jemand, der seine Liebe gerne in einer Reihe an netten Gesten, beiläufigen zärtlichen Berührungen usw ausdrückt. Ich helfe auch gerne mal in den Mantel, lasse den Vortritt, etc...ich möchte zum Beispiel auch gerne den Antrag machen. Nicht als feministischer Akt oder so. Einfach, weil ich es total romantisch finde und gerne der Geber und nicht der Nehmer bin. 

Ein bisschen unangenehm ist es mir manchmal schon, wenn es anders herum ist. Wenn mir jemand die Tür aufhält (vereinfachtes Beispiel jetzt), gehen wir beide hindurch und das wars - ich kann den Gefallen nicht gleich zurückgeben. Ich weiß nicht, ob das der Stolz der frischgebackenen Erwachsenen oder Schuldgefühl ist..

Aber wenn ich nur hin und wieder mal so verwöhnt werde, bin ich schon ganz happy. Ich mag es speziell vor anderen Leuten, wenn mein Partner mich behandelt wie eine richtige Dame. Du hast recht, das macht was damit, wie man sich gibt. Und man ist ja auch immer überzeugt, dass der eigene Liebling die großartigste Erscheinung des Planeten ist und wundert sich, warum ihm nicht längst auch der Rest der Welt zu Füßen liegt. Banausen alle. Aber wenn sie dann sehen, dass man selbst seine Auserwählte ist, fühlt man sich schon unwillkürlich wohl dabei.

Ich bin noch in den späten Fünfzigern und den frühen Sechzigern des letzten Jahrhundert noch zu gentlemanlikem Verhalten erzogen worden und hatte es auch ganz gut drauf. Wenn ich will, kann ich das auch noch ganz gut.

Trotzdem war es meine Generation und auch ich, die ab 1967 alles ganz anders machen wollte und manches auch anders machte. Es war ja Ausdruck einer Klassengesellschaft; in England ist es das m.E. auch heute noch. Wir suchten nach neuen Verhaltensmustern.

Das hat seine Eigendynamik gewonnen. Vieles davon war gut, aber einiges auch schlecht, und natürlich gab es auch dabei extremistische Auswüchse. Vor nicht einmal zwei Jahren habe ich in einer Versammlung einem einen Beitrag angefangen mit den Worten "meine Damen und Herren" - und wütendes Protestgeheul geerntet: "Wir sind keine Damen".

Es waren halt Feministinnen der radikaleren Art. Die sitzen inzwischen sogar in der Bundeszentrale für politische Bildung. Google mal 'benevolenter Sexismus'. Das ist als Schimpfwort gemeint. Es ist aber, sich wie ein Gentleman zu verhalten. Da wird man damit etwas zurückhaltender als Mann.

Lange Rede kurzer Sinn....jeder sollte zunächst versuchen Mensch zu sein. Warum übertreiben?

Ich finde Knigge Getue abtörnend. Das wirkt auf mich konservativ, verklemmt und damit unattraktiv. 

Gegenseitige spielerische Bevorzugungen und Höflichkeiten ohne feste Regeln dagegen gehören für mich mit zu einer Beziehung dazu. 

Das es ankommt, merkt man daran, das oft Männer, die "Gentlemen" sind gute Chancen bei jungen Frauen haben.

Zumindest habe ich die Erfahrung gemacht und mir so z. B. auch meine Ehefrau geangelt. 

Ist aber natürlich nicht generell so. Es gibt auch Frauen, die nicht soviel Wert darauf legen. 

Es geht auch durch alle Altersschichten, wenn auch bei Damen über 40 etwas mehr Wert darauf Wert gelegt wird, als bei denen unter 40.

Aber auch viele junge Damen in den Zwanzigern legen Wert darauf.