Was sind Oberschwingungen, und warum sind sie gefährlich für den Neutralleiter im Stromnetz?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Oberschwingungen sind elektrische Schwingungen mit Frequenzen, die deutlich über der Netzfrequenz liegen. Sie entstehen insbesondere durch Schaltnetzteile oder andere elektronische Komponenten, die ans Netz angeschlossen werden (normale, "nackte" Verbraucher wie Glühlampen, Trafos oder Motoren erzeugen keine Oberschwingungen.
Es können vielfache Frequenzen der Netzfrequenz sein, oder sogar beliebige Frequenzen von Schaltreglern in elektronischen Geräten.

In unserem dreiphasigen Drehstromnetz addieren sich die Ströme, welche durch den Neutralleiter "zurückfliessen", im Idealfall, bei symmetrischer Belastung aller drei Phasen, zu null (0 Ampère). Daher kam auch der lange gebräuchliche Begriff Null-Leiter.
Ohne Oberwellen ist der maximal mögliche Strom, der bei 50Hz und drei Phasen im Neutralleiter fliessen kann, nicht grösser als der Strom auf irgendeiner Phase (auch bei unsymmetrischer Belastung). Dies eben wegen der idealen 120-Grad-Phasenverschiebung der drei Phasen - durch die (vektorielle) Addition dieser Ströme schwächt sich der Neutralleiterstrom ab, er kann max. so gross sein wie der grösste Phasenstrom. Deshalb braucht es auch keine Sicherung (LS) im Neutralleiter.

Wenn nun aber Oberschwingungen von elektronischen Geräten auf das Netz zurückstreuen, dann haben diese keine definierte Phasenverschiebung und ev. auch keine definierte Frequenz. Dadurch kann es passieren, dass sich die Oberschwingungsströme nach Kirchhoff addieren, und sich nicht "vektoriell neutralisieren".
Damit kann der Neutralleiterstrom wesentlich höher werden als der einzelne Phasenstrom. Und da der Neutralleiter normalerweise nicht abgesichert wird, kann dies zu Schäden führen. Meist an Klemmen, die überhitzen, oder sogar an Kabeln.

Hier noch eine Illustration von der "positiven" Addition einer Grundschwingung einer Phase mit der dritten Oberschwingung einer andern Phase:

Bild zum Beitrag

 - (Physik, Elektronik, Strom)

Aron5  18.07.2022, 08:10

Trafos und Elektromotoren können durchaus Oberschwingugen verursachen. Die sind aber meist eher harmlos im Vergleich zu Schaltnetzteilen.

1

Oberwellen sind Schwingungen mit raßdoppelter, vierfacher, achtfacher ... Frequenz der Grundfrequenz. Im Netz also 100 , 200, 400 Hz.

Sie entstehen durch nichtlineare Verzerrungen. Ich bin kein Energiefachmann, kann mir aber vorstellen, dass auch da Verzerrungen in Transformatoren verantwortlich sind.

Auch Gleichrichter in der Fahrzeugtechnik könnten Ursache sein. (S-Bahn, Straßenbahn ....)

Überlagerungen von Schaltnetzteile aus z.B. Computern würde ich ausschließen. Da reicht die zuruckgespeiste Leistung bei Frequenzen von vielleicht 20kHz nicht aus, um das Haus zu verlassen.

Durch solche Oberwellen wird aber der Nullleiter praktisch zu einer Phase, das kann dann für den Menschen gefährlicher werden.

Ich betonen nochmal, ich bin nur Elektroniker, da sind 100V schon Hochspannung.