Was war der Unterschied zwischen dem Weltbild von Aristoteles und dem von Ptolemäus?

7 Antworten

Sowohl Aristoteles (Ἀριστοτέλης) als auch Klaudios Ptolemaios (Κλαύδιος Πτολεμαῖος; lateinisch: Claudius Ptolemaeus) haben die Erde nicht für eine Scheibe, sondern kugelförmig gehalten. Beide haben auch die Erde für den Mittelpunkt des Kosmos/Weltalles/Universums gehalten (geozentrisches Weltbild). Die Erde war nach ihrer Auffassung fest ruhend und ohne Eigenbewegung. Bewegungen anderer Himmelskörper fanden um sie herum statt.

Auch kreisförmige Bewegungen der Himmelskörper haben beide angenommen. Der wesentliche Unterschied in der Astronomie zwischen Aristoteles und Ptolemaios liegt in ihren Annahmen darüber, wie die Bewegungen der Himmelskörper genau verlaufen. Aristoteles hat ein Modell konzentrischer Sphären (in den Grundzügen das homozentrische System des Eudoxos) verwendet, bei dem konzentrische Kugelschalen (Sphären) um eine jeweils andere Drehachse rotieren. Ptolemaios hat zur Erklärung der Bewegungen die Epizykeltheorie und die Exzentertheorie (schon vor ihm von anderen antiken Griechen aufgestellte astronomische Theorien) zu einer einheitlichen Theorie zusammengefaßt und einen hypothetischen Ausgleichspunkt, den Äquant (lateinisch: aequans = gleichmachend, ausgleichend), angesetzt. Bei Ptolemaios gibt es verwickelte mathematische Modelle zur Berechnung, wobei im Grunde die strenge Konzentrik der Sphären aufgelockert wird. Theorie und mit den damaligen Mitteln mögliche Beobachtungen passen so ziemlich gut zusammen.

Aristoteles Περὶ οὐρανοῦ (Über den Himmel; Lateinischer Titel: De Caelo), vor allem Buch 1- 2 (bzw. I – 2 oder A – b), ist das Hauptwerk, in dem Aristoteles ein astronomisches Weltbild darlegt. Daneben gibt es einige weitere Textstellen, z. B. Physik, Buch 8 (bzw. VIII oder Θ), 1 – 10 und Metaphysik, Buch 12 (bzw. XII oder Λ), 6 – 8. Dabei kommt auch ein erstes Bewegungsprinzip vor, das Aristoteles annimmt, das Erste Unbewegte Bewegende (τὸ πρῶτον κινοῦν ἀκίνητον).

Für Fachwissen in der Astronomie hat sich Aristoteles vor allem auf Eudoxos von Knidos und Kallippos von Kyzikos bezogen.

Nach Aristoteles gibt es bei den einfachen Körpern (wozu vor allem die traditionellen Elemente Wasser, Erde, Feuer und Luft gehören), eine natürliche Bewegung der leichten Dinge nach oben und der schweren Dinge. Aristoteles unterscheidet einem sublunaren Bereich (Raum unterhalb des Mondes, die Sphäre zwischen Erde und Mond, die Erdregion mit den Elementen Wasser, Erde, Feuer und Luft) und einen translunaren Bereich (Raum jenseits/unterhalb des Mondes, die Himmelsregion). Im sublunaren Bereich ist eine geradlinige Bewegung (vorübergehend, bis zum Erreichen des Ruhepunktes) natürlich, im translunaren Bereich eine kreisförmige mit einer konstanten Geschwindigkeit.

Nach Aristoteles ist das Element Äther (αἰθήρ) Stoff der Gestirne und Himmelssphären. Die vollkommene Bewegung ist die Kreisbewegung. Sie ist anfangs- und endlos. Die Gestirne und die Welt überhaupt sind ewig. Der Kosmos hat Kugelgestalt. Eine Himmelsschale ist gedacht als System ineinander verschachtelter konzentrischer Hohlkugeln (Sphären), von denen jede um eine eigene Achse eine besondere Kreisbewegung ausführt. Die Gestirne sind als kugelförmige Gebilde in die an den Himmel gebundenen Hohlkugeln (Sphären) eingelassen/eingebettet, durch die sie bewegt werden, so daß sie knaufartig über die Sphäre herausragen. Ihre Bewegung ist mittelbar, keine Eigenbewegung. Die Erde hat keine Eigenbewegung und ist kugelförmig. Sie ruht in der Mitte des Kosmos und ist verhältnismäßig klein.

Innerhalb des Äthers ist trotz dessen prinzipieller Homogenität die Sphäre der Planeten von der Himmelsschale mit den Fixsternen deutlich abgesetzt. Die Planeten vollziehen verschiedenartige ekliptische Bewegungen (kreisförmige Bewegungen, die mit dem scheinbaren Verlassen der Bahn zusammenhängen) nämlich zumindest eine mit und eine gegen die Fixsternsphäre. Mit abnehmender Entfernung ist die Zahl der Bewegungen größer und uneinheitlicher, unterhalb der Äthersphäre werden die Bewegungen dann unregelmäßig und diskontinuierlich (unstetig).

Aristoteles nimmt ein physikalisches System von 55 Äthersphären (47 Äthersphären ohne rückläufige/zurückrollende Sphären zur Verbindung der einzelnen Sphären) an, die unbewegt Bewegendes sind.

Albrecht  06.10.2013, 10:10

Schwierigkeiten bereitetem dem geozentrische Weltbild Beobachtungen von Phänomenen, bei denen dem Anschein nach die Escheinungen von der Theorie abwichen (Anomalien). Dazu gehörten eine ungleichmäßige Geschwindigkeit in zu beobachtenden Bewegungen von Himmelskörpern und eine scheinbar rückwärtige Bewegung der äußeren Planeten (von Erdperspektive aus eine Schleifenbewegung).

Apollonios von Perge hat für die Berechnung der Bewegungen der Himmelskörper Epizykels und Exzenter zugrundegelegt und Hipparchos von Nikaia hat auch diese Theorien verwendet, außerdem systematisch arithmetische Methoden auf geometrische astronomische Modelle angewendet. Epizykel (griechisch: ἐπίκυκλος = Aufkreis, Nebenkreis) sind in der Astronomie kleine Kreise, die einem großem Kreis um die Erde aufgesetzt sind. Der große, eine Epizykel tragende, zur Erde konzentrische Kreis (Trägerkreis) wird Deferent (lateinisch: deferre = fortragen, hinbringen) genannt.

Exzenter (lateinisch: ex centro = aus der Mitte/dem Mittelpunkt/dem Zentrum; also aus dem Zentrum gerückt, gegenüber dem Zentrum verschoben) sind in der Astronomie kleine exzentrische Kreise (die Erde, der Weltmittelpunkt befindet sich nicht in deren Zentrum).

Die Astronomie des Ptolemaios ist vor allem im Almagest (ursprünglicher Titel: Μαθηματική σύνταξις [Mathematische Zusammenstellung] und im Werk Ὑπόθεσεις τῶν πλανωμένων (Hypothesen über die Planeten; lateinischer Titel: Hypotheses planetarum) enthalten.

Ptolemaios hat die Epizykeltheorie und die Exzentertheorie für die Wiedergabe der Phänomene in einer einheitlichen Theorie zusammengefaßt, wobei die Epizykel bei den äußeren Planeten (Saturn und Jupiter) entgegengesetztem Drehsinn, bei den inneren Planeten gleichem Drehsinn zugewiesen wurden.

Die Bahn der Sonne ist exzentrisch zur Weltmitte (als Weltmitte ist im geozentrischen Weltbild die Erde gedacht).

Beim Mond läuft der Exzentermittelpunkt nicht auf einen konzentrischen Kreis zu. Der Mond bewegt sich rückläufig auf einem Epizykel. Das Zentrum des Deferenten ist zur Erde exzentrisch und bewegt sich auf einem kleinen Kreis mit der Erde als Mittelpunkt.

Die Ebene des Planetendereferenten ist gegenüber der Ebene der Ekliptik geneigt. Bei den äußeren Planeten ist die Neigung fest, bei den inneren oszilliert sie.

Die scheinbare Veränderung der Exzentrität des Deferenten bezüglich der sichtbaren Längenentfernung versucht Ptolemaios zu erklären, indem er einen hypothetischen/imaginären Ausgleichspunkt auf der Apsidenlinie (von der Erde aus gesehen in gleichem Abstand des Perihels [sonnennächster Punkt der Umlaufbahn] des Exzentermittelpunktes) ansetzt, auf den bezogen der Epizykelmittelpunkt gleichförmig auf dem Deferenten umläuft. Der Ausgleichspunkt, der Äquant, ist ein Punkt außerhalb des Kreismittelpunktes. Bei der Bewegung des Planeten auf seiner Kreisbahn durchschreitet die Verbindungslinie vom Planeten zum Äquanten in gleichen Zeiten gleiche Winkel. Dadurch bewegt sich von der Erde aus gesehen der Planet nicht gleichmäßig.

Ptolemaios hat bei der Theorie der Planetenbwegung ein Durchschreiten gleicher Winkel in gleichen Zeitabständen (proportional zur Zeit gleichförmig, also eine tatsächlich gleichförmige Bewegung) vom Zentrum aus gesehen fallengelassen, indem die Bewegung nur von einem dritten hypothetischen Punkt aus gesehen gleichförmig sein muß. Aufgrund zahlreicher angesetzter zusätzlicher Kreise ist sein Modell in den Einzelheiten sehr verwickelt.

Ptolemaios hat Kreisförmigkeit und Gleichförmigkeit der Bewegungstendenz beibehalten. Gegenüber Aristoteles hat allerdings hinsichtlich der genauen Bewegungen der Himmelskörper eine deutliche Modifikation stattgefunden. Die strenge Konzentrik der Sphären ist bei Ptolemaios nicht bewahrt. Er verwendet verwickelte Hilfskonstruktionen, um Beobachtungen, die innerhalb der Theorie sonst Anomalien darstellen, einzupassen.

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Albrecht  06.10.2013, 10:11

Darstellungen, aus denen sich Informationen zu den astronomischen Theorien des Aristoteles und des Ptolemaios entnehmen lassen, sind z. B.:

Fritz Krafft, Astronomie C. Griechische Astronomie. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 2: Ark – Ci. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1997, Spalte 130 - 138

John North, Viewegs Geschichte der Astronomie und Kosmologie. Aus dem Englischen übersetzt von Rainer Sengerling. Braunschweig ; Wiesbaden : Vieweg, 1997, S. 52 - 55 und S. 70 – 89

Bartel Leendert van der Waerden, Die Astronomie der Griechen : eine Einführung. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1988 (Die Altertumswissenschaft. Einführungen), S. 93 – 104 und S. 252 - 302

Hellmut Flashar, Aristoteles. In: Ältere Akademie, Aristoteles, Peripatos (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 3). Herausgegeben von Hellmut Flashar. 2. durchgesehene und erweiterte Auflage. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2004, S. 351 – 355

John David North, Ptolemaios. Aus dem englischen und Französischen übersetzt von Michael von Kirrsch-Horn. In: Das Wissen der Griechen : eine Enzyklopädie. Herausgegeben von Jacques Brunschwig und Geoffrey Lloyd. Unter Mitarbeit von Pierre Pellegrin. München : Fink, 2000, S. 571 – 578

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Die Epizyklentheorie ist das, was das Weltmodell des Ptolemäus von dem des Aristoteles unterscheidet. Ptolemäus war allerdings nicht der erste, der auf die Idee kam. Schon Apollonios von Perge und Hipparchos haben sie vor ihm ausgearbeitet. Auch im Mechanismus von Antikythera ist sie schon eingebaut.

Auch wenn z.B. blinde-kuh.de/weltall/geschichte.html hierüber Märchen erzählt – Aristoteles beschrieb, durch welche Beobachtungen man erkennen kann , daß die Erde eine Kugel ist, und er hatte eine (nach heutigem Wissen nur teilweise zutreffende) Theorie, durch welche Ursachen sie eine Kugel wurde.

Seiten hierzu in der Wikipedia:

  • Geozentrisches Weltbild
  • Epizykeltheorie
  • Mechanismus von Antikythera (bzgl. Epizyklen: die englische Version )
  • Flache Erde

Aristoteles war Universalgelehrter, kein Astronom. Er konnte nicht wissen, dass die Erde eine Kugel ist, er hat es aber angenommen. Hipparchos (190-120 v. Chr.) hatte sehr viel genauere astronomische Kenntnisse gehabt als Aristoteles gut 1 Jh. früher.

Ptolomäus' Hauptwerk Amalgest enthielt "neben einem ausführlichen Sternenkatalog eine Verfeinerung des von Hipparchos von Nicäa vorgeschlagenen geozentrischen Weltbildes" (Wikipedia).

Nora36 
Fragesteller
 04.10.2013, 11:47

Ok danke. Ich sehe schon, dass kann man so einfach nicht sagen!

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Die Alten Griechen wussten sehr wohl, dass die Erde eine Kugel ist (nur bedingt ist sie es). Es geht vielmehr darum, dass sie annahmen, dass die Sonne um die Erde angeblich kreist. (geozentrisches Weltbild) Ptolemäus lieferte dazu eine umfassende falsche Erklärung, die bis zum Beginn der Neuzeit, also bis ca. 1500 die offizielle Lehrmeinung im damaligen Europa war. Einzelne Griechen hatten schon in der Antike eine heliozentrische Vorstellung von unserem Sonnensystem, konnten sich aber gegenüber Ptolemäus nicht durchsetzen.

Ich kenne überhaupt kein "aristotelisches Weltbild" in Bezug auf die Geographie. Mir ist da überhaupt nur das ptoleamische ein Begriff. Und über ihn kenne ich auch die These, dass er von der Kugelgestalt der Erde schon gewusst habe.

Woher hast Du diese Information über ein anderes Bild des Aristoteles? Eine konkretere Quelle als "manche Internetseiten" wäre schon was wert.

Nora36 
Fragesteller
 03.10.2013, 18:32

Ich meinte in Bezug auf Astronomie :)

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