Wie gut kann man seine Herkunft über DNA-Tests herausfinden?

2 Antworten

In verschiedenen Regionen sind verschiedene Genvarianten verschieden häufig. Manchmal sieht man das sogar am Phänotyp: Wenn jemand blonde Haare hat, dann kann man einen nordeuropäischen Ursprung vermuten, und wenn jemand geschlitzte Augen hat, dann geht die Vermutung in Richtung Ost- oder Südostasien.

Mit Genen geht das viel genauer, weil man mehr Variablen als nur das Aussehen sam­meln und miteinander verknüpfen kann. Mit Populationen ist das wirklich aussage­kräftig, weil man da über individuelle Fluktuationen mittelt und dann wirklich statis­tisch belastbare Aussagen zustandebringt. Beispielsweise hat man herausgefunden, daß Europäer vorwiegend aus alteuropäischen Jägern und Sammlern (die seit der Altsteinzeit in Europa leben), anatolischen Bauern (in der Jungsteinzeit eingewandert) und einer Population aus den südrussischen Steppen (Bronzezeit) zusammengesetzt sind.

Bei Individuen funktioniert das aber viel, viel schlechter. Ja, wenn Du z.B. einen japa­ni­schen oder persischen Vorfahren innerhalb der letzten 500 Jahre hättest, dann würde man den finden. Aber vermutlich sind Deine Vorfahren in den letzten zehn Generatio­nen alle Europäer, die sich alle genetisch ziemlich ähnlich sind. Es gibt natürlich auch innerhalb Europas Unterschiede, aber die sind selten extrem (Basken), und durch die vielen Wanderbewegungen, Vertreibungen, Eroberungen, Besiedlungen etc. sind ± alle Gene typi­scher­weise quer über alle Länder verstreut. Deine französischen Vorfahren könnten z.B. Potsdamer Hugenotten sein, oder aus dem Elsaß oder Saarland kom­men, oder was weiß ich.

Insbesondere halten sich Gene nicht an moderne Staatsgrenzen. Sizilianer oder Sar­den sind von anderen Italienern stärker verschieden als Norditalienern von Öster­rei­chern oder Schweizern in den Grenzregionen.

Insgesamt ist das also nicht viel aussagekräftiger als Tarot. Selbst dann, wenn man es anständig macht, was bei solchen Schlangenölverkäufern nicht garantiert ist.

Galaktar  01.04.2024, 02:04

Genau genommen ist das Aussehen der perfekte Beweis der Herkunft, allerdings ist sich nicht jedermann bewusst, was auf welche Herkunft deutet.

Blonde Haare deuten auf Nordeuropa und Schlitzaugen auf Ostasien, das ist klar, aber dass volle Lippen auf südliche, schmale auf nördliche Herkunft deuten, das weiß nicht jeder.

Auch spricht starke Körperbehaarung für bestimmte Regionen, schwache ebenso, und dieser Übergang ist nicht fließend; im hohen Norden ist man genau wie im tiefen Süden behaarter als in Ost- und West- oder Zentraleuropa.

Alles oberhalb des letzten Paragraphs ist korrekt, dass es sich hierbei aber um ein Glücksspiel ähnlich Tarot handelt nicht. Man kann mit modernen DNA-Tests recht genau die Herkunft der Ahnen, zumindest der letzten Jahrhunderte, bestimmen.

Die eigene DNA wird mit der anderer Kunden sowie wissenschaftlichen Kontrollgruppen, also Menschen genau definierter Herkunft, verglichen, und wenn man sich Gene mit bspw. jedem zweiten Polen teilt, ist das kein Zufall; man hat polnische Ahnen.

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indiachinacook  03.04.2024, 12:00
@Galaktar

Ich bezweifle das. Europa ist genetisch ziemlich homogen, aus diesen kleinen Unter­schieden etwas herauszudestillieren, ist ein schwieriger Kampf gegen das sta­tis­ti­sche Rauschen. Ich schätze, daß daran die häufige Verschiebung von Staats­grenzen schuld ist.

Auf Populationsebene geht das viel besser, weil man da über die Individuen mittelt und das Rau­schen damit kleinkriegt. Trotzdem fallen nur wenige Populationen als spe­ziell auf (Basken, Sarden, Finnen), der Rest bildet ein breites Kontinuum.

Ungewöhnliche Vorfahren (z.B. Kaukasus oder Lappland) wird man schon finden, aber einen Unterschied zwischen ostdeutschen und westpolnischen Vorfahren nicht.

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Galaktar  03.04.2024, 12:42
@indiachinacook

Ja, Engländer und Deutsche sind beinahe dasselbe Volk und es gibt dort viele Überschneidungen; da macht kein seriöser DNA-Test einen Hehl daraus.

Die Möglichkeit, die eigene ethnische Herkunft anhand von Speichelproben festzustellen oder zumindest recht genau zu schätzen nimmt das allerdings nicht.

Tatsächlich kann man sogar Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern der BRD feststellen; so kam meine Urgroßmutter aus Baden-Württemberg und der DNA-Test zeigte mir diese Region an, bevor ich es genealogisch (durch Geburts- und Eheurkunden aus ihrer Heimatstadt nahe Stuttgart) nachweisen konnte. Ich selber lebe in NRW und war noch nie dort unten.

Das funktioniert dadurch, dass bestimmte Kontrollgruppen ausgewählt werden und ein strenges Selektionsverfahren durchlaufen, bei dem nur weniger als fünf Prozent der ursprünglichen Kandidaten übrig bleiben. Diese fünf Prozent müssen lückenlos nachweisen können, dass sie und ihre Ahnen die letzten 3 Generationen aus ein und derselben Region stammen.

Hat man dann erstmal eine suffiziente Anzahl solcher Kontrollgruppen, kann man diese mit potenziellen Testern aus aller Welt, so zum Beispiel mir, vergleichen.

Trotz relativer genetischer Homogenität sind die europäischen Ethnien sogar innerlands gut sichtbar voneinander trennbar.

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Diese Tests sind völlig unseriös was Deine Fragestellung angeht. Es gibt statistische Ähnlichkeiten, aber die sagen nichts aus über echte Ursachen.

Ich bin 184cm hoch. Das mag die Durchschnittsgröße von Männern in Schweden sein und vielleicht bin ich 10cm größer als der Durchschnittsitaliener. Aber das bedeutet eben Null, dass ich schwedische Wurzeln hätte. Dafür habe ich aber tatsächlich eine italienische Urgroßmutter.

Etwa auf diesem Niveau bewegt sich die Aussagekraft dieser Test. Klingt wissenschaftlich, ist aber nicht valide.

Galaktar  01.04.2024, 02:09

Die eigene DNA wird mit der anderer Kunden sowie wissenschaftlichen Kontrollgruppen, also Menschen genau definierter Herkunft, verglichen, und wenn man sich Gene mit bspw. jedem zweiten Polen teilt, ist das kein Zufall; man hat polnische Ahnen.

Richtig ist natürlich, dass die Körperhöhe oder Pigmentierung kein hundertprozentiger Beweis für irgendwas ist; ich bin blond und blauäugig, bin aber mehr Grieche denn Schwede.

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segler1968  01.04.2024, 07:57
@Galaktar

Doch, genau das ist im Einzelfall Zufall. Es ist nur statistisch signifikant. Im Einzelfall hat es keine Aussage. Ich teile mir Gene mit 99% der Menschheit, egal aus welchem Land.

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Galaktar  01.04.2024, 08:21
@segler1968

Es ist "nur" so genau, wie Vaterschaftstests auch nur zu 98% genau sind; eine hundertprozentige Wahrscheinlichkeit hat man in keiner Wissenschaft.

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segler1968  01.04.2024, 08:37
@Galaktar

Das ist ja nun genau das Gegenteil: Hier wird keine Statistik gemacht, sondern ein 1:1-Vergleich zwischen zwei Individuen. Das ist was völlig Anderes als statistische Korrelationen.

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Galaktar  01.04.2024, 08:45
@segler1968

Tatsächlich wird hier auch ein Vergleich gemacht, nämlich der zwischen dem Individuum (Tester) und der Kontrollgruppe als ein "normiertes" Individuum ("Durchschnittsmensch") als auch der Vergleich zwischen dem Tester und allen anderen Testern, sprich der kompletten Datenbank, also je nach Tester 5 bis 20 millionen Menschen.

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Galaktar  01.04.2024, 08:46
@segler1968

So ist es übrigens auch möglich, dass man über einen regulären DNA-Test als Adoptivkind seinen Vater oder Geschwister findet; schon etliche male passiert.

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