Welche Fläche müssten Solaranlagen bedecken, um ganz Deutschland mit Strom versorgen zu können?

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gibt eine Wissenschaftlerin, die sich in einem anderen Maßstab mit dieser Frage bereits beschäftigt hat. Sie hat eine Methode entwickelt mittels einer Rasterung alle Dächer einer Stadt durchzuscannen und sie für ihre Brauchbarkeit für Solaranlagen einzustufen. Dabei sind auch Effekte wie zeitweise Verschattung durch Bäume oder höhere Nachbargebäude mit eingeschlossen. Wenn ich mich richtig erinnere war die erste Stadt, die so vermessen wurde Osnabrück. Das Ergebnis war, dass Osnabrück bei konsequenter Nutzung nur der geeigneten Dachflächen genug Strom produzieren würde um sich selbst zu versorgen. In Dörfern und allgemein auf dem Land ist dies keine Frage, da dort das Verhältnis von Dachfläche zu Energiebedarf ungleich günstiger ist. Spannend wird es bei großstädten, wie Berlin, München, Köln oder Hamburg. Ich weiß nicht ob eine von denen schon vermessen wurde. Inzwischen ist daraus ein Unternehmen geworden das sogenannte Solarkataster erstellt. Näheres hierzu unter http://www.sun-area.net/.

Die Desertec Initiative hat immer wieder eine Vergleichsrechnung angestellt, wonach man mit einem Quadrat von wenigen Quadratkilometern ( 30 glaube ich) den Strombedarf der ganzen Welt decken könne. Nun in Deutschland mit seiner etwas weniger günstigen Lage, kann man dann mit vielleicht 100 Quadratkilometern den Bedarf der Welt decken. Das wäre eine Fläche von 10 mal 10 Kilometern. Der pferdefuß bei so einer Anlage wäre dass der Strom von diesem zentralen Punkt in die ganze Welt geleitet werden müsste und dabei erhebliche Leitungsverluste produzieren würde. Und zwar sowohl in der Sahara, als auch in Deutschland. Eine solche zentrale Stromversorgung ist verlustreich und erfordert einen hohen Leitungsaufwand. Die solare Stromerzeugung wird nicht zuletzt deshalb so stark angefeindet, weil sie zentrale Großkraftwerke überflüssig machen könnte. Für große Energiekonzerne eine bedrohumg ihrer Lebensgrundlage. Je dezentraler ein Stromnetz organisiert ist umso stabiler und störungsresistenter ist es. Eine Sache die mit vielen Kleinerzeugern gut machbar ist. Die nötige Steuerungs und Regeltechnik für derartige Netze gibt es bereits. Und wenn man jetzt noch Energiespeicher in das Netz mit einfügt, kann man wahrscheinlich so gar einige Fernleitungstrassen abbauen, andere würden soweit entlastet, dass Neubauten überflüssig würden. Für Energiespeicher gibt es auch schon einige Entwürfe. Hier geht es nicht um Batterien, das würde deren Größenordnung übersteigen, sondern um künstliche Stauseen, die aus zwei ineinander gestellten Ringwällen bestehen. Der Innere Ringwall ist höher als der äussere und wird in Zeiten von Stromüberschuss voll gepumpt mit dem wasser, das sich in dem unteren, äusseren Ringwall befindet. Bei Bedarf wird das wasser aus dem oberen See dann in den jetzt leeren unteren See abgelassen. Ein solches Ringkraftwerk wurde bereits entwickelt und könnte als Pufferkraftwerk an beinahe beliebigen Standorten entstehen. Es wäre gleichzeitig ein Naherholungsgebiet und große Batterie, Klimaregulator und Biotop, Fischzucht und Badeplatz. Die Techniken sind eigentlich alle da, nur der Wille sie konsequent umzusetzen, fehlt. Und was die Stromerzeugung betrifft, gibt es ja noch mehr Möglichkeiten, Elektrizität ohne schädliche Abfälle, Verbrauch fossiler Stoffe und dadurch bedingte Umweltbelastung herzustellen. Hätten wir nur ein Stromnetz, das groß genug ist , dass darin die Sonne nie untergeht. könnte die solare stromerzeugung wie ein große Gezeitenwelle rund um die Erde schwappen und jeden dann versorgen, wenn er es am nötigsten braucht. Um diese Gezeitenwelle abzumildern könnten überall noch Windenergie und Biomassekraftwerke (die Abfälle vergären, keine "Energiepflanzen") ihren Beitrag leisten und das von ihnen erzeugte Biogas zudem in Blockheizkraftwerke eingespeist werden. Damit wäre rund um die Uhr und mit sehr viel Reserven eine sichere Stromversorgung ohne Großkonzerne und einseitige Abhängigkeiten möglich. Und dann wäre die Fläche die man braucht um solaren Strom zu erzeugen plötzlich gar nicht mehr so wichtig.

Ich habe vor einiger Zeit eine Studie gelesen aus der hervorging, dass wenn man alle West-, Ost- und Süddächer nutzen würde mehr Energie produziert würde, als Bedarf besteht. Schöner Nebeneffekt: Der Strom würde vornehmlich ins Nieder- und Mittelspannungsnetz eingespeist. Somit wären keine neuen Trassen nötig wie bei Offshorewindanlagen. Leider haben die Energiekonzerne daran kein Interesse. Der Hintergrund ist der, dass Offshorewindanlagen nur von den Enegiekonzernen gebaut werden können, Photovoltaikanlagen können dagegen von privaten Betreibern gebaut werden. Kein gutes Geschäft für Eon, RWE und Co.

Ich hörte neulich einige Daten. Demnach sind jetzt 10% der Dächer mit Solarzellen bedeckt und sie ersetzen - schlag mich tot wenn ich mich irre habe nur nebenher Deutschlandfunk gehört - 5 Braunkohlekraftwerke. Es ist davon ausgehbar, dass ohne den Daumen zu erheben die Dächer unseres Landes ausreichen würden. Vorausgesetzt, Energiesparmaßnahmen würden auch in die Tat umgesetzt wo wie sie heute möglich sind. Zum Beispiel nur noch Plus-Energie-Hausbau zulassen. Oder Sanierung. Und Fernwärmenutzung. Entsprechende Fenster ersetzen nicht nur die Gardinen und sparen so Geld, sie wandeln auch Sonnenenergie in Strom um. Gibt es auch schon länger.

Was nun die Nebenthemen angeht wie Stromnetzumbau und Speicherkapazitäten:

Wir wissen seit nun fast 40 Jahren, dass das Stromnetz umgebaut werden muss. Es wurde im Spiegel mit guter Begründung veröffentlicht. Statt dessen hat die Politik es vorgezogen

Hunderte Milliarden in den Atomstrom zu stecken auf unterschiedliche Art

Die Gewinnung von Energie aus anderen - meist Nicht-EU-Staaten - finanziell zu fördern mit Billionen an Steuergeldern

Kriege als Verteidigung unserer Sicherheit zu deklarieren wo es nur um Energieabsicherung geht in Wirklichkeit.

Dies nur als unvollständige Aufzählung. Fangen wir jetzt nicht an bescheißen wir die nächsten Generationen weiter. Dies bezieht sich auch auf die Förderung der Erforschung von Speicherkapazitäten. Alleine schon die Diskussion wird von den führenden Politikern mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln - und den ihnen dienenden Medien - blockiert wo es geht.

Hier findest Du Zahlen, mit denen Du rechnen kannst:

http://photovoltaik.net/index.php/standort-deutschland

Gehst Du in Deinem speziellen Fall auch davon aus, daß das Ernährungsproblem gelöst wäre, oder zählst Du nur Siedlungs- bzw Dachfläche?

kahalla  25.03.2012, 10:31

Wenn du meine Antwort meinst, die Professorin von der ich rede nimmt nur die Dachflächen der Städte oder Kommunen, und auch davon nur die geeigneten. Es geht nicht darum, Städte in PV- Monokulturen zu verwandeln. Dörfer haben aufgrund ihrer eher in die Fläche gehenden Infrastruktur eine erheblich niedrigere Energieverbrauchsdichte. Wenn du dir die Gemeinde Morbach im Hunsrück googelst , diese Gemeinde ist seit etwa 2005 energieautark in dem Sinne, dass sie mehr Elektrizität erzeugt, als sie verbraucht. Sie hat dafür das ehemals amerikanische Militärgelände zum Wind und Solarpark umfunktioniert. Zu ihrem Energimix gehört auch noch eine Biogasanlage und eine Fertigungsstraße für Holzhackschnitzel aus den sowieso anfallenden Durchforstungsaktionen der Gemeinde. Der geografisch günstig gelegene Teil der Gemeinde wird durch Fernwärme versorgt, die ihre Wärme genauso wie die Trocknungsanlage für die Holzschnitzel aus dem Gas der Biogasanalge erhält. Die Biogasanlage verwertet keine Energiepflanzen, sondern hauptsächlich landwirtschaftliche Abfälle. Der Rest der gemeinde heizt zum Großteil mit den im Ort erzeugten Holzhackschnitzeln. Das Gelände wird ausserdem extensiv als Schafweide bewirtschaftet. Im Dorf ist von diesen Maßnahmen gar nichts zu sehen. Der Einzige, der sich lange strikt geweigert hat, an diesem Eneergiewandel Teli zu nehmen, war der örtliche Industrielle. Wenn ich mich recht erinnere, ein Papierhersteller, der aber seine riesige Fabrikhalle inzwischen ebenfalls mit Solarpanels voll gepflastert hat. So viel ich weiß, ist er aber der einzige Direktabnehmer (und inzwischen auch Lieferant) des regionalen Energieversorgers im Dorf.

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pecudis  25.03.2012, 10:46
@kahalla

Hast Du irgendein Missions-Problem? Deine Antwort stand noch gar nicht da, als ich meine geschrieben habe, ich kenn genug Bioenergiedörfer, ich wohne auf dem Land, und hier ist der Anteil erneuerbarer Energien schon erheblich höher als in jeder Stadt gewesen, bevor auch nur irgendeiner auf die Idee kam, Solarenergie oder sonstwas zu nutzen (wird inzwischen aber ebenfalls gemacht).

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Hallo, ich hatte mir das vor einigen Jahren auch mal durchgerechnet und kam dabei darauf, daß rd. 3,3% BRD-Fläche den gesamten BRD-Primärenergiebedarf decken könnte (Speicherproblematik und Stromverteilung, etc. nicht berücksichtigt). Die Rechnung ist ganz unten auf der folgenden Seite (mit 30% optimistischem PV-Wirkungsgrad):

http://aquilex.lima-city.de/Energiebilanz/Energiemix/energiemix.html

Gruß gz