Was wäre wenn die Rotationsachse der Erde nicht 66,5 Grad sondern 0 bzw. 90 Grad wäre?

3 Antworten

Die Erde ist 23,5° geneigt. Bei null Grad hätten wir immer Frühling/Herbst, die Tageslänge wäre überall gleich.

Bei 90° hätten wir ein halbes Jahr permanent Tag und ein halbes Jahr Nacht.

Hallo michelle0606,

um Missverständnissen vorzubeugen erst einmal eine saubere Definition:

Die "Achsenneigung" der Erdachse  gegen die Ekliptik (Ebene, in der die Erde um die Sonne umläuft) beträgt tatsächlich 66,5°. Üblicher ist es, den Komplementärwinkel 23,5° zwischen Äquator und Ekliptik ("Erdneigung") anzugeben. 

Ich werde mich im Folgenden auf die übliche Definition beziehen. Spreche ich von 90°, dann liegt die Rotationsachse der Erde in der Ekliptik, der Äquator steht senkrecht dazu. Bei 0° ist es entsprechend umgekehrt. Ok?

------------------------------------

Die Neigung der Erdachse verursacht die Jahreszeiten. Wird sie verändert, hat das Auswirkungen auf das Klima. Und zwar in aller Regel sehr drastische.

Um das zu verstehen, muss man einen Blick darauf werfen, wie die Sonneneinstrahlung Einfluss auf das Klima nimmt:

Warme Luft steigt bekanntlich auf, weil sie sich ausdehnt. Kalte Luft sinkt dagegen ab, sie ist dichter. Dieser physikalische Umstand sorgt auf der Erde für permanente Luftwalzen in verschiedenen Breitengraden.

In den Tropen haben wir durch die ganzjährig hohe Sonneneinstrahlung warme Luft am Boden. In tropischen Breitengraden haben wir deshalb einen permanenten Aufstieg warmer Luft. Aus "Platzgründen" muss die über den Tropen aufsteigende warme Luft zu nördlichen und südlichen Breitengraden ausweichen, wenn ständig neue Luft aufsteigt. Mit der Zeit kühlt die Luft in der Höhe aber ab und sinkt wieder zu Boden.

In geringen Breiten haben wir auf der Erde deshalb eine Luftströmung am Boden zum Äquator hin, in der Höhe vom Äquator weg.

Über dem Pol ist es am kältesten, deshalb sinkt dort ständig Luft ab, fließt bis zu den Polarkreisen in Bodennähe, steigt dort erwärmt langsanterdrucks am Pol in der Höhe wieder dorthin zurück. Klar?

Dazwischen liegen unsere, die gemäßigten Breiten.Hier bildet sich die dritte Luftwalze über jeder Erdhalbkugel: Bedingt durch die absinkende Strömung in den Subtropen und die aufsteigende Luft an den Polarkreisen, strömt hier Luft von den Subtropen in Bodennähe zu den Polarkreisen, wird dort mit nach oben gerissen und strömt in der Höhe wieder zurück zu den Subtropen. Klar?

Soweit gilt alles für Nord- und Südhalbkugel: Wir haben also aus thermischen Gründen auf jeder Halbkugel 3 (insgesamt 6) große Luftwalzen, die Luft in Süd/Nord bzw Nord/Süd-Richtung schaufeln. Klar?

Bedingt durch die Corioliskraft sind diese Luftwalzen zum Beispiel für die Westwinddrift in unseren Breiten veranwortlich, aber eben auch für die meisten anderen typischen Windrichtungen am Boden. Sie bestimmen auch, wo eher trockene und eher feuchte Gebiete liegen. (Regenwaldgürtel und links und rechts davon der Wüstengürtel)

Der Punkt ist: Veränderst Du die Neigung der Achse, dann bringst Du diese Luftwalzen durcheinander. Du veränderst nicht nur ihre Lage, sondern auch ihre Stärke.

Eine mittlere Neigung der Erdachse, wie wir sie haben, wirkt nämlich ausgleichend auf das Klima: Die Sonne verändert das ganze Jahr über ihre Position, also über welchen Breitengraden sie senkrecht steht. Dadurch erhitzt sie nicht das ganze Jahr durch dieselben Breiten besonders stark. Jeder der Pole bekommt ein halbes Jahr auch etwas Sonne ab.

Die Temperaturunterschiede - die ja letztlich der Motor der Luftwalzen sind - sind also nicht so stark.

--------------------------------------

Mit diesen Vorüberlegungen wird die Beantwortung der Frage jetzt leicht:

Stelle Dir zunächst vor, was passiert, wenn der Äquator in der Ekliptik liegt (Erdneigung 0° statt 23,5°).

In dieser Position verändert sich der Breitengrad, über dem die Sonne senkrecht steht NIE. Das ganze Jahr über steht die Sonne über dem Äquator am höchsten, die Pole bekommen permanent praktisch kein Licht ab.

In diesem Falle sind die Temperaturunterschiede zwischen Pol und Äquator viel größer als es bei unserer Neigung der Fall ist.

Du hast keine Jahreszeiten, aber Jahreszeitenzonen: Am Pol herrscht ewig Winter, am Äquator ewig Sommer - mit enormen Temperaturunterschiede zwischen beiden Bereichen. 

Wegen der starken Temperaturunterschiede werden auch die oben beschriebenen Luftwalzen extrem stabil und extrem stark. Du bekommst auf dem ganzen Planeten extreme Windgeschwindigkeiten, wobei die Verteilung der Windrichtungen nicht unähnlich ist zu dem, wie wir es haben. Die Windstärke wird aber sehr viel höher sein.

Im zweiten Fall steht der Äquator senkrecht auf der Ekliptik, die Rotationsachse liegt in der Ekliptik (Erdneigung 90° statt 23,5°). 

An den Polen hast Du in diesem Modell extreme Jahreszeiten, weil jeder Pol ein halbes Jahr in der Sonne liegt ("Mitternachtssonne"), ein halbes Jahr im Dunkeln.

Anders als bei uns erreicht die Sonne aber am Äquator keineswegs das ganze Jahr über einen hohen Stand: Immer wenn die Achse in Richtung der Sonne zeigt, kommt sie am Äquator fast nicht über den Horizont. Ein Vierteljahr später steht sie dagegen am Äquator mittags senkrecht im Zenit.

Du bekommst auf einem solchen Planet ganz andere Jahreszeiten, als wir es gewohnt sind. Weil die Unterschiede zwischen den Sonnenhöchstständen größer sind als bei uns, sind die Temperaturunterschiede zwischen den Jahreszeiten extremer.

Du bekommst auch ganz andere Windrichtungen, aber eben auch wieder extreme Stürme, diesmal allerdings wegen der enormen Temperaturunterschiede zwischen der pro Tag 24 Stunden im Licht liegenden Hälfte und ihrem dunklen, völlig auskühlenden Gegenüber.

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

Dann wären die Temperaturen anders verteilt. Also dann auch die Klimazonen.